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# taz.de -- Tunnelbau der U6: Grob verputzt ist halb gewonnen
> Kurz vor der gänzlichen Wiederinbetriebnahme der U6 präsentiert die BVG
> eine unterirdische Wunderwelt aus Stahl, Beton und Pünktlichkeit. Ein
> Ortstermin.
Bild: Bald fährt sie hier auch weiter: U6-Zug unter der Friedrichstraße.
Auf der Baustelle an der Friedrichstraße öffnet sich eine Tür:
BVG-Mitarbeiter verteilen Helme und orange leuchtende Warnwesten, dann geht
es hinab in den U-Bahn-Schlund. Unten angekommen, stolpern rund 40
Journalisten planlos durchs frische Gleisbett, sie sind die Ersten, die das
Werk betrachten dürfen. Der B.Z.-Fotograf trägt den Bauhelm falsch herum.
Von einem Podest aus verkündet BVG-Chefin Sigrid Nikutta, eine gelbe Weste
überm Kostüm und mit Überschwang in der Stimme, das Unfassbare: Die
Bauarbeiten am künftigen Kreuzungsbahnhof von U5 und U6 werden pünktlich
beendet, die U6 kann ab dem 17. November wieder fahren. Anders gesagt: Die
BVG hält den versprochenen Termin ein. Während Nikutta strahlt, sehen die
Mitarbeiter neben ihr ziemlich müde aus. Musste da jemand ein paar
Extraschichten einlegen?
Fertig ist hier unten freilich noch nichts: Im neuen Bahnhof hängen Kabel
aus der Decke, die Wände sind nur grob verputzt. Die Bahnsteige, auf denen
einmal Fahrgäste warten sollen, fehlen noch. Wie Carsten Liebich,
Projektleiter für den U5-Neubau, erklärt, werden die Arbeiten an der
verlängerten U5 erst Ende 2019 abgeschlossen sein. Dann soll die Linie aus
Hönow kommend nicht mehr am Alexanderplatz enden, sondern am Roten Rathaus
und dem Humboldt-Forum vorbei zum Brandenburger Tor führen, wo sie die U55
zum Hauptbahnhof aus ihrem Stummeldasein erlöst. Der neue Bahnhof unter der
Friedrichstraße soll optisch der Station am Brandenburger Tor ähneln,
geplant wurde er von denselben Architekten.
Am Ende des Tunnels hat die PR-Abteilung der BVG eine Leinwand über die
Gleise gehängt und mit Schweinwerfern ausgeleuchtet, abgedruckt ist darauf
der Querschnitt des neuen Bahnhofs. Praktischerweise verdeckt sie auch den
Blick auf den dahinterliegenden U-Bahn-Tunnel. Der ist nicht so schön
verputzt wie der Bereich, den man stolz der Presse präsentiert.
„Wir stehen hier in einer Stahlbetonwanne, 12 Meter unter der Erde“,
erklärt Projektleiter Liebich, „der Bahnhof der U5 entsteht unter uns.“ 35
Meter wird er unter der Erde liegen und damit einer der tiefsten Bahnhöfe
der BVG sein. Als wären das nicht der Wunder genug, verkündete der
Projektleiter noch ein weiteres: Auch finanziell liegt das Bauprojekt im
Rahmen – bisher jedenfalls. 433 Millionen Euro soll das gesamte Vorhaben
kosten: die Bohrung des neuen Tunnels, der Kreuzungsbahnhof und die drei
weiteren neuen Stationen auf der U5. Wie teuer der bisherige Bauabschnitt
war, kann Liebich auf Nachfrage leider nicht konkretisieren. Aber wie viel
Stahl auf gerade mal 140 Metern neuem Tunnel verbaut wurden, weiß er: 3.000
Tonnen. Und auch was den Bau des U5-Tunnels betrifft, kann der
Projektleiter mit aktuellen Zahlen aufwarten: 428 Meter sind geschafft, die
Spree ist unterquert. Aktuell parkt der riesige Bohrer an der
Schlossbrücke, wo später der Bahnhof Museumsinsel entstehen soll.
## Wieder im Angebot: ein Geisterbahnhof
Tief durchatmen können jetzt die Fahrgäste der U6. Schon seit Sommer 2012
mussten sie im Pulk einen halben Kilometer Fußmarsch zwischen
Friedrichstraße und Französischer Straße absolvieren. Die U6 wird ab dem
17. November wieder regulär fahren, und die Linie bekommt für ein paar
Jahre quasi eine ihrer früheren Attraktionen zurück: einen Geisterbahnhof.
Noch unklar ist, was mit dem Bahnhof Französische Straße passiert, wenn der
neue Bahnhof in Betrieb genommen wird. Weil sie zu nah am neuen
Kreuzungsbahnhof liegt, wird die U6 die alte Station ohne Halt passieren.
Abreißen kann man sie aber nicht, sie steht unter Denkmalschutz. Denkbar
wären eine Ladengalerie, eine regelmäßige kulturelle Nutzung oder das
Öffnen des Bahnhofs für einzelne Veranstaltungen. „Es gibt mehrere
Interessenten für die Französische Straße“, lässt Liebich durchblicken,
konkret nennt er die benachbarten Galeries Lafayette. Die wollen ihr
Interesse auf taz-Anfrage jedoch nicht bestätigen.
Auch wenn die U6 wieder rollt: Oberirdisch werden die Verkehrsbehinderungen
Unter den Linden noch eine Weile anhalten. Erst im Frühjahr soll die
nördliche Fahrbahn wieder ganz geöffnet werden. Die südliche Fahrbahn
bleibt noch ein ganzes Jahr gesperrt. KERSTEN AUGUSTIN
29 Oct 2013
## AUTOREN
Kersten Augustin
## TAGS
Berlin
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