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# taz.de -- Schuldeneintreiber besucht Fußballklub: Dreckwäsche aus Dnjeprope…
> Hochtief hat in der Ukraine ein schickes Fußballstadion gebaut,
> allerdings ist noch ein zweistelliger Millionenbetrag offen. Nun kam der
> Gerichtsvollzieher ins Trainingslager.
Bild: Zur Pfändung eher ungeeignet
WIEN taz | Walter Kois staunte nicht schlecht, als am 3. Juli um 6.15 Uhr
der Gerichtsvollzieher an der Rezeption nach ihm verlangte und mit einem
Exekutionsbescheid winkte. Der Geschäftsführer des Thermenhotels Asia
Resort Linsberg im kleinen niederösterreichischen Kurort Bad Erlach war
erleichtert, als klargestellt wurde, dass der Besuch nicht seinem
Etablissement, sondern der ukrainischen Fußballmannschaft FC Dnjepr
Dnjepropetrowsk galt, die am Vortag zu einem Trainingscamp angereist war.
Der Gerichtsvollzieher Erik Dietrichstein aus der nahegelegenen
Bezirksstadt Wiener Neustadt kam in Begleitung eines Rechtspflegers aus
Wien, des Wiener Rechtsanwalts Paul Proksch und eines Spediteurs. Es hätte
ja sein können, dass sperrige Gegenstände abzutransportieren wären.
Österreichs Justiz schritt im Auftrag der Essener Hochtief AG ein, die vor
fünf Jahren in der ostukrainischen Stadt Dnjepropetrowsk ein Stadion
fertiggestellt hatte. Die Eröffnung der [1][Dnipro Arena] war ein
Großereignis, dem auch der damalige Präsident Viktor Juschtschenko
beiwohnte. 31.000 überdachte Sitzplätze fasst die Sportarena, dazu einen
VIP-Bereich und eine Business-Sektion.
Gesamtkosten: 40 Millionen Euro. Davon seien aber elf Millionen nicht
bezahlt worden, reklamiert Hochtief. „Wir warten nun seit mehreren Jahren
auf unser Geld“, sagt ein Sprecher von Hochtief, „und haben daher auch
Anwälte beauftragt, die an unterschiedlichen Stellen in verschiedenen
Ländern, so unter anderem auch in Österreich und der Schweiz, unsere
Ansprüche durchsetzen und dabei alle rechtlichen Mittel nutzen.“
## Der Stolz der Stadt
Das nach dem [2][Vorbild von Mönchengladbach] errichtete Stadion ist der
ganze Stolz der Stadt am Dnjepr. Rasenheizung, zwei Bankettsäle und ein
Restaurant mit 600 Plätzen kann nicht jedes Stadion in der Ukraine bieten,
in einem Land, wo der Fußball als Ersatzreligion zelebriert wird. Kois
holte Andriy Stetsenko, den Manager der Mannschaft, aus dem Bett und der
ungebetene Besuch begann sich nach pfändbaren Gegenständen umzuschauen.
Auf eine Öffnung des Safes verzichteten die Männer, als der Betreuer seine
Brieftasche zückte, die mit mehr als 3.000 Euro und einem ähnlichen Betrag
in US-Dollar gut gefüllt war. Damit gab sich der Exekutor auch zufrieden.
„Mit schmutziger Wäsche und Fußbällen hätte er auch eher wenig anfangen
können“, so Kois.
Die vorgesehenen Freundschaftsspiele und die Trainingseinheiten fanden
programmgemäß statt, bevor die Mannschaft am vergangenen Samstag wieder
abreiste. Ihre Rechnung war schon vorab von einer Agentur beglichen worden.
„Wir bestehen darauf, dass alle Kosten im Vorhinein bezahlt werden“, so der
Thermenhotel-Geschäftsführer. Man habe bereits schlechte Erfahrungen mit
Fußballvereinen gemacht.
## Eine ganz neue Erfahrung
Dnjepr Dnjepropetrowsk bestreitet die Schulden gegenüber Hochtief gar
nicht. Der Spruch des Schiedsgerichts der Internationalen Handelskammer
(ICC) wurde akzeptiert. Gezahlt haben die Ukrainer trotzdem nicht. Die
Pfändungsaktion im auf fernöstliche Therapien spezialisierten
Wellness-Hotel galt nur der Eintreibung der Kosten von 90.000 Euro für das
Schiedsverfahren. „Ähnliche Erfahrungen mit anderen Vereinen haben wir
bisher nicht gemacht“, versichert der Hochtief-Sprecher. Auch für den
Gerichtsvollzieher Dietrichstein war es eine Premiere: Fußballvereinen
musste er bis dahin nie auf die Pelle rücken.
Die Mannschaft ist die aktuelle Nummer vier in der ukrainischen Liga und
hat sich damit auch wieder für die Europa-League qualifiziert. In der
letzten Saison blieb Dnjepr auf heimischem Rasen ungeschlagen und trotzte
zuletzt dem späteren Finalisten FC Basel ein 1:1 ab. Die Aktion in Bad
Erlach war nun ein Schuss vor den Bug für den Klub aus der ukrainischen
Industriestadt. Denn wenn er seine Schulden nicht begleicht, kann die Fifa
ihm Spielerlizenzen entziehen.
10 Jul 2013
## LINKS
[1] http://www.fcdnipro.ua/en/club/stadium/
[2] http://www.borussia.de/de/verein-stadion/verein/verein.html
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Hochtief
Mönchengladbach
Fußball
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
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