# taz.de -- Rechte Gewalt: Der Blick der Opfer | |
> Eine Fotoausstellung von ReachOut zeigt im Rathaus Schöneberg Tatorte | |
> rechter Gewalt in Berlin. | |
Bild: Rathaus Schöneberg: Hier zeigt "Reach Out" die Tatorte rechter Gewalt | |
Das Foto zeigt den verregneten, menschenleeren Vorplatz eines | |
Bahnhofsgebäudes. Nichts deutet darauf hin, dass hier Ungewöhnliches | |
geschehen ist – geschweige denn Unmenschliches. Doch der kurze Text neben | |
dem Bild spricht eine andere Sprache: „1. August 2011, Berlin-Schöneberg, | |
S-Bahnhof Südkreuz: Ein Mann wird gegen 21 Uhr von einem unbekannten Mann | |
rassistisch beleidigt und angegriffen. Er erleidet Verletzungen.“ Ort, | |
Datum und Beschreibung des Tathergangs reichen, um die Grausamkeit rechter | |
Gewalt greifbar zu machen. | |
Migranten, Schwule, Juden oder Linke werden immer zu Opfern von | |
Hassverbrechen. Dass dies oft in aller Öffentlichkeit geschieht, | |
dokumentiert die Ausstellung „Berliner Tatorte – Dokumente rechter, | |
rassistischer und antisemitischer Gewalt“ der Opferberatungsstelle ReachOut | |
im Rathaus Schöneberg. Gestern wurde sie von der Bezirksbürgermeisterin von | |
Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler (SPD), und ihrer | |
Integrationsbeauftragten Gün Tank eröffnet. | |
Auf rund 120 Schwarz-Weiß-Bildern sind Orte abgebildet, wo Menschen rechten | |
Gewalttätern zum Opfer fielen. Die Bilder fangen normalen Berliner Alltag | |
ein. Bahnhöfe, Parks, Wohnanlagen, Einkaufsstraßen – offenbar fühlen sich | |
Rechtsextreme überall und zu jeder Tageszeit sicher genug, um Menschen zu | |
bedrohen und zu verletzen. Die Bilder des Fotografen Jörg Möller sollen | |
„die erschreckende Normalität der Orte begreifbar machen“, so Sabine Seyb | |
von ReachOut bei der Eröffnung. Vielen Betrachtern erschienen die Orte ganz | |
alltäglich – oft höre sie den überraschten Ausruf „Genau da wohne ich!�… | |
erzählt Seyb. Für ein Gewaltopfer sei derselbe Ort Schauplatz eines | |
schweren Traumas. | |
Die Opferperspektive sichtbar zu machen, darum geht es auch Bürgermeisterin | |
Schöttler. Sie bezeichnet die Ausstellung als „Baustein für ein friedliches | |
Miteinander“ und wünscht sich, dass die Bilder zum Ausgangspunkt weiterer | |
Aufklärungsarbeit werden. Besonders Schüler | |
Seit 2002 führt ReachOut eine berlinweite Chronik rechter Angriffe. In | |
diesem Zeitraum hat die Initiative bereits mehr als 1.300 gezählt. Erst am | |
Freitag gab sie die Opferzahlen von 2012 bekannt und übte dabei deutliche | |
Kritik an der Polizei: Beamte nähmen Opfer rassistischer Gewalt häufig | |
nicht ernst und behandelten sie stattdessen wie Täter. Auch die Ausstellung | |
greift Fälle polizeilichen Versagens auf: Obwohl Neonazis im August 2009 | |
ein Wohnhaus in der Mainzer Straße angriffen, rechte Parolen grölten und | |
sogar im Beisein der Polizei Bewohner beleidigten, ließen die Beamten die | |
Männer nach der Aufnahme ihrer Personalien wieder laufen –diese Geschichte | |
gehört zum Bild dieser Straße in Friedrichshain. | |
Die Ausstellung wird von ReachOut seit 2005 immer weiterentwickelt. | |
Mehrmals im Jahr werden Beispiele aus der Chronik an verschiedenen Orten | |
gezeigt. In Schöneberg ist die Schau noch den gesamten März über zu sehen. | |
5 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Charlotte Langenkamp | |
## TAGS | |
Bundestag | |
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