# taz.de -- WOHLTÄTIGKEIT: Stiftung Friedehorst fast pleite | |
> Seit dem Oktober 2012 ist Christian Frühwald neuer Vorstand bei der | |
> Stiftung Friedehorst. „Wir erleben seitdem ein Aufatmen“, sagen die | |
> Mitarbeitervertreter. Nun soll Frühwald rausfliegen. | |
Bild: Noch vor kurzem wurde Frühwald (links) gefeiert als der Mann, der den St… | |
Der heutige Montag ist ein entscheidender Tag für die Stiftung Friedehorst | |
in Bremen-Lesum, zu der 1.600 MitarbeiterInnen und Einrichtungen der Alten- | |
und Behindertenpflege, eine neurologische Rehabilitation, ein | |
Berufsförderungswerk und das Nebelthau-Gymnasium gehören. Manche nennen es | |
gar einen Schicksalstag.Von „existenzbedrohender Krise“ spricht jedenfalls | |
die Mitarbeitervertretung, schon vor einem Jahr hatte der damalige Vorstand | |
ein Insolvenz-Szenario entwickelt. | |
Und jetzt das: Christian Frühwald, der neue Vorstand, der seit dem Oktober | |
die Stiftung leitet und der – jedenfalls nach der Ansicht der | |
Mitarbeitervertretung – seit Jahren erstmals für Transparenz, für | |
vertrauensvolle Kommunikation und für eine Zukunftsstrategie gesorgt hat, | |
soll gefeuert werden. | |
Nicht mit uns, haben die Mitarbeitervertreter in einem Brief an das | |
Kuratorium formuliert: Mit Frühwald hätten sie ein Sanierungspakt | |
ausgehandelt, nach dem die Mitarbeitenden auf 2,6 Millionen Euro Lohn in 28 | |
Monaten verzichten wollen – zugunsten der Überlebensstrategie der Stiftung. | |
Wenn nun Frühwald gefeuert werden sollte, dann verlören sie ihr Vertrauen – | |
und würden wohl ihre Unterschrift unter dem Sanierungspapier verweigern. | |
Schon einmal war im vergangenen Jahr ein Vorstand nach sehr kurzer Amtszeit | |
und offenkundig nicht auf eigenen Wunsch gegangen. Bis heute wissen die | |
Mitarbeiter nicht, warum eigentlich. Gegen Frühwald, der zuvor überraschend | |
aus der Geschäftsführung des Rotenburger Diakonie-Krankenhauses | |
ausgeschieden war, bestanden anfangs Bedenken: So hatte der Niederbayer | |
seinen neuen Arbeitgeber nicht von einem Disziplinarverfahren informiert, | |
dass bei Dienstantritt in Bremen Nord noch in Magdeburg gegen ihn lief: | |
Dort war Frühwald bis 2010 Personaldezernent der Evangelischen Kirche | |
Mitteldeutschlands gewesen (taz berichtete). | |
Doch die Skepsis hatte der neue Mann binnen kürzester Zeit ausräumen | |
können. | |
Nach Jahren des intransparenten Missmanagements bestehe mit Frühwald nun | |
erstmals Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit, so ist dem internen Schreiben | |
der Mitarbeitervertreter zu entnehmen: „Wir haben die Erfahrung gemacht, | |
dass mit Aufnahme der Tätigkeit von Pastor Dr. Frühwald die dringend | |
notwendigen und von uns seit langem geforderten Veränderungsprozesse | |
stattfinden“, heißt es da wörtlich. | |
Seit dem Jahr 2005 habe die Stiftung einen „bedenklichen Kurs“ | |
eingeschlagen, seit 2008 wurde ergebnislos verhandelt. 300 Verfahren vor | |
dem Kirchengericht in den Jahren 2011 und 2012 seien Beweis für das | |
miserable Betriebsklima in einer der Wohltätigkeit verpflichteten | |
gemeinnützigen Stiftung gewesen. Jahrelang war die Finanzplanung der | |
Stiftung laut Schreiben „nicht in der Lage, die Zu- und Abflüsse genau zu | |
planen“. Die Mitarbeitervertretung habe bereits vor zwei Jahren darauf | |
hingewiesen, dass die Stiftung im Winter 2012/2013 „in eine prekäre | |
Liquiditätslage kommen wird“. Und: „Aktuell ist Friedehorst ein | |
Sanierungsfall.“ | |
Vor diesem Hintergrund erscheint der neue Vorstand Frühwald als große | |
Hoffnung für die Mitarbeitervertretung: „Wir erleben an vielen Stellen ein | |
Aufatmen, weil Verkrustungen aufgebrochen und fachlich und wirtschaftlich | |
notwendige Veränderungen möglich werden. Es macht wieder Freude, in | |
Friedehorst zu arbeiten.“ Frühwald hat ihr Vertrauen – „für uns verkör… | |
er den Wandel“. | |
Wenn Frühwald jetzt gefeuert würde, dann werte die Mitarbeitervertreter das | |
als Zeichen dafür, dass die alten Kräfte sich wieder durchsetzten, „der | |
alte Kurs, der Friedehorst in die existenzbedrohende Krise geführt hat“. | |
Im Kuratorium der Stiftung, das heute Nachmittag entscheidet, sitzen unter | |
anderem der Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche, Johann D. | |
Noltenius, und der Fraktionsvorsitzende der CDU, Thomas Röwekamp. | |
Vorsitzender ist Christian Lürßen, Inhaber einer Baumschule aus Beverstedt. | |
Die Mitarbeitervertretung hatte das Kuratorium im März um eine Klarstellung | |
gebeten, dass es an dem neuen Kurs und an der neuen Person, die diesen Kurs | |
verkörpert, festhalten wird. Ohne Frühwald aber, so die Konsequenz des | |
Briefes, wird es keine Unterschrift unter das mit ihm ausgehandelte | |
Sanierungs-Bündnis geben. Die Antwort von Kuratoriums-Vorstand Lürßen | |
befriedigte die Mitarbeiter nicht: Am Kurs festhalten ja, schrieb er. Zu | |
Frühwald kein Wort. | |
14 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
Klaus Wolschner | |
## TAGS | |
Bremen | |
Bremen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Arbeitsbedingungen in Bremen: Ausbeutung statt Nächstenliebe | |
Das Berufsförderungswerk Friedehorst beschäftigte offenbar über Jahre | |
scheinselbstständige DozentInnen. Das geht aus einem Urteil des | |
Sozialgerichts hervor. | |
Sparen in der Pflege: Die Alten sind zu teuer | |
Die Diakonie will ihren Beschäftigten deutlich weniger Geld zahlen – und | |
verweist auf den Wettbewerb. Laut Gewerkschaft ein „Riesen-Skandal“ |