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# taz.de -- Rhetorikanalyse des Wahlkampfs: „Alles Erdenkliche“ als Verspre…
> Die oft benutzten Glückwunschformeln bedeutet einfach alles und nichts
> zugleich. Das gilt insbesondere in der Welt der Politik.
Bild: Sehr aussagekräftig: CSU-Postkarte zur Wahl in Bayern 2008
In ihrer letzten Rede im Bundestag sagte die Bundeskanzlerin zum syrischen
Bürgerkrieg: „Deshalb werden wir auch das G-20-Treffen nutzen und alles
Erdenkliche tun, um doch noch zu einer gemeinsamen Haltung der
internationalen Staatengemeinschaft zu kommen.“
Wir kennen „alles Erdenkliche“ aus Glückwunschformeln. So geschehen in der
gleichen Sitzung durch den Bundestagspräsidenten anlässlich mehrerer
Geburtstage. Im Glückwunsch steckt eine Konvention, die es dem
Glückwünschenden erspart, sich tatsächlich Gedanken über das Glück des
Jubilars zu machen. Im Glückwunsch bleibt „alles Erdenkliche“ zwingend an
das Gute gebunden. Der Zwang bremst die Bosheit, in das Erdenkliche mehr zu
mischen, als dem Jubilar gut bekäme.
Was steckt in der Formel drin? Wird da tatsächlich gedacht? Klingt „alles
Erdenkliche“ nicht gruselig? Wer „alles“ sagt, kann nichts ausschließen.
Das macht die Formel so zwiespältig, wenn sie in Zeugnissen verwendet wird.
„Wir wünschen unserem ausscheidenden Mitarbeiter alles erdenklich Gute.“
Meine Güte! Was muss dem für eine Marter vorausgegangen sein. Oder ist die
Formel bloß ein gedankenloses Versprechen? Dann wäre sie eine paradoxe
Intervention.
Das Erdenkliche gewinnt keine Gestalt. Das gilt besonders für „alles
Erdenkliche“ in der Welt der Politik. Die Bundeskanzlerin ist kraft ihres
Amtseids dazu berufen, Schaden abzuwenden. Der syrische Bürgerkrieg hat das
Potenzial zu manchem erdenklichen Schrecken. Was könnte auf dem G-20-Gipfel
zu allem Erdenklichen gehören, durch das die Bundeskanzlerin eine
gemeinsame Haltung der 20 Staaten herbeiführt?
Bisher ist von Deutschland nur ein „ohne uns“ zu hören. Was ist davon zu
halten, wenn die Wahlkämpfer nur die Sehnsucht zeigen, dass der syrische
Bürgerkrieg ihnen auf dem Weg zum 22. September nicht auf die Füße fällt
und eine Haltung abverlangt, die über die Verurteilung des Giftgaseinsatzes
hinausreicht? Mögen sich andere einen Kopf machen, in den wir alles
Erdenkliche hineingeheimnissen können, solange uns das Denken erspart
bleibe.
7 Sep 2013
## AUTOREN
Hans Hütt
## TAGS
Rhetorik
G20-Gipfel
TV-Duell
Rhetorik
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