# taz.de -- Die Wahrheit: Abgefuckte Sausuhle | |
> Je oller, je doller, je sinnloser – so etwas liebt die Unesco über alles: | |
> Der Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel ist Weltkulturerbe. Andere wollen | |
> jetzt auch. | |
Bild: Die von einem absolutistischen Arschloch hingeprotzte Wasserrutsche in Ka… | |
Lang hat man im nordhessischen Städtchen Kassel auf den „Besuch der dicken | |
Männer“ warten müssen: die geheimnisvollen Abgesandten der Unesco, die mit | |
stets aufnahmebereiten Mäulern, Mägen und Brieftaschen von einer absurden | |
Bauruine zur nächsten stolpern, um sie je nach Geberlaune der örtlichen | |
Administration zum Weltkulturerbe zu ernennen oder nicht. | |
Dabei ist der „[1][Bergpark Wilhelmshöhe]“ wie prädestiniert für diesen | |
Ritterschlag der Semikorruption. Je oller, je doller, je sinnloser – so | |
etwas liebt die Unesco über alles. Nicht umsonst steht das Kürzel für | |
„Union naturekliger Scheißorte“. Die Wilhelmshöhe aber ist eine von einem | |
absolutistischen Arschloch schräg in die Rabatten genagelte Wasserrutsche, | |
bezahlt mit dem Blutzoll als Kanonenfutter nach Übersee verscheuerter | |
Untertanen. Denn was wäre ein Weltkulturerbe wert, das nicht zumindest | |
symbolisch auf den Gebeinen der Geknechteten errichtet wurde? Nichts. | |
Da zeigt sich die Unesco ausnahmsweise wirklich unbestechlich. Das müssen | |
auch linke Gutmenschen erkennen, die spätestens, nachdem sie morgens zum | |
dritten Mal ihre Karnickel mit zerschmettertem Schädel in der Kiste finden, | |
endlich den Zusammenhang erkennen und den Antrag für die Anerkennung ihres | |
Streichelzoos als Welterbe zurückziehen. | |
Ganz anders im Fall Wilhelmshöhe. Der reinste Elfmeter. Und so ist es kein | |
Wunder, dass beim Wettanbieter „Bet & Win“ die Odds für eine baldige | |
Anerkennung zuletzt unter 1,75 für 1 fielen, sich die Kasseler | |
Stadtältesten bereits vorsorglich den gröbsten Kot von den Hosen wischten | |
und an den Toren der Stadt Wächter postierten, um nach den dicken Männern | |
Ausschau zu halten. Die dann auch kamen, eine Urkunde daließen und reich | |
beschenkt wieder von dannen zogen. Pressemeldungen werden geschrieben, | |
Würstchenbuden gebaut, am Ende kommen Touristen. | |
## Warum nicht wir? | |
Das Beispiel Kassel macht Mut. „Wenn sogar diese Langweiler es schaffen, | |
ihre abgefuckte Sausuhle derart groß rauszubringen, warum nicht auch wir?“ | |
ist der logische Gedanke der Leidensgenossen aus dem Städtebund „Besonders | |
unbedeutende Orte Deutschlands“ (BUOD). Von Böblingen bis Stralsund träumt | |
man nun davon, das Fehlen jeglicher natürlichen Existenzberechtigung durch | |
den ersehnten Wisch der Unesco zu kompensieren. So auch im nicht allzu weit | |
entfernten Braunschweig. | |
Dort setzt man alle Hoffnung auf das „Braunschweiger Brimborium“, eine auf | |
den ersten Blick wie manisches Hexenwerk wirkende, unten in den | |
Hauptbahnhof höhlenartig eingelassene Vertiefung, man könnte sie auch | |
Bahnhofshalle nennen. Zwar steht ein gewisser praktischer Nutzen – neben | |
einer Burger-King- und einer Rossmann-Filiale bietet sie wartenden | |
Reisenden Schutz vor Regen – einer Einstufung als Kulturerbe entgegen. Doch | |
das Problem wäre mit ein paar baulichen Veränderungen leicht behoben. Diese | |
und die Bedürfnisse der dicken Männer ließen sich ganz unbürokratisch mit | |
den Überschüssen aus dem letzten Sommerfest der örtlichen NPD finanzieren. | |
Siegessicher gibt man sich auch im weiter südlich gelegenen Göttingen. Denn | |
wo keinerlei, selbst noch so weit hergeholter, Ansatz für irgendein | |
Weltkulturerbe besteht, bleibt immer noch der Ausweg Weltnaturerbe. So | |
findet sich im Vorgarten der Familie Kutzry die sogenannte Göttinger | |
Gruppe, eine Handvoll Löwenzahn in einer Formation, die von oben gesehen | |
fast täuschend echt einer Blumengruppe ähnelt. | |
In Gießen wiederum freut man sich bereits darauf, in die Kaste der ZUOD, | |
der „Zweitunbedeutendsten Orte Deutschlands“, aufzurücken. Dann erhält man | |
vielleicht auch eine Kanalisation sowie ein Kfz-Kennzeichen mit weniger als | |
vier Buchstaben. Ungeduldig wartet die mittelhessische Stadt auf den | |
„Besuch der dünnen Männer“ von der Unesco. Denen muss man alle Zigaretten | |
geben, die man hat, aber Geld nehmen sie ebenfalls. | |
28 Jun 2013 | |
## LINKS | |
[1] /Kassels-Weltkulturerbe/!118683/ | |
## AUTOREN | |
Uli Hannemann | |
## TAGS | |
Kassel | |
Weltkulturerbe | |
Unesco | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |