# taz.de -- Mauerpark erweitert: Wie Schafe in der Steppe | |
> Eine zwei Hektar große Erweiterung des Parks ist eröffnet. Der Preis | |
> dafür - die womöglich dichte und teure Bebauung weiter nördlich - ist | |
> kaum noch Thema. | |
Bild: So schaut er aus, der neue Radweg im erweiterten Mauerpark. | |
Am Rande des Geschehens stehen drei wollige Schafe und glotzen | |
verständnislos auf die Herren im schwarzen Zwirn. Es ist, als verkörperten | |
diese Schafe den traurigen Rest dessen, was vom Protest übrig geblieben | |
ist. Sie stammen vom Kinderbauernhof Moritzhof, dessen Vertreter zur | |
Eröffnung einer kleinen Erweiterungsfläche des Mauerparks und eines neuen | |
Wegs vom Wedding in den Park gekommen sind. Am Mittwochmorgen haben sich | |
auf der Höhe der Weddinger Lortzingstraße Staatssekretär Christian Gaebler | |
(SPD), Bezirksstadtrat Carsten Spallek (CDU) und diverse gelangweilte | |
Vertreter der Hauptstadtpresse versammelt – und kaum jemand außer den | |
Schafen scheint auch nur noch daran zu denken, dass hier lange Jahre mit | |
harten Bandagen gestritten wurde. | |
Denn der Preis für diese Erweiterung, die derzeit zwei Hektar groß ist und | |
2016 zu einem fünf Hektar großen neuen Stück Park fertig gestaltet sein | |
soll, war hoch. Die Anwohner mussten für dieses zukünftige Stück Grün, das | |
ebenfalls ursprünglich bebaut werden sollte, die Bebauung nördlich des | |
Gleimtunnels in direkter Nachbarschaft zum Kinderbauernhof schlucken – so | |
der Kuhhandel zwischen Senat und Eigentümer des Terrains, der unter anderen | |
Bedingungen nicht verkauft hätte. Im Augenblick ist unsicher, ob dort | |
wirklich, wie die meisten noch hoffen, luftig und sozialverträglich gebaut | |
werden wird – oder ob es auf Luxusriegel für 4.000 Euro pro Quadratmeter | |
hinausläuft. | |
Trotzdem bestehe Grund zur Freude, behaupten Gaebler und Spallek ebenso | |
unverdrossen wie einmütig, sprechen vom unvermeidlichen „historischen | |
Moment“, einem „letzten Stück Mauer“, einer „letzten Barriere zwischen… | |
und West“, die nun „durchbrochen“ werde. | |
Selbst ein Redner der „Bürgerwerkstatt Mauerpark fertigstellen“ scheint | |
gänzlich versöhnt und findet, weniger Bebauung sei immerhin besser als | |
mehr. Er freut sich darauf, was kommen wird: die Wiese, die Spielplätze, | |
die Bereiche für „Kiezmütter und Mauergärtner“. All das schlägt seine | |
Initiative auf einem liebevoll gestalteten Plan auf diesem neu gewonnen | |
Stück Erholungsfläche vor und erwähnt außerdem auch, dass Berlin neuen | |
Wohnraum brauche. | |
Und wirklich vergisst selbst der Zaungast für einen Moment die drohende | |
Luxusbebauung weiter nördlich, von der doch fraglich ist, wer diese | |
braucht, wenn er das matte Grüppchen, das inzwischen an trockenen Brezeln | |
kaut, einen Moment Grüppchen sein lässt. Es geht durch eine Staubwüste | |
Richtung Norden – durch frisch planiertes Gelände, das stellenweise an | |
Berlins Brachen der Neunziger oder an menschenleere mongolische Steppen | |
erinnert. | |
Direkt am Zaun zum Wedding versammeln sich tatsächlich schon drei fröhliche | |
Mauergärtnerinnen vor zehn Holzkisten mit Hochbeeten voller Tomatenpflanzen | |
und Sonnenblumen. Sie haben pünktlich zum heutigen Termin den Grundstein zu | |
einem weiteren Berliner interkulturellen Garten im Mauerpark gelegt und | |
hoffen, bald vom gärtnerischen Know-how der türkischstämmigen Community in | |
der neuen Nachbarschaft profitieren zu können. Am kommenden Sonntag laden | |
sie zum ersten Sommerfest ein. Bald, so die Hoffnung, werden sich viele | |
weitere Kisten zu ihren gesellen. Solange die Bebauung weiter nördlich | |
nicht amtlich ist, meinen sie, ist Jäten und Ernten nicht die schlechteste | |
Gegenwehr. | |
24 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
## TAGS | |
Mauerpark | |
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