# taz.de -- Stadtplanung: Die kapitalistische Metropole | |
> Am Alexanderplatz soll das höchste Haus Berlins entstehen. Der Investor | |
> ist auf Luxus spezialisiert. | |
Bild: "Spreeufer für alle": Transparent von Teilnehmer der Mahnwache an der Ea… | |
Mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall soll Berlin ein Zentrum | |
bekommen, das einer kapitalistischen Metropole angemessen ist. Der Weg dazu | |
ist „Nachverdichtung“, wie Stadtplaner die Bebauung von Freiflächen nennen. | |
„Das Land Berlin strebt für den Alexanderplatz als Zentrum der Hauptstadt | |
Deutschlands eine Nachverdichtung an, die sich grundlegend von den | |
weiträumigen aufgelösten Stadtstrukturen des sozialistischen Städtebaus | |
unterscheidet“, heißt es in der Begründung einer Änderung des | |
Bebauungsplans für ein 150-Meter-Hochhaus am Alexanderplatz. | |
In der DDR wurde die Größe des Platzes nach dem Zweiten Weltkrieg | |
vervierfacht: Häuser wurden abgerissen, Straßen verlegt oder unterirdisch | |
geführt. Der Alexanderplatz war das Zentrum Ost-Berlins, er diente genau | |
wie der Rote Platz in Moskau als Ort für Massenkundgebungen. | |
Nach der Wiedervereinigung wurde der Platz Stück für Stück verkleinert, die | |
Freifläche wich Geschäften. Unter anderem durfte der Kaufhof sich bei einem | |
Umbau um 25 Meter in Richtung des Platzes vergrößern. Östlich des | |
Alexanderplatzes – am Ort des historischen Polizeipräsidiums – entstand das | |
Einkaufszentrum Alexa. Und an der nordöstlichen Ecke ein sechsgeschossiger | |
Klotz mit einer Saturn-Filiale. | |
## Hochhaus mit 150 Metern | |
Direkt neben diesem Klotz soll nun das neue Gebäude entstehen – mit 150 | |
Metern das höchste Haus Berlins. Bisheriger Anführer des Hochhausrankings | |
ist das Park-Inn Hotel direkt gegenüber, das auf 125 Meter kommt. Das | |
zuletzt gebaute Zoofenster zwischen Gedächtniskirche und Bahnhof Zoo hat | |
119 Meter. Am Potsdamer Platz kommen die verglaste Konzernzentrale der | |
Deutschen Bahn und das Kollhoff-Gebäude mit seiner roten Backsteinfassade | |
sogar nur auf 103 Meter. | |
Auf den unteren Stockwerken des neuen Hochhauses am Alexanderplatz sollen | |
laut Vorgabe der Stadtentwicklungsverwaltung weitere Flächen für Geschäfte | |
entstehen. „Einzelhandelsnutzungen haben eine erhebliche Bedeutung bei der | |
Gestaltung einer lebendigen und attraktiven Nutzungsstruktur“, heißt es in | |
den Planungsunterlagen der Senatsverwaltung. Die Bebauung des | |
Alexanderplatzes reflektiert damit den Wandel hin zu einer Gesellschaft, in | |
der eine lebendige und attraktive Nutzung der Stadt nur noch für diejenigen | |
möglich ist, die Geld ausgeben können und wollen. | |
Ansonsten sollen im Turm hauptsächlich Wohnungen entstehen, der Senat geht | |
von 350 aus. Wie das Gebäude genau aussehen soll, ist unklar – der | |
Architektenwettbewerb ist noch nicht gestartet. Die Ergebnisse sollen im | |
Spätherbst der Öffentlichkeit präsentiert werden. Bauherr ist der | |
US-Immobilienkonzern Hines, der auf hochpreisige Objekte spezialisiert ist | |
und dem Gebäude an 104 Städten in 18 Staaten gehören. | |
In Berlin baute Hines unter anderem das 2011 fertiggestellte Gebäude „Upper | |
East Side“ an der Ecke Unter den Linden und Friedrichstraße – mit Filialen | |
von Douglas, Marc O’Polo, Zara und Esprit. Ein paar Meter weiter die | |
Friedrichstraße herunter entstanden das „Rosmarin-Karree“ und der | |
„Hofgarten am Gendarmenmarkt“. | |
Am Pariser Platz baute Hines das Gebäude der DZ-Bank – mit Wohnungen auf | |
der Rückseite an der Behrenstraße in Richtung Holocaust-Mahnmal. Dort zog | |
sogar der damalige Kanzler Gerhard Schröder ein. Aber viel Freude hatte er | |
nicht: Wenige Jahre nach der Eröffnung mussten die Wohnungen gründlich | |
saniert werden: Das Holzparkett schlug Wellen, die Brüstungsverglasung der | |
Wintergärten drohte abzustürzen. Aus den teuer bezahlten Wohnungen wurde | |
plötzlich eine Baustelle. | |
26 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
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