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# taz.de -- ASYL: Ein Platz an der Gosse
> Am kommenden Montag diskutiert der Beirat Mitte über zwei neue
> Flüchtlings-Wohnheime. Der Flüchtlingsrat hält die Auswahl der Standorte
> für problematisch.
Bild: Asyl nur neben Wixbuden: Der Philosophenweg hat eine eigentümliche Infra…
BREMEN taz | Ein Sexshop reiht sich an den nächsten, daneben ein leer
stehendes Restaurant und der Hintereingang einer Spielhalle. Der
Philosophenweg in der Bahnhofsvorstadt wirkt nicht einladend. Geht es nach
der Sozialbehörde, sollen hier in einem leer stehenden Hotel bald 50
Flüchtlinge untergebracht werden.
Vom Einzel- bis zum Acht-Bett-Zimmer, jedes ist mit Bad,WC und einer
Pantry-Küche ausgestattet. Laut Behörde eignet sich deshalb das Gebäude für
die Nutzung als Wohnheim und könnte für fünf Jahre angemietet werden. Ein
weiteres soll, unweit von dort, auf der Rückseite der Disko-Meile
entstehen, die immerhin als Gefahrenschwerpunkt eingestuft ist: Im alten
Finanzamt, Schillerstraße 3, soll nach dem Umbau die zentrale Stelle für
unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Platz finden. Am Montag wird der
Ortsbeirat sich mit dem Thema befassen. Und es gibt Kritik an der
Standortwahl. Britta Ratsch-Menke vom Flüchtlingsrat hält sie für
unglücklich.
Tatsächlichen werden bis zu 500 zusätzliche Plätze in Bremen dringend
gebraucht: Die Zahl basiert auf bundesweiten Schätzungen, nach denen bis zu
100.000 Flüchtlinge in diesem Jahr in Deutschland Asyl beantragen dürften.
Ein knappes Prozent würden laut Verteilungsschlüssel dem Land Bremen
zugewiesen, von denen 20 Prozent in Bremerhaven leben sollen. Waren die
Zahlen der AsylbewerberInnen zu Beginn der 2000er- Jahre, auch aufgrund der
europäischen Flüchtlingsabwehrpolitik, innerhalb weniger Jahre um fast 75
Prozent gesunken, steigen sie nun wieder an: Eine Folge der politischen
Bewegungen und Kriege im Mittelmeerraum.
Die derzeit 867 Plätze in den Unterkünften reichen dafür nicht. Besonders
deutlich wird dies in der Zentralen Aufnahmestelle (Zast). Ursprünglich für
100 Bewohner ausgelegt, leben dort derzeit 200. Um die Lage zu verbessern,
eröffnete man Anfang des Jahres als Notlösung eine Außenstelle in
Schwachhausen: In der Thomas-Mann-Straße wohnen Asylbewerber seit Anfang
des Jahres in einer alten Schule. Ursprünglich bis Mai gedacht, wurde die
Nutzung kürzlich bis Frühjahr 2014 bewilligt.
Auch Ratsch-Menke hält die Bedarfsschätzung für „realitätsnah“. Doch
„besonders die Unterbringung von Minderjährigen in der Nähe zum Drogen,
Disko und Türsteher-Milieu finde ich sehr fragwürdig“, sagt sie. So hatte
es in der Vergangenheit Versuche von Drogenhändlern gegeben,
Kleindealer-Nachwuchs direkt aus Asylbewerberheimen zu akquirieren. Und
auch die Wahl des leer stehenden Hotels im Philosophenweg missfällt ihr.
„Für Menschen, die sowieso schon einen Kulturschock hier bekommen, ist es
nicht hilfreich, wenn sich Sexshops und Spielhallen in ihrer direkten
Nachbarschaft befinden.“
„Die Auswahl der Immobilien war nicht so groß, deshalb haben wir uns dafür
entschieden“, sagt der Sprecher der Sozialbehörde, Bernd Schneider.
Zufrieden sei man vor allem mit der Ausstattung des leer stehenden Hotels.
„Es könnte sofort langfristig genutzt werden.“
Eben darin aber sieht Ratsch-Menke das größte Problem. Denn anzustreben
wäre ja eine möglichst kurzfristige Unterbringung in den Wohnheimen: „Die
bereitgestellte Unterstützung zur Wohnungssuche der Flüchtlinge reicht
nicht aus“, erklärt Ratsch-Menke, warum viele Flüchtlinge nicht aus den
Wohnheimen ausziehen können. „Die Behörden sollten lieber versuchen, die
BewohnerInnen aus den Wohnheimen heraus in eigenen Wohnungen
unterzubringen, statt immer mehr Heime zu bauen.“ Für sie ist die Situation
durch die Überfüllung der Wohnheime für BewohnerInnen und MitarbeiterInnen
nicht mehr tragbar.
27 Jun 2013
## AUTOREN
Benjamin Eichler
## TAGS
Integration
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