| # taz.de -- Die Wahrheit: Himmlisches Abbild | |
| > Erneuter Plagiatsvorwurf an Annette Schavan. Diesmal geht es um ein | |
| > Gedicht der Bundesbildungsministerin. | |
| Bild: Die von Heiligkeit durchdrungene Ergriffenheitsdichterin Annette Schavan … | |
| Seit Wochen sieht sich Bundesbildungsministerin Annette Schavan mit | |
| Vorwürfen konfrontiert, in ihrer vor 32 Jahren eingereichten Dissertation | |
| im Fach Erziehungswissenschaften fänden sich Plagiate. | |
| Das ist besonders peinlich, weil sich die Ministerin während des | |
| Guttenberg-Skandals sehr kritisch gegenüber ihrem damaligen | |
| Ministerkollegen geäußert hatte, dessen Dissertation in weiten Teilen aus | |
| Plagiaten bestand. | |
| Inzwischen prüft der zuständige Promotionsausschuss der Universität | |
| Düsseldorf die Plagiatsvorwürfe gegen die Ministerin. Mittlerweile weiten | |
| sich die Vorwürfe aus. Auf der Internet-Plattform VroniPlag heißt es, dass | |
| die CDU-Politikerin deutlich mehr Stellen abgeschrieben habe, als bislang | |
| bekannt gewesen ist. | |
| Bisher unbekannt ist allerdings unabhängig von der Dissertation ein Annette | |
| Schavan betreffender Plagiatsfall, der die lyrischen Fähigkeiten der | |
| Bildungsministerin in ein ganz neues Licht rückt. | |
| So war Annette Schavan von 1984 bis 1987 als Abteilungsleiterin | |
| Außerschulische Bildung im Bistum Aachen tätig. In dieser Zeit entstand ein | |
| Gedicht über den Aachener Dom mit dem Titel „Lebendige Steine“. Es wurde | |
| veröffentlicht in dem Band „Aachen – Bilder und Gedanken zur Heimat“, das | |
| Annette Schavan gemeinsam mit Heinz Malangré im Jahr 1988 herausgab und das | |
| wir an dieser Stelle in seiner ganzen Schönheit dokumentieren: | |
| ## Lebendige Steine | |
| Abbild des himmlischen Jerusalem / wird sie genannt, die Pfalzkapelle Karls | |
| des Großen. / Einst wie heute: Ziel der Pilger und Touristen // Sinnbild | |
| der Einheit, / Zeichen mächtigen Schutzes, / ist sie zum Mittelpunkt der | |
| Stadt geworden // Stätte der Beter, / die vor dem Unsagbaren schweigend | |
| verweilen / und ihre Zukunft erfahren // Raum der Heiligtümer, / die | |
| Zeugnis geben von menschlicher Hoffnung / und Jahrhunderte überdauernder | |
| Frömmigkeit // Ort des Heiligen, / umgeben von Plätzen, die zur Mitte | |
| führen / und ahnen lassen, was verborgen bleibt // | |
| Lebendige Steine / entlassen Geschichte, die Menschenalter umspannt / und | |
| uns hineinnimmt in unsere Geschichte mit Gott // Licht als Zeichen Gottes / | |
| durchdringt eine Stadt / und läßt sie in neuem Licht erscheinen // Strahlen | |
| der Zukünftigen, / in dem Vergangenheit und Gegenwart Vollendung finden: / | |
| „Du wirst es sehen, und du wirst strahlen“ (Jes 60,5) | |
| In diesem Gedicht mit seinen acht Versen gibt es nur ein einziges Zitat, | |
| und zwar in der letzten Zeile des letzten Verses: „Du wirst es sehen, und | |
| du wirst strahlen (Jes 60,5)“ Dieses Zitat ist korrekt, jedoch – aus | |
| welchen Gründen auch immer – stark verkürzt wiedergegeben. Der volle | |
| Wortlaut der Quelle ist: „Du wirst es sehen und du wirst strahlen, / dein | |
| Herz bebt vor Freude und öffnet sich weit. Denn der Reichtum des Meeres | |
| strömt dir zu, / die Schätze der Völker kommen zu dir.“ | |
| An anderen Stellen im Gedicht sind jedoch offensichtlich nicht alle | |
| übernommenen Texte mit Zitaten belegt. Es fängt schon mit der Überschrift | |
| an: „Lebendige Steine“, die auch in Vers sechs näher behandelt werden. Der | |
| ehemaligen Theologiestudentin Schavan müsste eigentlich die älteste | |
| Erwähnung der „lebendigen Steine“ bekannt sein. Im erster Brief des Petrus, | |
| Kapitel 2, Vers 5 heißt es: „Lasst euch als lebendige Steine zu einem | |
| geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus | |
| Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen.“ | |
| Auch im ersten Vers des Gedichtes, in Zeile 1, „Abbild des himmlischen | |
| Jerusalem“ fehlt die Quellenangabe. In einem Internetbeitrag findet man | |
| hierzu den Satz: „Schließlich wissen wir spätestens seit den Forschungen | |
| Günter Bandmanns, dass die Kathedralen auch das Abbild des Himmlischen | |
| Jerusalem sind.“ ([1][www.hoenerloh.de/de/text.html]) Warum wurde hier | |
| Günter Bandmann nicht zitiert? | |
| Und schließlich fehlt auch im siebten Vers, Zeile 1, für das „Licht als | |
| Zeichen Gottes“ die geistige Urheberschaft. Es müsste doch der katholischen | |
| Dichterin Folgendes bekannt gewesen sein: „In vielen religiösen Traditionen | |
| gilt dieses Licht als Zeichen Gottes. Im Koran heißt es dazu in Sure | |
| 24,35-37: ’Gott ist Licht von Himmel und Erde. Sein Licht ist einer Nische | |
| vergleichbar, mit einer Lampe darin.‘“ | |
| ([2][http://www.friedensgebet-berlin.de/FriedGebet1203a.html][3][http://www | |
| .friedensgebet-berlin.de/FriedGebet%3cbr/%3e1203a.html]) Hat sich die | |
| spätere Theologieprofessorin der Freien Universität Berlin vielleicht | |
| gescheut, den Koran zu zitieren? | |
| Das Fazit lautet: In drei von acht Versen des Gedichtes sind fremde | |
| Textpassagen nicht kenntlich gemacht worden. Das heißt, in 37 Prozent der | |
| Verse konnten eindeutig Plagiate verifiziert werden. Es ist daher zu | |
| erwarten, dass Annette Schavan der Dichtertitel aberkannt wird. | |
| 1 Jun 2012 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.hoenerloh.de/de/text.html | |
| [2] http://www.friedensgebet-berlin.de/FriedGebet1203a.html | |
| [3] http://www.friedensgebet-berlin.de/FriedGebet%3Cbr/%3E1203a.html | |
| ## AUTOREN | |
| Alfred Wolf | |
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