# taz.de -- Durchgreifende Hilfsangebote: Ohne Betreuung keine Arbeit | |
> Konkrete Zielzahlen zur Verbesserung der Situation Alleinerziehender in | |
> Bremen: Ein Fachtag nennt Fakten und fordert strukturelles Umsteuern. | |
Bild: Einsame und anstrengende Angelegenheit: Alleinerziehen. In Bremen tun das… | |
BREMEN taz | Mit der Forderung, die Situation von Alleinerziehenden im Land | |
Bremen mittels einer Bremer Vereinbarung zu verbessern, endete am Freitag | |
die zweijährige Förderung des „Aktionsnetzwerks für Alleinerziehende“ du… | |
das Bundesarbeitsministerium. „Aber nicht nur mit schönen Worten“, sagte | |
die Bremer DGB-Vorsitzende Annette Düring auf einem vom Bremer | |
Arbeitssenator organisierten Fachtag am Freitag, „sondern mit konkreten | |
Zielzahlen und der Festlegung, wer in welchem Zeitraum was machen soll.“ | |
Zu tun gibt es genug, wie aus den Beiträgen der anderen | |
DiskussionsteilnehmerInnen deutlich wurde. In Bremen, referierte Cordula | |
Winkels vom Arbeitssenator, die das Netzwerk in den vergangenen zwei Jahren | |
koordiniert hat, leben schließlich besonders viele Alleinerziehende. Nur in | |
Berlin und einigen wenigen anderen westdeutschen Städten ist der Anteil | |
noch höher. Während im Bundesdurchschnitt jede fünfte Familie mit Kindern | |
unter 18 Jahren nur ein Elternteil hat, ist es in Bremen jede dritte. | |
18.000 Alleinerziehende – in neun von zehn Fällen ist dies eine Frau – sind | |
es, die mit 27.000 Kindern leben. Zwei Drittel der Bremer Alleinerziehenden | |
sind dabei berufstätig, 30 Prozent von ihnen wiederum verdienen allerdings | |
so wenig, dass das Jobcenter ihr Gehalt aufstockt. „Minijobs abschaffen“, | |
forderte deshalb nicht nur Bremerhavens Frauenbeauftragte Anne Röhm. | |
Ein anderes Problem, das von den Fachtag-TeilnehmerInnen immer wieder | |
thematisiert wurde, sind die mangelhaften Kinderbetreuungsmöglichkeiten. | |
Fast die Hälfte aller alleinerziehenden Mütter in Deutschland hatte laut | |
dem Mikrozensus 2011 Kinder unter zehn Jahren. Dass vor diesem Hintergrund | |
der Ausbau von Ganztagsgrundschulen in Bremen gerade gestoppt wurde, um | |
Plätze für unter Dreijährige zu finanzieren, sei ein „Riesenproblem“, so | |
Winkels vom Arbeitssenator. Bremens Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe | |
wies darauf hin, dass viele Familien schon mit den Ganztagsgrundschulen, | |
die ihnen in den Stadtteilen versprochen worden waren, gerechnet hatten. | |
Gleichzeitig fehlen ohnehin in jedem Jahr in Bremen hunderte Plätze in | |
Kindergarten-Horten für Grundschulkinder, wie die Fraktion der Linkspartei | |
in den vergangenen Monaten mehrfach kritisiert hatte. | |
Eltern jüngerer Kinder gehe es trotz Rechtsanspruchs nicht besser, sagt | |
Winkels, weil man im laufenden Kindergartenjahr nur mit sehr viel Glück | |
einen Platz bekommt. Immer wieder gebe es Fälle, in denen jemand in einem | |
Monat einen Job antreten könne – aber erst Monate später, zum Beginn des | |
Kindergartenjahrs am 1. August, die Betreuung sicher hat. | |
Aus der Praxis berichtete dazu der Leiter des Bremer Jobcenters, Helmut | |
Westkamp. Bei 170 beim Jobcenter gemeldeten arbeitslosen Frauen stehe als | |
Vermittlungshindernis: „Kinderbetreuung nicht gesichert“. Immer wieder | |
passiere es, dass eine Frau eine angebotene Arbeit nicht antreten könne, | |
weil sie nicht weiß, wer auf ihre Kinder aufpassen soll. | |
Solche Einzelfälle, sagte Heidemarie Rose von der Senatorin für Frauen und | |
Kinder, müssten sich lösen lassen. Der auch von ihr als notwendig | |
betrachtete Umbau der Strukturen würde aber mindestens noch einmal so viel | |
Zeit brauchen wie der Ausbau der Kleinkind-Betreuung: zehn Jahre. Und sie | |
warnte davor, sich bei der Forderung nach längeren Öffnungszeiten und | |
flexiblen Angeboten an den Bedürfnissen von Arbeitgebern und nicht an denen | |
von Kindern zu orientieren. | |
Das zweite große Thema betraf die Ausbildung. Eine Bremer Besonderheit ist, | |
dass 66 Prozent der alleinerziehenden Arbeitslosen keine Berufsausbildung | |
abschließen konnten. Björn Wedtke von der Handelskammer wies auf die | |
Möglichkeit hin, sich Berufserfahrung und begonnene Ausbildungswege | |
anerkennen zu lassen und sich extern prüfen zu lassen. Er räumte ein, dass | |
immer noch sehr wenige Unternehmen Teilzeitausbildungen ermöglichen. Häufig | |
aus Unwissenheit darüber, dass diese auch ohne Verlängerung der | |
Ausbildungszeit möglich ist. Viele, das bestätigte auch Winkels vom | |
Arbeitssenator, würden hingegen Auszubildende bevorzugen, die rund um die | |
Uhr arbeiten können. | |
23 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
## TAGS | |
Gender | |
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