# taz.de -- Ministerpräsident und NS-Marinerichter: Streit um Filbingers Tageb… | |
> Die älteste Tochter von Hans Filbinger hat aus seinen Tagebüchern ein | |
> Buch gemacht. Doch die Geschwister wollen die Veröffentlichung noch | |
> stoppen. | |
Bild: Der ehemalige NS-Marinerichter Hans Filbinger (l) und sein Weißwäscher … | |
STUTTGART/BERLIN dpa | Die Kinder des früheren baden-württembergischen | |
Ministerpräsidenten Hans Filbinger (CDU) streiten um die Verwertung der | |
Tagebücher ihres Vaters. Sohn Matthias Filbinger und eine Schwester wollen | |
verhindern, dass die älteste Filbinger-Tochter Susanna ein Buch über die | |
bisher unentdeckten Tagebücher veröffentlicht. | |
Matthias Filbinger bestätigte am Donnerstag einen entsprechenden Bericht | |
der [1][Stuttgarter Zeitung]. Seiner Schwester Susanna machte Filbinger | |
schwere Vorwürfe: „Meine Schwester hat die Tagebücher entwendet, als das | |
Erbe noch gar nicht verteilt war.“ Das sei Unterschlagung gewesen. | |
Eine Sprecherin des Campus-Verlags in Frankfurt sagte der dpa, man teile | |
diese Auffassung nicht. Das Buch komme am 2. Mai auf den Markt. | |
„Solange ich den Inhalt der Tagebücher nicht kenne, kann ich keine Freigabe | |
erteilen“, sagte Matthias Filbinger. Die Anwälte einer seiner drei anderen | |
Schwestern hätten Susanna Filbinger-Riggert und den Campus-Verlag in | |
Frankfurt aufgefordert, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. | |
Die Biografie mit dem Titel [2][Kein weißes Blatt] sollte eigentlich | |
bereits am 18. April erscheinen. Nach zahlreichen Änderungswünschen | |
seinerseits habe der Verlag die erste Auflage einstampfen lassen, erklärte | |
der Filbinger-Sohn. | |
Die Sprecherin des Verlags erklärte, man sei weiterhin „davon überzeugt, | |
dass die Autorin die Tagebücher ihres Vaters lesen durfte und auch | |
berechtigt ist, über die daraus gewonnenen Informationen zu sprechen und zu | |
schreiben“. Sie fügte hinzu: „Das Buch verletzt die Urheberrechte an den | |
Tagebüchern von Hans Filbinger nicht (...).“ | |
Der Verlag habe auf Bitten von Matthias Filbinger alle Originalzitate und | |
Bilder aus den Tagebüchern entfernt. „Damit haben wir unserer Pflicht | |
Genüge getan.“ Auch Filbinger-Riggert sehe keinen Grund, die | |
Veröffentlichung zu stoppen. | |
## Lesung in Berlin | |
Die Autorin stellte ihr Buch wie geplant am Abend in Berlin in einer | |
Buchhandlung vor. Susanna Filbinger-Riggert, die mit ihrer Tochter aus | |
Stuttgart angereist war, sagte, der Medienrummel sei für sie völlig | |
ungewohnt. Sie las vor etwa 50 Zuhörern einige Passagen aus ihrem Buch, das | |
auch schon verkauft wurde. | |
Filbinger war 1978 als Ministerpräsident zurücktreten, nachdem | |
bekanntgeworden war, dass er in der Nazi-Zeit als Marinerichter an der | |
Entstehung von Todesurteilen beteiligt war. Bei seiner Beerdigung 2007 | |
hatte der damalige Regierungschef Günther Oettinger (CDU) gesagt, Filbinger | |
sei kein Nationalsozialist gewesen, sondern ein Gegner des Regimes. Diese | |
Aussage hatte für heftige Kontroversen gesorgt. | |
Susanna Filbinger-Riggert kommt in ihrem Buch zu dem Schluss, dass ihr | |
Vater kein NS-Gegner war. Er habe die Ermordung der Juden aber auch nicht | |
gutgeheißen, hatte sie der [3][Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung] | |
gesagt. | |
26 Apr 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.streit-unter-den-kindern-tauziehen… | |
[2] http://www.campus.de/sachbuch/politik/Kein+wei%C3%9Fes+Blatt.101474.html | |
[3] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/filbinger-tochter-im-gespraech-ic… | |
## TAGS | |
Rechtsanwalt | |
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