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# taz.de -- 70 Jahre LSD: Teleskop in den Weltraum der Seele
> Vor 70 Jahren entdeckte der Chemiker Albert Hofmann die Droge LSD. Was
> für ein Segen! Denn ohne den Zufallsfund wäre die Welt ärmer.
Bild: „Ich finde, alle Politiker sollten LSD nehmen“, fand der Schauspieler…
Am 16. April 1943 war Albert Hofmann, der Leiter des Naturstofflabors der
Sandoz AG in Basel, auf der Suche nach einem Kreislaufmittel, als er mit
Abkömmlingen des Mutterkornpilzes experimentierte. Mit dem
Lysergsäurediäthylamid entdeckte er dabei zufällig die stärkste
bewusstseinsverändernde Substanz überhaupt: LSD. Drei Tage später geriet er
mit einer Überdosis auf den ersten Horrortrip. Richtig dosiert hat LSD
seitdem oft Menschen inspiriert. Die zehn wichtigsten Entwicklungen, die es
ohne LSD nicht gäbe.
1. Delysid®: Bis zu seiner Illegalisierung 1966 war LSD unter dem
Markennamen „Delysid“ als Medikament im Handel. Psychiater und
Psychotherapeuten lobten es als einzigartiges „Teleskop in den Weltraum der
Seele“. Einer der Pioniere, der Arzt Oscar Janiger, behandelte zwischen
1954 und 1966 fast 1.000 seiner Patienten damit, darunter viele Künstler
und Kreative. Einer seiner berühmtesten Klienten, der Schauspieler Carry
Grant, sagte nach knapp 100 Sitzungen: „Ich mag eigentlich keine Drogen,
aber LSD hat mir sehr gut getan. Ich finde, alle Politiker sollten LSD
nehmen.“
2. DNA: Wie die Desoxyribonukleinsäure, die die Erbinformation aller
Lebewesen tragende DNA, aufgebaut ist, war lange ein Rätsel – bis David
Watson und Francis Crick 1953 ihre Struktur in Form einer Doppelhelix
entdeckten. In einem Interview, das erst nach seinem Tod 2004
veröffentlicht wurde, bekundete Francis Crick, dass ihm die Idee einer
doppelten Spirale unter dem Einfluss von LSD gekommen sei. In niedriger
Dosierung hatte er es oft für seine Arbeit benutzt.
3. PCR: Auch die Polymerase-Kettenreaktion, die grundlegende Methode, die
DNA zu vervielfältigen und das wichtigste Werkzeug der modernen Genetik,
wurde unter dem Einfluss von LSD entdeckt. Kary Mullis, der dafür 1993 mit
dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, schrieb 1998 in seiner Autobiografie
„Dancing Naked In The Mindfield“, dass ihm die Eingebung für das Verfahren
auf einem LSD-Trip in seinem Ferienhaus in Kalifornien zuflog.
4. Die Computer-Maus: Myron Stolaroff richtete 1961 in Stanford das
International Institute for Advanced Studies ein, das sich der Erforschung
von LSD und seinem Einfluss auf kreative Problemlösungen widmete. Unter
seinen Probanden waren auch Mathematiker und Computerwissenschaftler des
„Augmentation Research Center“ der dortigen Uni. Dessen Leiter Doug
Engelbart erfand bei seinem ersten LSD-Versuch einen Ball, der sich bewegt,
wenn er von einem Wasserstrahl getroffen wird. Dann kamen aus seinem
Institut viele Innovationen, darunter die Computer-Maus.
5. Apple: Der Erfolg von Apple ist ohne Steve Jobs nicht denkbar – und Jobs
nach seiner eigenen Aussage nicht ohne LSD: „LSD war eine profunde
Erfahrung, eines der wichtigsten Dinge in meinem Leben. LSD zeigt dir die
andere Seite der Medaille – wenn es nachlässt, kannst du dich nicht daran
erinnern, aber du weißt es. Es verstärkte mein Gefühl für das, was wichtig
ist – große Dinge zu schaffen, anstatt Geld zu machen und die Dinge, so gut
ich konnte, zurück in den Strom der Geschichte und des menschlichen
Bewusstseins zu bringen.“
6. Router-Software: Nachdem der persönliche Computer dank Steve Jobs und
Bill Gates – auch er hatte LSD probiert, allerdings, laut Jobs, „zu wenig“
– Realität geworden war, stand bald auf jedem Schreibtisch ein Mac oder PC.
Allerdings isoliert – bis Kevin Herbert, einer der frühen Programmierer der
Firma „Cisco Systems“, die Software schrieb, die heute auf Millionen von
Routern läuft und die Computer verbindet. Wenn er dabei vor hartnäckigen
Problemen stand, nahm er LSD und trommelte zur Musik von Grateful Dead: „Es
ändert irgendetwas in der internen Kommunikation meines Gehirns. Welcher
innere Prozess auch immer mich die Probleme lösen lässt, er arbeitet anders
oder benutzt vielleicht andere Teile meines Gehirns.“
7. Lucy in the Sky with Diamonds: Es ist ein Mythos, dass der Titel des
berühmten Beatles-Songs auf die Abkürzung LSD anspielt. Tatsächlich hatte
John Lennons Sohn Julian in der Schule seine Klassenkameradin Lucy gemalt
und seinem Vater das Bild als „Lucy in the Sky with Diamonds“ erklärt. Fakt
aber ist, dass die bis dahin nur Alkohol und Speed konsumierenden Beatles
1964 von Bob Dylan mit Marihuana und LSD bekannt gemacht wurden – und 1967
eine signierte Platte ihres LSD-inspirierten „Sgt. Pepper“-Albums an Albert
Hofmann schickten.
8. Einer flog über das Kuckucksnest: Als Student jobbte Ken Kesey im
psychiatrischen Krankenhaus in Menlo, Kalifornien, und nahm dort als
Freiwilliger an LSD-Versuchen der CIA teil. Seine Erfahrungen verarbeitete
er zu dem Roman „Einer flog über das Kuckucksnest“, nach dessen Erfolg er
1962 die Kommune „Merry Pranksters“ gründete. Diese tourte in den folgenden
Jahren mit einem alten Schulbus durch die USA und veranstaltete „Acid Test“
genannte Happenings, bei denen zur Musik ihrer Hausband, den späteren
Grateful Dead, sämtliche Zuschauer LSD nahmen.
9. Love & Peace: Nicht nur mit Freiwilligen führte die CIA auf der Suche
nach einer „Wahrheitsdroge“, einem Mittel zur Gehirnwäsche und zur
chemischen Kriegsführung in den 50er Jahren höchst fragwürdige
LSD-Experimente durch. Wegen seiner Unkalkulierbarkeit stellte sich der
Stoff für militärische Zwecke allerdings als ungeeignet heraus. Wie in
einem [1][Lehrfilm des britischen Militärs] zu sehen, löst LSD bei Soldaten
statt Kampfeswut eher Lachkrämpfe aus. Statt einer neuen Waffe bescherte
LSD als Treibstoff der Welt eine Generation von Love, Peace und
Kriegsdienstverweigerung.
10. Sterbehilfe: Als größtes Geschenk zu seinem 100. Geburtstag 2006
betrachtete Albert Hofmann die Wiederzulassung von LSD für die medizinische
Forschung. In der Schweiz und in den USA wird es seitdem wieder
wissenschaftlich erforscht. Vor allem bei terminalen Krebspatienten und
anderen tödlich Erkrankten konnte die Bewusstseinserweiterung durch LSD
eine wunderbare Wirkung entfalten: Sie haben weniger Angst vor dem Sterben
und können die letzte Zeit ihres Lebens besser genießen.
14 Apr 2013
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[1] http://url9.de/ACO
## AUTOREN
Mathias Bröckers
## TAGS
LSD
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