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# taz.de -- Kolumne Halleluja: Die Wendehälse der Würdenträger
> Kirche ist wieder in – warum eigentlich?
Bild: Berlins Mann in der Sixtinischen: Kardinal Rainer Maria Woelki.
Wahnsinn, oder? Wahn. Sinn. Wie, Sie merken nichts? Das können Sie doch
nicht schon wieder abgehakt haben, das mit dem Papst. Dieser Rücktritt,
eine historische Zäsur, „vergleichbar mit dem Mauerfall“, wie noch vor
wenigen Wochen Rainer Kampling befand, der Direktor des Seminars für
Katholische Theologie an der FU. Aber gut: „für die Kirche“, meinte
Kampling ja nur, und tatsächlich geht das Leben draußen auf der Straße mal
wieder weiter wie eh und je – trotz rauchendem Schornstein und
Zwei-Päpste-Treffen in Castel Gandolfo. Naja, von dem nicht enden wollenden
Winter mal abgesehen.
Was Papst Franz in der katholischen Kirche bewirken kann, wird die
Geschichte zeigen. Neues ist dabei allerdings höchstens in Sachen
Soziallehre und globaler Gerechtigkeit zu erwarten, denn in den für die
Kirche auch immer sehr wichtigen Untenrum-Dingen ist er bekanntlich so
reaktionär wie sein Vorgänger. Andererseits: Dass Bergoglio die Kurie zum
Bettelorden macht, die monströsen Reichtümer der Kirche verkauft und die
Erlöse den Verdammten dieser Erde schenkt, ist auch nicht im Ernst zu
erwarten. Der Vatikan ist und bleibt eine absolutistische Monarchie, mit
Hofstaat, Schranzen und Narren. Im Zweifelsfall wird der Armenpapst eben
Letzteren zugerechnet.
In dieser Hinsicht war es lohnenswert genau hinzuhören, als Berlins Mann in
der Sixtinischen – Kardinal Rainer Maria Woelki – sich anlässlich Franzens
Amtsantritt im Rundfunkinterview äußerte. „Wie Franziskus“ müssten wir a…
– also alle Katholiken – „schauen, was im Evangelium steht und das wie ei…
Handlungsanweisung nehmen“. Klingt fromm und ist zutiefst unglaubwürdig:
Denn um es als Bedienungsanleitung für das Leben aufzufassen, ist das Neue
Testament viel zu erratisch. Hielte man sich aber wirklich an Aussagen wie
die vom Kamel, das leichter durchs Nadelöhr passt als ein Reicher durchs
Himmelstor, oder an die eben schon angedeutete Empfehlung, sein Hab und Gut
zugunsten der Armen zu verkaufen, dann … aber daran denkt ja in der
katholischen Kirche niemand im Ernst.
Geradezu exemplarisch für die Wendehalsigkeit kirchlicher Würdenträger
dürfte in diesem Zusammenhang Woelkis Lob der Bescheidenheit des neuen
Papstes sein, der zumindest ein paar Glamouraccessoires (goldener Thron,
rote Schuhe usw.) umgehend in die Requisite verbannt hatte. „Erste wichtige
Zeichen“, nennt das der Kardinal und druckst dann ein wenig herum:
„Eigentlich“ solle eine derartige Bescheidenheit ja „selbstverständlich�…
sein, was aber „so ein Stück in den vergangenen Jahren über eine … gewisse
Ferne, die auch dieses Amt mitgebracht hat, anders kultiviert wurde“.
Im Klartext: Der Alte hing zu sehr am schönen Schein. Was Woelki natürlich
nie gesagt hätte und auch nie sagte, bevor Benedikt die Tiara an den Nagel
hängte. Vorher war natürlich alles goldrichtig, was der
Traditionsfetischist Ratzinger tat und ließ.
Ist der Kardinal jetzt ehrlich? Oder redet er nur dem Neuen nach dem Mund?
Man weiß es nicht und will es vielleicht auch gar nicht so genau wissen.
Erfahren wird man es sowieso nie.
31 Mar 2013
## AUTOREN
Claudius Prösser
## TAGS
Papst Franziskus
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