Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Muslimisches Leben in Bremen: Vorsitzender wider willen
> Ismail Baser ist seit einer Woche neuer Chef der Schura, dem Dachverband
> Bremer Moscheevereine. Sein Ziel: dass sein Nachfolger für den Job
> bezahlt wird
Bild: Ismail Baser legt als Schura-Vorsitzender wert aufs Prinzip der Arbeitste…
BREMEN taz | Jetzt haben sie ihn also rumgekriegt. „Einer muss es ja
machen“, sagt Ismail Baser, der neue Vorsitzende der Schura Bremen, ein
Dachverband für 22 muslimische Vereine. Unglücklich über seinen neuen
Posten wirkt Baser nicht. Eher so, als habe er eingesehen, dass er die
beste Wahl ist.
Schließlich arbeitet er, der 1980 mit 14 Jahren aus der Türkei nach
Deutschland kam, seit der Gründung der Schura im Jahr 2006 im Vorstand mit.
Allerdings hat er den Job nur unter der Bedingung übernommen, dass seine
Vorstandskollegen und die Mitgliedsvereine ihn unterstützen. „Alleine kann
ich das nicht machen“, sagt Baser. Dafür kommen einfach zu viele Anfragen
aus Politik, Verwaltung und Medien. Gestern zum Beispiel hatte Baser
vormittags die taz zu Besuch an der Universität Bremen, wo er seit 1995 als
Elektroingenieur arbeitet. Nachmittags musste er nach Osnabrück, zu einem
Treffen des Instituts für islamische Theologie. Diese bildet als erste in
Deutschland Islamlehrer aus und lässt sich von muslimischen Verbänden in
einem Beirat beraten. Abends war Basers Stellvertreter zu Gast im Offenen
Kanal und eigentlich hätte er gerne noch jemand nachmittags in eine
Ausschuss-Sitzung der Bürgerschaft geschickt, wo es um eine neue Satzung
für den Bremer Rat für Integration ging. „Da können wir dann einfach nicht
hin, wir müssen ja auch arbeiten.“
Deshalb ist sein vorrangiges Ziel für seine Amtszeit auch die Einrichtung
einer Geschäftsstelle. „Momentan machen wir das alles von zu Hause aus“,
erzählt Baser, der vier Kinder im Alter zwischen zehn und 18 Jahren hat.
Außerdem hätte die Schura dann endlich eine Adresse. „Dort könnte jeder
hinkommen, der Fragen hat.“ Vorausgesetzt, das Geld ist da, um jemand
anzustellen, der sich hauptberuflich um die Belange der Schura kümmert – so
wie bei Ditib, dem zweiten großen Bremer Verband.
Die beiden verfolgen dieselben Ziele und unterscheiden sich darin, dass
sich Ditib mit der Kölner Zentrale abstimmen muss, die Bremer Schura
unabhängig agiert und nur ihren Mitgliedsvereinen Rechenschaft schuldig
ist. Zuletzt hätten diese daran erinnert, dass die Schura sich in erster
Linie mit religionspolitischen Fragen beschäftigen soll. „Das stimmt“,
findet Baser, „wir haben keine Ressourcen dafür, auch noch als
Ansprechpartner für Integration zu dienen.“
Dabei lässt sich das eine vom anderen nicht trennen: Etwa wenn es um
Bestattungen geht. Zwar gibt es in Bremen auf dem Friedhof Osterholz ein
Gräberfeld, auf dem sich Menschen nach muslimischem Ritus bestatten lassen
können. Aber viele Muslime der ersten und zweiten Generation möchten nach
ihrem Tod in ihr Geburtsland überführt werden, sagt Baser. Nicht nur, weil
sie dies als Heimat empfinden, sondern auch weil es hier an vielen Stellen
noch hakt. Nach islamischem Ritus müssen die Toten so schnell wie möglich
in die Erde, aber am Wochenende wird nicht auf dem Friedhof gearbeitet. Es
gibt keine Räume für die rituelle Waschung und am schlimmsten aus
muslimischer Sicht: Die Grabstätte ist nicht auf Dauer angelegt, nach
spätestens 30 Jahren muss die Ruhe verlängert werden. Der im Januar von der
Bürgerschaft beschlossene Staatsvertrag hat dafür keine Lösung. Einen
eigenen Friedhof, heißt es darin, gibt es erst, wenn muslimische Vereine
wie die Kirchen als Körperschaft öffentlichen Rechts anerkannt sind. Den
Kampf darum wird dann wahrscheinlich Basers Nachfolger aufnehmen müssen. In
drei Jahren ist es wieder so weit.
5 Mar 2013
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rechtliche Gleichstellung: Muslime ohne Geld
Der Staatsvertrag mit Bremen bringt Muslimen mehr Gleichstellung mit
anderen Religionen - außer bei den Finanzen: Islam-VertreterInnen arbeiten
weiter ehrenamtlich
Vertrag mit Muslimen: Ende des Jahres, Inshallah
Erstmals gibt es einen konkreten Entwurf für einen Staatsvertrag mit den
muslimischen Verbänden. Noch 2012 könnte der Vertrag abgeschlossen werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.