# taz.de -- Die Wahrheit: Wie ich nicht Professor wurde | |
> Nach dem Jodeldiplom und der Midlife-Crisis muss schleunigst eine | |
> Professur her. Auch wenn man recht lange darauf warten muss. | |
Bild: Das Musical: Appes Bein. | |
Im Januar 2011 bewarb ich mich um eine Professur an einer deutschen | |
Universität. Eine Laune, die mich da ritt: Die nicht vorhandenen Kinder | |
waren aus dem nicht vorhandenen Haus, das Jodeldiplom vergilbte schon an | |
der Wand, die Midlife-Crisis tat ein Übriges. Rasch war die kümmerliche | |
Liste der Veröffentlichungen aufgeblasen, ein zehn Jahre altes Passfoto | |
suggerierte jugendliche Frische. | |
Die letzte Hürde vor der Besteigung des Lehrstuhls, das | |
Vorstellungsgespräch, sollte für einen Sportabzeichensammler wie mich doch | |
locker zu nehmen sein. Fix bestätigte die Universität den Eingang der | |
Bewerbung und versprach, sich bald zu melden. | |
Die Tage zogen ins Land. Ich gründete derweil ein nichtsnutziges | |
Internet-Startup, brachte es an die Börse, wurde ruck, zuck Millionär und | |
verzockte alles beim Kauf isländischer Bankpapiere. Meine Frau und ich | |
bekamen Fünflinge. Wir zogen mit den Guttenbergs in die USA, ich bewarb | |
mich, weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit, um das Amt des | |
amerikanischen Präsidenten. Derweil sondierte die Universität vermutlich | |
die zahllosen Bewerbungen – schließlich war die Stelle befristet und | |
schlecht bezahlt, da kommt schon mächtig was rein. | |
Mit den Guttenbergs verstanden wir uns inzwischen bombig, Karl-Theodor | |
hatte beruflich gerade ein bisschen Leerlauf und bot an, mir bei der | |
Habilitation zu helfen, die empfehlenswert sei, wenn man Lehrstuhlinhaber | |
werden wolle. Ich lehnte dankend ab: Promotion und Jodeldiplom müssten | |
genügen für einen deutschen Professor. | |
## Beim Talibanstoppen behilflich | |
Frühling, Sommer, Herbst und Winter – die US-Wähler hatten sich, weitgehend | |
unbeachtet von der Öffentlichkeit, knapp gegen mich entschieden. Ich wollte | |
mich bis zur Entscheidung der Universität noch nützlich machen und reiste | |
nach Mali, um unseren französischen Freunden beim Talibanstoppen behilflich | |
zu sein. Ging schneller als gedacht, Ende Januar 2013 war ich schon wieder | |
daheim. | |
In Deutschland war in den zwei Jahren meiner Abwesenheit mächtig viel Gras | |
gewachsen. Meine Frau meinte, die Fünflinge hätten ein Recht darauf, sich | |
mit anderen Fünflingen in diesem verwilderten Land um einen Krippenplatz zu | |
prügeln. Wir ließen die netten Guttenbergs schweren Herzens zurück und | |
zogen wieder nach Hause. | |
Ich erkundigte mich derweil, ob es nicht langsam Zeit wäre, die Rente zu | |
beantragen. Da erreichte mich aus heiterem Himmel Post von der Universität. | |
Man habe meine Bewerbung leider nicht berücksichtigen können, denn man habe | |
gar keine berücksichtigen können, weil man die Stelle überhaupt nicht | |
besetzt habe. | |
Seither studiere ich aufmerksam die Stellenanzeigen und warte darauf, dass | |
die Stelle wieder ausgeschrieben wird. Wenn es so weit ist, klebe ich | |
diesen Artikel auf eine Postkarte und schicke ihn ein. Sollte in der | |
Auswahlkommission noch jemand mit Gewissen sitzen, gehört die Stelle dann | |
mir. In der Zwischenzeit versuchen wir unseren Kindern beizubringen, auf | |
der Lasagne hoffnungsfroh dem Morgenrot entgegenzureiten. Der Weg ist das | |
Ziel. | |
27 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Franco Zotta | |
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