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# taz.de -- Kritik an neuem Betreuungsgesetz: Ein Faltblatt muss reichen
> Die Bundesregierung will die Zahl der gesetzlichen Betreuungen für
> Behinderte senken. So werde Geld auf Kosten der Betroffenen gespart,
> sagen Kritiker.
Bild: Ab 1. Januar 2015 müssen Behinderte jeden Einzelfall begründen, in dem …
BERLIN taz | Mit scharfer Kritik versieht der Paritätische
Wohlfahrtsverband die Änderung des Betreuungsgesetzes, die Donnerstagnacht
mit den Stimmen von Union, FDP und SPD im Bundestag beschlossen wurde.
Verbandsexperte Eberhard Ewers fürchtet, dass die Betroffenen „allein
gelassen werden und einfach ein Faltblatt in die Hand gedrückt bekommen“.
Das Betreuungsrecht regelt die Bestellung gesetzlicher Betreuer für
Menschen, die aufgrund psychischer, körperlicher oder seelischer
Behinderungen ihre Angelegenheiten nicht selber regeln können. In der
Praxis erhält der Betreuer damit die Vormundschaft – so lautet der
veraltete Begriff – über den Betreuten.
Mit der nun zum 1. Januar 2015 beschlossenen Gesetzesänderung möchte die
Regierung die Zahl gesetzlicher Betreuungen senken. Die Betreuungsbehörden
müssen künftig zu jedem Einzelfall einen Bericht vorlegen, aus dem
hervorgeht, ob Menschen sich tatsächlich in allen Rechtsbelangen vertreten
lassen müssen oder ob eine Vermittlung an Betreuungsvereine oder an lokale
Beratungsstellen wie Mietervereine ausreicht.
Anders als viele andere schwarz-gelbe Gesetzesvorlagen erhält diese die
Unterstützung des rot-grün dominierten Bundesrats. Seit Jahren beklagen die
Landesjustizminister sich über hohe Betreuungskosten. Auch wenn die
geplante genauere Betrachtung der individuellen Bedürfnisse
parteiübergreifend Zuspruch findet, befürchten Kritiker nun
Verschlechterungen für die Betroffenen.
Während die Regierung ihren Entwurf „kostenneutral“ nennt und kein
zusätzliches Geld einplant, sehen sich die Betreuungsbehörden einem
erheblichen Mehraufwand an Kosten, Personal und Zeit gegenüber.
## Kommunen brauchen mehr Geld
Irene Vorholz vom Deutschen Landkreistag warnt, dass die Kommunen
zusätzliche Mittel von den Ländern benötigen: „Die klagen wir zur Not auch
ein. Ansonsten können wir das Gesetz nicht umsetzen.“ Auch die Einstellung
von viel neuem Personal sei problematisch, „qualifzierte Leute stehen ja
nicht einfach auf der Straße und warten darauf, eingestellt zu werden!“
Ewers vom Paritätischen Wohlfahrtsverband sieht auch die Verfügbarkeit
ausreichender Alternativen zur Rundum-Betreuung kritisch: „Wir freuen uns
über die Aufwertung unserer Arbeit. Aber ohne jegliche Finanzierung werden
wir das nicht leisten können. Die Regierung hat sich etwas Nettes
ausgedacht, ohne die Praxis zu bedenken.“
Auch mancher Fachpolitiker von SPD oder Grünen sieht solche Probleme; doch
scheint auch in den rot-grün oder grün-rot regierten Ländern das Ziel, die
Zahl der Betreuungen zu senken, wichtiger zu sein.
13 Jun 2013
## AUTOREN
Katharin Tai
## TAGS
Paritätischer Wohlfahrtsverband
Behinderte
Menschen mit Behinderung
Leben mit Behinderung
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Inklusion
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