# taz.de -- Protest an Musikschulen: Musiklehrer ganz in moll | |
> Mit neuen Arbeitsverträgen will der Senat Scheinselbstständigkeit bei | |
> MusikschullehrerInnen abschaffen. Die wollen die neuen Verträge aber gar | |
> nicht. | |
Bild: MusiklehrerInnenprotest vergangene Woche in Berlin. | |
Mit einer Unterschriftensammlung wehren sich die LehrerInnen der | |
bezirklichen Musikschulen gegen neue Arbeitsverträge, die der Senat zum 1. | |
August einführt. Sie sind der Ansicht, dass sich ihre prekäre | |
Beschäftigungssituation dadurch noch weiter verschlechtert. | |
Vor allem der künftige Abrechnungsweg ärgert die Lehrer. Bekamen sie bisher | |
auf Basis ihrer Schülerzahl monatliche Abschlagszahlungen, sollen sie | |
künftig jede einzelne Unterrichtsstunde abrechnen. Nicht nur ein „riesiger | |
Bürokratieaufwand“ sei das, kritisiert Dirk Strakhof, der die Petition | |
gegen die neuen Verträge verfasst hat. Ohne die Abschläge könne es auch | |
schwerer für die Freiberufler werden, etwa Mietverträge zu bekommen, weil | |
sie kein regelmäßiges Einkommen mehr vorweisen könnten. Eine | |
Verschlechterung sieht Strakhof auch in den neuen Kündigungsbedingungen für | |
Unterrichtsverträge: Während SchülerInnen eine Kündigungsfrist von maximal | |
sechs Monaten einhalten müssen und die jeweils beauftragte Lehrkraft | |
bislang ebenso lange bezahlt wurde, könne der Unterrichtsauftrag für die | |
Lehrkräfte künftig mit Zweiwochenfrist gekündigt werden. Auch das | |
vergrößere die Einkommensunsicherheit. | |
Hintergrund der Neuregelungen ist ein Konflikt zwischen dem Land Berlin und | |
der Deutschen Rentenversicherung, die die bisherigen | |
Beschäftigungsbedingungen der MusiklehrerInnen kritisiert hatte: Diese | |
leisteten der Scheinselbstständigkeit Vorschub. Die liegt vor, wenn ein | |
Unternehmer in arbeitnehmerähnlicher Weise für einen einzigen Auftraggeber | |
arbeitet. Arbeitgeber sparen sich damit die Zahlungen an Renten- und andere | |
Sozialversicherungen. | |
Strakhof und viele seiner landesweit rund 1.800 nicht festangestellten | |
KollegInnen fordern feste Arbeitsverträge. Über 15.000 Unterschriften hat | |
der Lehrer für Kontrabass, E-Bass und Jazzbands bereits gesammelt. Zu einer | |
Protestaktion kamen in der vergangenen Woche fast 1.000 TeilnehmerInnen. | |
## Sauer über den Umgang | |
Sauer sind viele MusiklehrerInnen auch über die Art des Umgangs mit ihnen | |
und ihrer Arbeit. Es gehe bei den neuen Verträgen nur darum, „den | |
Bedingungen der Rentenkasse Genüge zu tun“, und nicht um den Arbeitsalltag | |
an den Musikschulen, findet der Schlagzeuglehrer Franz Bauer. Die seien | |
nämlich auf das Engagement der LehrerInnen angewiesen: „Ohne das käme kaum | |
ein Konzert oder Sommerfest zustande“, so Bauer. Mit den neuen Verträgen | |
würde eine „unpersönliche Auftragnehmerhaltung unterstützt, die solches | |
Engagement aushebelt“. | |
Die Senatsbildungsverwaltung hält die Kritik der LehrerInnen in allen | |
Punkten für unbegründet: Zusatztätigkeiten könnten wie bisher honoriert | |
werden, heißt es von dort, auch monatliche Abschlagszahlungen könnten | |
weiterhin vereinbart werden. Die Forderung nach Tarifverhandlungen weist | |
die Verwaltung mit dem gleichen Argument zurück, mit dem die | |
Finanzverwaltung Tarifverhandlungen mit angestellten Lehrern an | |
öffentlichen Schulen ablehnt: Mit dem Wiedereintritt in die | |
Tarifgemeinschaft der Länder als Arbeitgeberverband des öffentlichen | |
Dienstes könne Berlin keine eigenen Verhandlungen mehr führen. | |
29 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
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