# taz.de -- Kriminalstatistik 2012: Einbruch statt Ladendiebstahl | |
> Die Gesamtzahl der Straftaten in Deutschland ist nahezu gleich geblieben. | |
> In Wohungen wurde zwar häufiger eingebrochen, andere Delikte hingegen | |
> kamen seltener vor. | |
Bild: Noch immer beliebt: die gute alte Stemmeisen-Methode. | |
BERLIN epd/dpa | Die Zahl der Straftaten ist im vergangenen Jahr minimal | |
angestiegen. Wie Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Mittwoch | |
bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2012 mitteilte, wurden fast sechs | |
Millionen Straftaten verübt (5.997.040). Dies entspricht einem Anstieg um | |
0,1 Prozent gegenüber 2011. | |
Den größten Anteil (39,7 Prozent) machten erneut Diebstahlsdelikte aus. | |
Während dabei Wohnungseinbrüche mehr wurden (plus 8,7 Prozent), wurden | |
weniger Auto- und Ladendiebstähle registriert. Innenminister Friedrich wies | |
vor allem auf die seelischen Folgen für Opfer von Einbrüchen hin. 70 | |
Prozent von ihnen hätten Probleme, weil in ihre Privatsphäre eingedrungen | |
worden sei. | |
Besonders besorgt zeigte sich Friedrich über den Anstieg der Straftaten im | |
Internet (plus 3,4 Prozent). Vor allem Sabotageakte gegen Unternehmen | |
nähmen zu, sagte der Innenminister. „Wir haben große Schwierigkeiten | |
herauszufinden, wer dahintersteckt und woher die Angriffe kommen.“ Längst | |
seien hier nicht mehr Computerfreaks am Werk, sondern organisierte | |
Verbrecherbanden. Friedrich plädierte für eine stärkere Zusammenarbeit der | |
Unternehmen und der Behörden. | |
Friedrich sprach sich zudem für eine verschärfte Videoüberwachung an | |
öffentlichen Plätzen aus. Zwar sei etwa die Zahl der Straftaten | |
jugendlicher Krimineller bis 21 Jahre insgesamt zurückgegangen, doch die | |
Polizei müsse weiterhin wachsam bleiben. Die Videoüberwachung auch an | |
Bahnhöfen sei ein wirksames Mittel, Straftaten zu verhindern. Außerdem | |
kündigte Friedrich an, Gewalt gegen Polizisten stärker zu ahnden. „Solche | |
Angriffe können wir nicht akzeptieren“, sagte der CSU-Politiker. 5.451 | |
Polizisten wurden 2012 Opfer von Straftaten. Das sind 9,9 Prozent mehr als | |
im Vorjahr. | |
## Dunkelziffer bei Kindesmissbrauch | |
Zudem wurden erneut mehr Fälle von schwerem sexuellen Kindesmissbrauch | |
registriert. Der Statistik zufolge wurden 12.623 Fälle gemeldet, das sind | |
1,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Ministerium geht jedoch von einer | |
deutlich höheren Dunkelziffer aus. Auch bei der Verbreitung von | |
Kinderpornografie verzeichnete das Ministerium einen Anstieg. 2.465 Fälle | |
(plus 3,7 Prozent) wurden 2012 gemeldet. | |
Gesunken sind im vergangenen Jahr Gewalttaten (minus ein Prozent), | |
Sexualdelikte (minus 2,7 Prozent) und Straftaten gegen das Leben (minus 3,4 | |
Prozent). Der Rückgang bei Gewaltstraftaten sei vor allem auf die geringere | |
Zahl von gefährlichen und schweren Körperverletzungen (minus 2,2 Prozent) | |
zurückzuführen. | |
Die polizeiliche Kriminalstatistik erfasst nur von der Polizei registrierte | |
Straftaten. Nicht berücksichtigt werden politisch motivierte Taten und | |
Verkehrsdelikte. Zudem wird in der Statistik nicht aufgeführt, ob | |
Tatverdächtige verurteilt oder freigesprochen wurden. | |
## „Unstatistik des Monats“ | |
Das Städte-Ranking auf Basis der bundesweiten Kriminalstatistik ist von | |
Wissenschaftlern zur „Unstatistik des Monats“ gekürt worden. Weil die | |
Straftaten dabei an der Einwohnerzahl gemessen werden und nicht an der Zahl | |
der Menschen, die sich tatsächlich in einer Stadt bewegen, ergebe dies ein | |
völlig unrealistisches Bild, kritisierten die Professoren und | |
Statistik-Experten Walter Krämer (Dortmund), Gerd Gigerenzer (Berlin) sowie | |
Thomas Bauer (Essen). | |
Mit dieser statistischen Methode wäre der Vatikanstaat in Rom der | |
gefährlichste Staat der Welt, weil sämtliche Straftaten an und von seinen | |
Millionen Besuchern den 492 gemeldeten Einwohnern angelastet würden, | |
bemängeln die Fachleute. | |
Auch der Düsseldorfer Polizeipräsident Herbert Schenkelberg sagte in | |
Interviews, das Ranking sei „blanker Unsinn“. Düsseldorf ist dem Ranking | |
zufolge nach Frankfurt die zweitgefährlichste Großstadt Deutschlands, | |
obwohl sich dort etwa die Zahl der Totschlagsdelikte halbiert hatte. | |
## „Äpfel, Birnen“ und „andere Füße“ | |
So würden 300 000 werktägliche Pendler, 21 Millionen Fluggäste, | |
hunderttausende Messebesucher und Durchreisende am Umschlagplatz | |
Hauptbahnhof als Opfer wie als Täter die Zahl der Straftaten in die Höhe | |
treiben. Der Polizeichef plädierte dafür, den „Vergleich von Äpfeln und | |
Birnen“ einzustellen, oder ihn „auf andere Füße zu stellen“. | |
Das nordrhein-westfälische Innenministerium hatte auch den Ländervergleich | |
kritisiert, weil er die völlig unterschiedliche Siedlungsstruktur außen vor | |
lasse. Die Mehrheit der Menschen in Nordrhein-Westfalen lebe in | |
großstädtischen Ballungszentren, wo die soziale Kontrolle geringer und die | |
Tatgelegenheiten häufiger seien als auf dem Land. | |
„In den ländlichen Gebieten Nordrhein-Westfalens ist die Kriminalität | |
ähnlich gering wie in Bayern“, hieß es. Dem Ranking zufolge ist NRW das | |
Flächenland mit der meisten Kriminalität. | |
15 May 2013 | |
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