# taz.de -- Erziehungsberatung: Rotstift statt Unterstützung | |
> Die Sozialbehörde will die Erziehungsberatungsstellen stärken. Die | |
> Bezirke machen daraus aber ein Sparkonzept, weil die Stadt ihnen zu wenig | |
> Geld lässt. | |
Bild: Romantik statt Erziehungsberatung: Die Traumfamilie ist leider nicht die … | |
Den Hamburger Erziehungsberatungsstellen, die von freien Trägern betrieben | |
werden, geht es an den Kragen. Schuld daran sind die Sparvorgaben der Stadt | |
an die Bezirke, die ihrerseits nun den Rotstift auch im sozialen Bereich | |
ansetzen. Den Anfang macht das rot-grün regierte Wandsbek, dass ab 2015 | |
seine Mittel von 2,7 auf rund 1,0 Millionen zusammenstreicht – ein Minus | |
von 60 Prozent. | |
Der Hintergrund: In Hamburg gibt es zwölf solche kommunalen | |
Beratungsstellen, die durch neun weitere in freier Trägerschaft ergänzt | |
werden. Ihre Hilfe nehmen pro Jahr 7.000 Familien in Anspruch; knapp die | |
Hälfte sind Alleinerziehende. Der Unterschied zwischen den kommunalen und | |
den privaten Einrichtungen: Die Beratungsstellen der Stadt bekommen | |
pauschal Gelder für Personal und Sachmittel, die freien Träger müssen jeden | |
Fall einzeln abrechnen. | |
Nachdem der Rechnungshof die fallbezogene Abrechnung gerügt hat, will die | |
Sozialbehörde mit einem noch geheimen Rahmenkonzept alle Beratungsstellen | |
pauschal finanzieren und dadurch stärken. Bürokratischer Aufwand würde | |
wegfallen, die sensiblen Daten der betreuten Familien müssten nicht mehr | |
ans Jugendamt weitergegeben werden. Die Landesarbeitsgemeinschaft für | |
Erziehungsberatung (LAG), in der alle Beratungsstellen organisiert sind, | |
lobt: Ein Konzept mit guten Ansätzen. | |
Doch nun kommt alles anders. Weil die Bezirke vom Senat harte Sparvorgaben | |
haben, liefen sie in der behördeninternen Abstimmung gegen die in dem | |
Konzept festgelegte zukünftige Mindestanzahl und Mindestgröße der | |
Beratungsstellen Sturm. Ihnen gelang es, die Bestandsgarantie für eine | |
Erziehungsberatung auf heutigem Niveau komplett aus dem Konzept zu kippen. | |
Jetzt droht Kahlschlag. Beispiel Wandsbek: Hamburgs einwohnerstärkster | |
Bezirk gibt 2013 2,7 Millionen Euro für Erziehungsberatung in freier | |
Trägerschaft aus, das Geld teilen sich sieben Träger. Nun sollen 2014 drei | |
kleinere Beratungsstellen entstehen, die den kommunalen Haushalt nur mit | |
gut 1,0 Million belasten. Die Folge: Kapazitäten werden abgebaut, drei | |
Träger gucken in die Röhre und müssen ihre Mitarbeiter entlassen. | |
Christiane Blömeke, familienpolitische Sprecherin der | |
GAL-Bürgerschaftsfraktion klagt: „So kann man mit bewährten Trägern nicht | |
umspringen.“ | |
Wandsbek spart so ab 2015 1,7 Millionen ein. Bereits im „Übergangsjahr“ | |
2014 soll die Ersparnis rund 640.000 Euro betragen. „Das Rahmenkonzept | |
verkommt so zum Rotstiftkonzept“, klagt LAG-Vorstand Stephan Baerwolff und | |
fordert vom Senat den Erhalt der Erziehungsberatung zumindest im bisherigen | |
Rahmen. Denn auch die bleibt in ihrer Ausstattung weit hinter anderen | |
Städten – etwa Berlin – zurück. | |
Dabei beweist gerade eine frische Studie aus der Landeshauptstadt: Wer mit | |
wenig Geld die Erziehungsberatung stärkt, muss später viel weniger Geld für | |
teure Hilfen zur Erziehung, etwa der stationären Unterbringung von | |
Jugendlichen, ausgeben. | |
In fast 40 Prozent aller untersuchten Fälle machte die Erziehungsberatung | |
die schon beantragte Herausnahme Jugendlicher aus ihren Familie mit | |
anschließender Unterbringung in einer Jugend-WG oder betreutem Einzelwohnen | |
überflüssig. Ersparnis pro Fall für die Stadt: 57.000 bis 72.500 Euro. | |
23 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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Hamburg | |
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