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# taz.de -- Lichtfestival "Berlin leuchtet": „Auch Kitsch kann schön sein“
> Gleich zwei Lichtfestivals illuminieren im Oktober die Hauptstadt.
> Konkurrenz gebe es keine, sagt Andreas Boehlke vom Verein „Berlin
> leuchtet“.
Bild: Langstreckenfoto vom Brandenburger Tor beim Festival of Lights 2012.
taz: Herr Boehlke, wie gefällt Ihnen Berlin bei Nacht?
Andreas Boehlke: Oh, man könnte viel ändern, einiges ist zu schreiend laut,
zu hell beleuchtet – nur unterbelichtet ist nichts.
Jetzt wird es noch heller: Heute startet Ihr „Berlin leuchtet“, am 9.
Oktober beginnt das „Festival of Lights“. Wieso braucht Berlin zwei
Lichtfestivals zeitgleich?
Das ist bei der Fashion Week oder der Berlinale doch auch so: Es gibt
Parallelveranstaltungen, aber man kommt sich nicht in die Quere. Es gibt
bei uns keine Konkurrenz.
Und wie können die Leute die beiden unterscheiden?
Ach, das ist gar nicht wichtig. Auf unseren Stadtplänen sind auch beide
eingezeichnet.
Gab es keinen Wettstreit um die Wahrzeichen?
Man hat sich geeinigt, die einen machen den Gendarmenmarkt, die anderen das
Brandenburger Tor. Ist doch auch egal. Es wäre nur schade, wenn ein Gebäude
nicht angestrahlt würde. Und ich habe im Laufe der Jahre sowieso schon
alles in Berlin beleuchtet.
Sie haben das „Festival of Lights“ mit initiiert, waren bis 2009
Veranstalter. Wieso sind Sie ausgestiegen?
Von aussteigen kann keine Rede sein. Ich bin frei, ich gehöre ja nicht dem
„Festival of Lights“. Die Idee mit dem Verein gibt es schon lange. Ja,
„Berlin leuchtet“ trägt meine Handschrift, aber jeder kann sich einbringen.
Wir fragen uns: Was schafft man, indem man die Ärmel hochkrempelt? Und eben
nicht: Was kostet was? Es müssen nicht immer Gelder fließen.
Wie finanzieren Sie sich denn?
Wir haben Sponsoren, die uns unterstützen, ganz transparent.
Und was verdienen Sie damit?
Nichts, noch nie! In den ersten Jahren habe ich beim Lichterfest viel Geld
investiert. Mir war klar: Das bekomme ich nicht zurück, in der Stadt kann
man ja keinen Eintritt verlangen. Ich mache das, weil ich Spaß daran habe,
die Stadt zum Leuchten zu bringen. Das Festival ist meine Visitenkarte.
Mein Geld verdiene ich mit Messebeleuchtung.
Dieses Mal ist auch Abseitiges dabei, etwa das Kammergericht. Wie leuchten
Sie das an?
Weiß, damit die Säulen und die Gänge richtig rauskommen. Von rechts und
links setzen wir farbiges Licht ein, Rot, Grün, einen Farbverlauf, mal
sehen. Und die vier Bäume, die auf der Achse stehen, werden grün.
Wieso denn das?
Ist doch schön, im Oktober noch mal grüne Bäume zu sehen.
Und zum Planen stellen Sie sich nachts zwei Stunden vor die Bauwerke, oder
wie?
Ich gehe tags und nachts hin, mache Aufnahmen, überlege etwa, ob die
Straßenlaternen zu viel Streulicht verursachen. Und ehrlich: Ich bin seit
30 Jahren im Geschäft, ich habe im Gefühl, was gut aussieht, wann etwas von
rechts oder links angestrahlt werden muss.
Sie illuminieren vor allem Touristenorte wie den Potsdamer Platz oder
Gendarmenmarkt. Was haben Berliner davon?
Viel. Die können sich an der Helligkeit erfreuen. Und ihre Stadt neu
kennenlernen. So wie 2004, als wir den Funkturm mit blauen Lichtstangen neu
ausgeleuchtet haben – da haben die Berliner auf einmal dieses Bauwerk
wieder wahrgenommen. Das gleiche ist gerade in der Bleibtreustraße
passiert: Die Brücke hat eine neue Beleuchtung bekommen, nun wird sie
wieder beachtet.
Sie leuchten 70 Gebäude aus, haben 25 Kilometer Kabel verlegt. Wer zahlt
den Strom?
Die Anrainer und Eigentümer der Gebäude.
Und alles schön mit Energiesparlampen ausgestattet?
Ja, mit LEDs und Ökostrom. Mittlerweile können wir mit geringem
Stromverbrauch sehr viel erreichen. Die Technik ist besser als in den
Anfangsjahren.
Anders als damals dominieren nun Laser und Bildprojektionen. Keine Angst
vor Kitsch?
Kitschige Beleuchtung kann schön sein – wenn’s richtig gemacht ist. Aber
unser Licht ist ist immer im Einklang mit den Orten. Kitsch geht gar nicht
bei Häusern mit Geschichte wie etwa dem Bundesrat. Es ist uns wichtig, die
Ehre eines Gebäudes nicht zu verletzen.
Wann zieht man am besten los?
Es muss richtig dunkel sein.
Na, das klappt bei dieser Leuchtorgie wohl kaum.
Doch, darauf haben wir bei den Sichtachsen geachtet. Und dafür gesorgt,
dass alles drumherum ausgeschaltet wird und die Straßenlaternen gedimmt
werden. Die Dunkelheit ist wichtig, um etwas zu sehen.
3 Oct 2013
## AUTOREN
Anne Haeming
## TAGS
Lichtkunst
Recht auf Dunkelheit
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