# taz.de -- Auszeichnung für Abbas Khider: Freiheit und Rache in der Sprache | |
> Der Heidelberger Hilde-Domin-Preis für Literatur im Exil geht in diesem | |
> Jahr an den deutsch-irakischen Schriftsteller Abbas Khider. | |
Bild: Abbas Khider, geboren 1973 in Bagdad, lebt seit 2000 in der Bundesrepubli… | |
BERLIN taz | Vor dreizehn Jahren verhaftete die bayerische Polizei Abbas | |
Khider als „illegalen“ Flüchtling. Eigentlich wollte er nach Schweden, doch | |
die Weiterreise wurde ihm verwehrt. In Deutschland Asyl beantragen oder | |
zurück in den Irak, das waren seine Optionen. Er blieb, lernte die Sprache, | |
besuchte verschiedene Schulen, studierte Literatur und Philosophie und | |
schrieb drei Romane auf Deutsch. | |
Am 29. April gab die Stadt Heidelberg bekannt, dass sie ihm den mit 15.000 | |
Euro dotierten Hilde-Domin-Preis für Literatur im Exil verleiht. Alle drei | |
Jahre erhalten diesen Preis AutorInnen, die im Exil oder als Nachfahren von | |
Exilanten in Deutschland leben und auf deutscher Sprache publizieren. | |
Zu den bisherigen PreisträgerInnen gehören neben Hilde Domin selbst der | |
Deutsch-Iraner SAID und der in Leningrad geborene Autor Oleg Jurjew. | |
Die Jury des Hilde-Domin-Preises lobt Khider als lakonischen wie heiteren | |
Chronisten, Meister der Situationskomik und geborenen Erzähler, der "trotz | |
aller schlimmen Erfahrungen auf den einen ungebrochenen Flügel, der seiner | |
Prosa Frische und mitreißenden Schwung verleiht" setze. Sein neuer Roman | |
„Brief in die Auberginenrepublik“ ermögliche dem deutschen Leser „ungeah… | |
Einblicke in die arabische Welt“. | |
## Flugblätter und verbotene Literatur verteilt | |
Am 17. September 2013 wird Khider die Auszeichnung in Heidelberg | |
entgegennehmen können. Der Weg dahin war ein langer. 1973 in Bagdad | |
geboren, war Khider schon früh politisch aktiv, wollte die Revolution gegen | |
Saddam Hussein erwirken, verteilte Flugblätter und verbotene Literatur. Mit | |
19 Jahren wurde er verhaftet und gefoltert. Nach seiner Entlassung aus dem | |
Gefängnis 1996 verließ er den Irak. | |
Es folgte eine Odyssee als politischer Flüchtling durch arabische und | |
europäische Länder, in denen er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser | |
hielt, aber immer auch schrieb. Zwei Gedichtbände und ein Essayband auf | |
arabisch entstanden in dieser Zeit. | |
Heute schreibt Khider lieber auf Deutsch. Der taz sagte er kürzlich in | |
einem Interview: „Ich habe angefangen, auf Deutsch zu schreiben, weil ich | |
irgendwann nicht mehr auf arabisch schreiben konnte. Und das hat mit 2007 | |
zu tun. Ich verlor damals meine Schwester und ihre drei Kinder durch einen | |
Bombenangriff in Bagdad. Die deutsche Sprache war wie ein Zufluchtsort für | |
mich. Ein Ort, an dem ich träumen, Freiheit und Distanz zu mienen Schmerzen | |
und der Vergangenheit haben konnte. Meine Literatur ist auch eine Art | |
Rache. Ich räche mich an Polizei und Diktatur, an Mördern und Verbrechern.“ | |
Abbas Khider ist erfolgreicher Autor, Stipendiat im Künstlerhaus Edenkoben | |
und Poetikdozent an der Universität Landau. Khider ist angekommen. Trotzdem | |
fährt er fast jährlich in den Irak und verfolgt die Entwicklung, die sein | |
Heimatland durchmacht, das Land, in dem seine Familie noch lebt. Eine | |
Zukunft für ihn als Kulturschaffenden sieht er dort nicht. | |
## Ausweglose Situationen | |
Hierzulande hingegen hat er gerade „Brief in die Auberginenrepublik“ | |
(Edition Nautilus) vorgestellt, in dem er die Reise eines Liebesbriefes von | |
Bengasi nach Bagdad nachzeichnet, die über ein Netzwerk von illegalen | |
Briefboten durch die arabische Welt von 1999 führt. Das Buch hat, ebenso | |
wie seine mehrfach ausgezeichneten früheren Romane „Der falsche Inder“ | |
(2008) und „Die Orangen des Präsidenten“ (2010) stark autobiographische | |
Elemente. | |
Khiders Leben ist ein bewegtes, eines, worüber sich gut schreiben lässt. | |
Doch es ist auch die Art, wie er erzählt, die ihn als Autoren auszeichnet. | |
Mit einfacher, starker Sprache beschreibt Khider in den Romanen die | |
Schrecken der Gefangenschaft im Irak und der ewigen Flucht als „Illegaler“. | |
Dabei drückt er seine Wut aus über das Regime, die Ungerechtigkeit von | |
Diktatur und Polizei und bewahrt gleichzeitig stets Humor und Hoffnung, | |
ganz gleich wie ausweglos die Situation scheinen mag. | |
30 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Inga Barthels | |
## TAGS | |
Asylsuchende | |
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