| # taz.de -- Tanzen bis zum Ende: Letzte Feier vor der Räumung | |
| > Das Wilhelmsburger Soulkitchen-Gelände wurde noch einmal zur Tanzfläche. | |
| > Nach Abschied war niemandem zumute. | |
| Bild: Entspannte Stimmung: Der Platz vor der Soulkitchen-Halle am Samstag. | |
| Die Musik bricht ab. Der junge Mann hinter dem DJ-Pult verschiebt schnell | |
| ein paar Regler, ein neuer Song beginnt. „Wer da gerade auflegt? Keine | |
| Ahnung – der ist spontan vorbeigekommen und hat einfach losgelegt“, sagt | |
| Matthias Lintl. Der Macher der Soulkitchen-Halle sitzt an der Bar und | |
| betrachtet das Treiben auf dem Platz davor. | |
| Viel ist noch nicht los am Samstagnachmittag: Ein paar Menschen sitzen in | |
| der Sonne, am Kanalufer halten zwei Jungs die Füße ins Wasser, der Wind | |
| wiegt eine Hängematte. Im Hintergrund die alte Industriehalle, ein langer | |
| Zaun und immer wieder der Hinweis „Betreten verboten“. | |
| Seit zwei Monaten ist das schon so: Die Soulkitchen-Halle ist dicht, seit | |
| der Räumung waren auch Lintl und seine Mitstreiter nicht mehr drin. Die | |
| angrenzende Freifläche nennen sie nun ihr „Exil“. Das passt: Abgeschieden | |
| und ein wenig entrückt wirkt der vo | |
| n bunten Fahnen gesäumte Platz inmitten der Lagerhallen und | |
| LKW-Stellplätze. Mit wenigen Mitteln hat sich das Kollektiv eingerichtet – | |
| eine Theke, ein aus bunten Holzlatten zusammengezimmertes DJ-Pult, ein paar | |
| Bänke, ein Unterstand, mehr steht nicht auf dem Platz. | |
| Auch das Abschiedswochenende haben sie kaum geplant. „Wir schauen mal | |
| einfach, wer so kommt und was passiert“, sagt Lintl. Alles soll bewusst | |
| improvisiert, unfertig, spontan sein, das habe schließlich schon in der | |
| Halle gut funktioniert. | |
| Das Konzept geht auf: Mit sinkender Sonne füllt sich der Platz, irgendwer | |
| macht immer Musik, schenkt Getränke aus oder bedient den Grill. Die | |
| Atmosphäre ist entspannt, fröhlich, familiär. Viele Wilhelmsburger sind da, | |
| andere haben einen weiteren Weg. Sarah kommt aus Altona. Sie hat im | |
| Internet von der Party erfahren. „Kulturelle Freiräume wie die Soulkitchen | |
| muss man unterstützen – und das Feiern macht hier draußen einfach Spaß“, | |
| sagt die Studentin mit Blick auf die beleuchtete Kulisse am Veringkanal. | |
| „End of summer“ ist das Motto dieses letzten Wochenendes vor der behördlich | |
| angedrohten Räumung, aber in Endzeit-Stimmung ist niemand. Erstmal feiern, | |
| Musik hören, tanzen. Der ungewissen Zukunft der Soulkitchen-Halle begegnen | |
| Betreiber und Gäste mit einer Mischung aus Optimismus, Ratlosigkeit und | |
| Trotz. | |
| Das Programm für die nächsten Tage steht bereits fest, Ideen für die | |
| Gestaltung des Geländes gibt es viele. Etwa die eines „offenen Freiraums | |
| für ausrangierte Kunst“: Ausgediente Kunstwerke aus dem öffentlichen Raum | |
| könnten am Veringkanal erhalten bleiben – „im Prinzip wie ein Gnadenhof f�… | |
| alte Tiere, die vor dem Schlachter gerettet werden“, sagt Lintl. | |
| Die Soulkitchen-Halle selbst könnte zum offenen Atelier umfunktioniert | |
| werden, in dem Künstler gemeinsam arbeiten. Die Ideen will Lintl der Stadt | |
| nun vorgelegen. Auf die drohende Räumung angesprochen, gibt er sich | |
| zuversichtlich. „Ob wir hier wirklich vertrieben werden, das wollen wir | |
| doch mal sehen.“ | |
| 25 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Annika Lasarzik | |
| ## TAGS | |
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