# taz.de -- Auch Nazis als Sportlegenden gewürdigt: Gebrochener Ruhm | |
> In Berlin wird die Eröffnung der "Hall of Fame des Deutschen Sports" von | |
> Streit überschattet. Vielen stößt bitter auf, dass auch Nazi-Sportler | |
> unter den Geehrten sind. | |
Bild: Unumstritten: Uwe Seelers Fußballverdienste machten ihn zurLegende. | |
Hans Günter Winkler, einer der erfolgreichsten Springreiter aller Zeiten, | |
war sichtlich angeschlagen. Zähflüssig tropften die Worte aus seinem Mund, | |
als er sich während der gestrigen Feststunde zur Einrichtung der "Hall of | |
Fame des Deutschen Sports" vor den handverlesenen Gästen bedanken sollte, | |
dafür dass es nun ein deutsches Athleten-Walhall gibt. "Die Jury hat eine | |
gute Wahl getroffen", so stand es in seinem Redetext. Er las ihn vor und | |
fügte an: "Über diesen Satz bin ich gestolpert." Auch Winkler hat die | |
Diskussionen der vergangenen Tage verfolgt, in denen kritisiert wurde, dass | |
auch Nazis, allen voran Arisierungs-Profiteur Josef Neckermann, Aufnahme in | |
die Hall of Fame gefunden haben. | |
Doch er wollte nicht die Juroren kritisieren. Er kritisierte das | |
öffentliche "Gezänk" rund um die Namen, die auf die Ehrenliste der Stiftung | |
Deutsche Sporthilfe Eingang gefunden haben. Offensichtlich hatte er die | |
Schnauze voll von all denjenigen kritischen Geistern, die sich tatsächlich | |
vorstellen können, dass es auch Sportler gibt, die nicht nur Gutes | |
geleistet haben in ihrem Leben. Nach dem Festakt, nachdem Bundespräsident | |
Horst Köhler beklatscht, die Nationalhymne gesungen war, da wurde an so | |
manchem Stehtisch Klartext gesprochen. Unvermeidlich der Satz: "Irgendwann | |
muss doch einmal Schluss damit sein." Ausgesprochen hat ihn Reinhard | |
Freiherr von Cramm, der als Nachfahre des als Tennisbaron zu Ruhm gelangten | |
Gottfried von Cramm eingeladen worden war. | |
Nicht wenige waren gestern im Deutschen Historischen Museum zu Berlin | |
überrascht, dass die Eröffnung der Ruhmeshalle nicht als deutsches | |
Weihefest begangen wurde. Die Festredner reagierten auf die Kritik der | |
vergangenen Tage. Es war viel von Erinnern die Rede, von der "gebrochenen | |
Vergangenheit" Deutschlands. Sicher, so Geschichtsprofessor Thomas Mergel, | |
da gebe es "Flecken auf der Weste" so manches Sportlers. Doch als falsch | |
mochte er die Auswahl nicht bezeichnen, eher als Chance, einen Dirkurs zu | |
führen. Geht es nach Hans Wilhelm Gäb, dem langjährigen Chef der Sporthilfe | |
und Ideengeber zur Hall of Fame, kann am Ende des Diskurses nur stehen, | |
dass alles gut ist, wie es ist. Warum? Weil die armen Sportler ja | |
schließlich nichts dafür können, dass sie in einer Zeit leben mussten, in | |
der sie mit dem Nationalsozialismus "in Berührung gekommen" sind. Nur | |
Widerständler zu ehren, das sei "moralisch anmaßend" und stehe denen nicht | |
zu, die die Nazizeit nicht erlebt hätten. | |
Die Nazis bleiben also drin in der Hall of Fame. Drei von ihnen, Sepp | |
Herberger, Willi Daume und Josef Neckermann, seien ohnehin über jeden | |
Zweifel erhaben. Sie hätten sich um die Demokratie in der Bundesrepublik | |
verdient gemacht, so sagte es der Historiker Mergel. Auf welche Weise | |
eigentlich? Das sagte er nicht. In der Tat - den dreien wurde einst das | |
Bundesverdienstkreuz verliehen. Das sagt jedoch mehr über die Geschichte | |
der jungen Bundesrepublik als über die Schwere der Schuld, die die die | |
Gerühmten auf sich geladen haben. Dem früheren Ministerpräsidenten von | |
Baden-Württemberg, Hans Filbinger, der zur NS-Zeit als Marinerichter | |
Deserteure zum Tode verurteilt hat, wurde der gleiche Orden verliehen. | |
7 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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