# taz.de -- Neues Wahlplakat: Ströbele ändert die Richtung | |
> Der Grüne Hans-Christian Ströbele startet zum vierten Mal den Wahlkampf | |
> um ein Direktmandat für den Bundestag - und setzt auf sein bewährtes | |
> Comic-Plakat. | |
Bild: Diesmal noch ungehorsamer: Hans Christian Ströbele auf seinem neuen Wahl… | |
Wird Hans-Christian Ströbele immer radikaler? Mit bloßen Händen reißt er | |
den Zaun entzwei, tritt mit großem Schritt ins Grün. Wird die Masse dem | |
zivilen Ungehorsam folgen? | |
Ist das die Botschaft, die der Urgrüne mit seinem neuen Wahlplakat | |
aussenden will? Am Dienstag wird Ströbele das Poster für seinen vierten | |
Kampf um ein Direktmandat für den Bundestag in Friedrichshain-Kreuzberg | |
offiziell vorstellen. Und zumindest grafisch ist klar: Er bleibt sich treu. | |
Denn wie schon in den Wahlkämpfen zuvor wirbt der 74-Jährige mit einem | |
knallbunten Wuselbild im Comicstyle. Was erneut nach Gerhard Seyfried | |
aussieht, ist nun aber Franziska „Ziska“ Riemann, einzige Schülerin des | |
Berliner Zeichners. Der hatte schlicht keine Zeit, wie er sagt. Auch weil | |
er schon von der Linkspartei für einen Auftrag gebucht war. | |
„Ich sehe einen kraftvollen Ströbele“, erklärt Ziska ihr Plakat. „Einen, | |
der Dinge aufbricht und ehrlich ausspricht.“ Tatsächlich zeigt sich der | |
Grüne agiler denn je, mit wehendem Schal und hochgekrempelten Ärmeln. Kein | |
starrer Blick wie auf früheren Plakaten, kein Posieren mit Fahrrad. Schon | |
beim letzten Mal stürmte Ströbele einen vergammelnden „Skandalberg“, nun | |
wendet er gar sanfte Gewalt an. Steigt mit dem Alter die Ströbel’sche | |
Radikalität? In jedem Fall legt er einen Richtungswechsel hin: raus aus dem | |
Matsch, rein in den Garten. | |
Gleich hinter dem Grünen: die Friedrichshain-Kreuzberger, wie eh und je. | |
Alt und garstig sind die Friedensbewegten geworden. Die türkische | |
Gezi-Solidarität dagegen kommt jung und anmutig daher. Ihr aller Anführer | |
fühlt sich dem Wahlkreis offenbar wieder stärker verbunden: Die | |
Oberbaumbrücke ist, anders als auf dem letzten Plakat, wieder dabei, der | |
Bundestag verschwunden. | |
Warum aber auch ein Schlapphut-Agent zu Ströbeles Gefolgschaft gehört und | |
wie die Amis und Briten den Fernsehturm in ihre Gewalt brachten – man weiß | |
es nicht. Und welcher Mediaspree-Turm gerät da eigentlich ins Bröckeln? Hat | |
Investor Hinkel doch schon hinter der East Side Gallery gebaut? | |
## Demokratisch entstanden | |
„Ganz basisdemokratisch“ sei das Plakat in den vergangenen Wochen | |
entstanden, berichtet Ziska. In mehreren Sitzungen mit Ströbele und anderen | |
Grünen, jeder habe seine Wünsche einbringen können. Man sieht’s: Die Zahl | |
der Schildchen und Sprechblasen ist hoch wie nie. Besonders | |
durchsetzungsstark war Ströbele in seinen Bundestagsjahren offenbar nicht. | |
Viele der Forderungen sind die bewährten: Vermögensteuer, Hanf frei, keine | |
Waffenexporte und der Klassiker – die regenbogenfarbene | |
Homosexuellenbewegung fordert die Entwaffnung der Finanzmärkte. | |
46 Prozent der Wählerstimmen holte Ströbele 2009 – fast 30 Prozentpunkte | |
mehr als die Zweitplatzierte Halina Wawzyniak von der Linken. Der Sieg wird | |
dem Grünen also nicht zu nehmen sein. Ob Ziska 2017 dem dann 78-Jährigen | |
noch mal ein Wahlplakat zeichnen wird? „Nein, nein“, glaubt die 39-jährige | |
Schönebergerin. „Das wird Ströbeles letzter Wahlkampf.“ | |
Bis dahin bleibt zu bangen: Wird das kleine Kotti-Mädchen auf der Zaunkrone | |
Ströbeles Angriff auf das Gitter unbeschadet überstehen? Wie viel | |
NSU-Sumpf, klebrig am Schuhwerk, wird der Grüne mit ins Paradies schleppen? | |
Und werden die Blümchen den Einzug des Wahlvolks überleben? | |
9 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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