# taz.de -- Von der Ausfallstraße in den Volkspark: Punks auf den Schießstand | |
> Bezirksamt Altona bietet Obdachlosen von der Stresemannstraße zum | |
> Überwintern ein ehemaliges Clubheim der Polizei an. | |
Bild: Könnte zum Quartier für die Obdachlosen aus der Stresemannstraße werde… | |
HAMBURG taz | Das Angebot klingt erstmal verlockend. Die 35 Obdachlosen, | |
die seit Monaten auf der Brachfläche an der Stresemann/Ecke Kieler Straße | |
in selbst gebauten Hütten, Bauwagen oder Zelten wohnen, sollen in dem | |
Clubheim des Polizeisportvereins auf der stillgelegten Schießanlage im | |
Volkspark überwintern. Das Bezirksamt Altona hat Angst, dass jemand im | |
Winter durch Frost oder unsachgemäße Lagerfeuer ums Leben kommen könnte. | |
„Das ist wirklich die ganz große Ausnahme,“ sagte die neue | |
Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (SPD) dem NDR. „Wir haben im Moment ganz | |
viel Mühe, Flüchtlinge aus der ganzen Welt in Altona unterzubringen.“ | |
Doch so verlockend ist das Angebot für die Punks nicht – trotz sinkender | |
Temperaturen und schlammigen Verhältnissen durch Regen auf dem Platz. Denn | |
das Clubheim ist klein. Es hat zwar Sanitäreinrichtungen und ist beheizt, | |
doch für jeden Bewohner der Gruppe sind gerade mal drei Quadratmeter Platz | |
eingeplant. „Für einen Hund im Tierheim sind sechs Quadratmeter | |
vorgesehen“, sagt der Altonaer Bauausschuss-Vorsitzende und Chef der | |
Linksfraktion Robert Jarowoy trocken. | |
Geschlafen werden soll in doppelstöckigen Betten. Zudem befindet sich um | |
das Haus herum in drei Metern Abstand ein Zaun, damit die Schießstände, die | |
noch durch Munitionsrückstände der preußischen Armee kontaminiert sein | |
könnten, nicht betreten werden – also auch nicht als Auslauf für die Hunde. | |
„Da sind 60 Jahre lang Polizisten drauf rumgelaufen“, sagt Jarowoy mit | |
Unverständnis. | |
Um in diesem engen Raum zu überwintern, sollen die Heranwachsenden, die | |
sich gerade als Verein „Wildwuchs“ organisiert haben, monatlich 4.000 Euro | |
Pacht und Betriebskosten zahlen. „Der Standard ist unter dem Niveau des | |
kostenlosen Winternotprogramms, aber das Clubheim soll gepachtet werden wie | |
ein Bauwagenplatz“, kritisiert Jarowoy. | |
Das Bezirksamt setzt den Obdachlosen aber die Pistole auf die Brust. Wenn | |
„Wildwuchs“ nicht binnen acht Tagen den Platz an der Stresemannstraße | |
räumt, wird geräumt, lautet das Ultimatum. Eine Räumungsverfügung nach dem | |
Sicherheits und Ordnungsgesetz liegt nach taz-Informationen schon in der | |
Schublade der Bezirksamtsleiterin. Begründung: „Selbstgefährdung“. | |
Obwohl der Polizei seit Juli ein Strafantrag der Eigentümerfirma des | |
Geländes, Hanseatic, wegen Hausfriedensbruchs vorliegt, hat sie es bislang | |
abgelehnt, den Platz zu räumen: Es habe daran kein öffentliches Interesse | |
gegeben. Doch wenn der Bezirk ruft, muss die Polizei wohl räumen. Geködert | |
werden die Punks hinter vorgehaltener Hand mit der Aussicht, wenn sie | |
erstmal in Bahrenfeld wären, würde es niemanden kratzen, wenn der Zaun | |
beseitigt, der Schießstand genutzt und dort ein paar Bauwagen stehen | |
würden. | |
Über seinen Anwalt Andreas Beuth hat „Wildwuchs“ am Montag drei Bedingungen | |
gestellt: eine Perspektive über den 30. April hinaus zu garantieren, den | |
Pachtzins auf 2.000 Euro zu senken und die Erlaubnis zu bekommen, zwei | |
Bauwagen aufstellen und zwei Hütten errichten zu dürfen – „damit überhau… | |
alle 35 Leute unterkommen“, sagte Anwalt Beuth der taz. Das Rechtsamt im | |
Bezirksamt hat dem Juristen eine Prüfung der Forderungen zugesichert. | |
12 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
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Flensburg | |
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