| # taz.de -- Kommentar Rosemarie F.: Moralische Mitverantwortung | |
| > Der Tod der zwangsgeräumten Rosemarie F. hat auch eine gesellschaftliche | |
| > Komponente. Es wäre zu einfach, die Schuld nur auf die Vermieterin zu | |
| > schieben. | |
| Bild: Protest gegen den Tod von Rentnerin Rosemarie F. am Wochenende in Berlin. | |
| Auch vier Tage nach dem Tod der Rentnerin Rosemarie F. in Berlin [1][sind | |
| Zorn und Fassungslosigkeit über das Geschehene gegenwärtig]. Sie gipfeln in | |
| Morddrohungen gegen die Vermieterin, die der 67-Jährigen die Wohnung | |
| gekündigt hatte. Im Internet wird sie als Mörderin beschimpft. | |
| Schuldzuweisungen, die vor allem dem nachvollziehbaren Bedürfnis dienen, | |
| jemanden für den Tod eines Menschen verantwortlich machen zu können. | |
| Natürlich ist es absolut notwendig, darüber zu diskutieren, ob eine | |
| Zwangsräumung bei einem Menschen durchgeführt werden sollte, der | |
| nachweislich krank ist. Aber der Fall reiht sich eben nicht ein in die sich | |
| mehrende Zahl von Räumungen, die sozial Schwache zugunsten von Wohlhabenden | |
| aus ihrem innerstädtischen Lebensraum vertreiben. | |
| Die beschuldigte Vermieterin hatte den sozialpsychiatrischen Dienst | |
| informiert, um die Betreuung der Rentnerin sicherzustellen. Das Sozialamt | |
| versuchte auf verschiedenen Wegen, mit Rosemarie F. Kontakt aufzunehmen – | |
| ohne Erfolg. Es besteht die Unwägbarkeit, dass sich die Verantwortung nicht | |
| wird klären lassen – so unbefriedigend das auch sein mag. | |
| Die mittlerweile dringlichste Frage, die es zu beantworten gilt, zielt | |
| darauf, wie solch bittere Schicksale künftig vermieden werden können: Wie | |
| kann es sein, dass ein Mensch, der offenkundig auf Hilfe angewiesen, aber | |
| nicht in der Lage ist, davon auch Gebrauch zu machen, derart durch das | |
| soziale Netz fällt – mitten unter uns, in der schnelllebigen Routine einer | |
| anonymen Großstadt? | |
| Der aufgeflammte Zorn resultiert womöglich auch aus einer moralischen | |
| Mitverantwortung. Denn es ist nicht damit getan, die Schuld auf staatliche | |
| Behörden zu schieben. Der Todesfall hat auch eine gesellschaftliche | |
| Komponente. | |
| 15 Apr 2013 | |
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| ## AUTOREN | |
| Torsten Landsberg | |
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