# taz.de -- Lesung im HAU 1 in Berlin: Von alten und neuen Lichtmächten | |
> Wird das Museum von Google und Flickr abgelöst? Dietmar Dath und Swantje | |
> Karich mit einem Plädoyer gegen die vorschnelle „Abgetanheit der Dinge“. | |
Bild: Mehr denn je ist Bilderfahrung soziale, kommunikative Erfahrung. Bode-Mus… | |
Der größte Ertrag des Abends war vielleicht doch das Bonmot, dass es einen | |
Trend im Journalismus gebe, dahin, unbedingt als Erster das letzte Wort | |
haben zu müssen. Das versuchen wir jetzt auch einmal. | |
Als Dietmar Dath und Swantje Karich, beide Redakteure bei der Frankfurter | |
Allgemeinen Zeitung, am Montagabend ihr Buch „Lichtmächte. Kino – Museum �… | |
Galerie – Öffentlichkeit“ vorstellten, war das HAU 1 nur mäßig gefüllt.… | |
sich wohl dem Umstand verdankte, dass der andere DD, also Diedrich | |
Diederichsen, Professor für Theorie, Praxis und Vermittlung von | |
Gegenwartskunst an der Akademie der bildenden Künste, Wien, zur gleichen | |
Zeit mit dem Hamburger Soziologen Heinz Bude in der Schaubühne über | |
„Spiritualität und Pop-Musik“ sprach. | |
Das schöne Wort Lichtmächte möchte man nun spontan auch im Raum des | |
Spirituellen verorten, tatsächlich sind Lichtmächte aber einfach die Orte | |
und Institutionen, an denen wir uns rumtreiben, um uns mit Bildern | |
auseinanderzusetzen, sagt Swantje Karich. | |
Das Museum, das Kino, Google, Flickr oder auch der städtische Kunstverein. | |
Ersichtlich gibt es alte und neue Lichtmächte, wobei die alten angeblich | |
durch neue abgelöst werden. Das Plädoyer von Swantje Karich gegen die | |
vorschnelle „Abgetanheit der Dinge“ gehörte dann zu den | |
Argumentationslinien, mit denen „Lichtmächte“ Anstoß zur „visuellen | |
Mündigkeit“ geben möchte. | |
## Allmähliches Verfergigen von Gedanken | |
Es interessiert daher, so die beiden Autoren im Gespräch, nicht die | |
Ablösung, sondern das Verhältnis von alten und neuen Lichtmächten. Es | |
interessieren die Erfahrungsformen, in denen die Gesellschaft sich ein Bild | |
von sich selbst als Gesellschaft macht: Heute etwa mit dem Handy im | |
Netzwerk. Mehr denn je ist Bilderfahrung soziale, kommunikative Erfahrung. | |
Weshalb es nach Dietmar Dath und Swantje Karich nur folgerichtig, dass sie | |
„Lichtmächte“ zu zweit geschrieben haben. Und so sollte denn auch im HAU 1 | |
im dialogischen Gespräch das allmähliche Verfertigen der Gedanken zu den | |
uns umgebenden Bildern mitverfolgt werden können. Allein, so richtig ging | |
das Konzept gegen die übliche aus-dem-Buch-Vorleserei nicht auf. | |
Zum Gespräch, also dem Ergänzen, vor allem aber dem Nachfragen, Nachhaken | |
und dem Einspruch zur Präzisierung der Argumente und Beobachtungen, kam es | |
nicht. | |
Ungestört ereiferte sich Swantje Karich über den Verlust am eigenen Bild, | |
weil eben alles nicht so einfach ist, wie es ihr ehemaliger Kollege Peter | |
Richter anlässlich von Google Street View einmal behauptete. Gegen seine | |
resignative Laissez-faire-Haltung – was soll schon groß passieren, was wir | |
nicht längst wüssten – forderte sie zum Aktivismus, zum Mitmachen auf. Um | |
dann leider zu erklären zu vergessen, wie das auf eine intelligente, | |
selbstermächtigende, mündige Art und Weise geschehen soll. | |
## Bildnisse liken lassen | |
Negativ, wie man besser nicht aktiv werden soll, darüber immerhin klärte | |
sie das Publikum anhand der Staatlichen Museen zu Berlin auf, die ihre | |
Bildnisse, ihre „Stars“, liken, also vom Publikum bewerten lässt. Das war | |
dann der Punkt, an dem sie auch bemängelte, wie das Selbstbewusstsein der | |
alten Lichtmächte unnötigerweise schrumpfe – und der Punkt, an dem man sich | |
wieder einmal mit dem faden Kulturpessimismus klassischer Machart | |
konfrontiert glaubte, wenn es auch einigermaßen geschickt inszeniert, so | |
dass es nicht sofort auffiel. | |
Dietmar Dath bewegte dann der Aspekt der Marxschen „ursprünglichen | |
Akkumulation“, also der Frage, wie wird man denn überhaupt Kapitalist? In | |
Hinblick auf die Lichtemächte: Bilderkapitalist? Natürlich, wenn wundert | |
es, Dank der Politik. | |
Etwa mit Hilfe des britischen Premierminister David Cameron, der die Frage | |
nach dem Copyright der Bilder auf Flickr und Instagram mit einem Gesetz | |
beantwortete, das es bei Flickr und Instagram sieht. An diesem Punkt kam | |
auch Dath auf das Problem zu sprechen, wie man hier aktiv wird – jenseits | |
des Fakts, dass die Leute wie verrückt ihre Bilder freudig ganz umsonst | |
weggegeben. | |
Dass er bei der „Ästhetik des Widerstands“ von Peter Weiss fündig wurde, | |
bei dessen Bericht über den Vater, der alle Werkezuge und Produkte, mit | |
denen er in der Fabrik arbeitete, zu seinem Eigentum erklärte, zeigt im | |
Rückgriff auf die alten Lichtmächte der Literatur und der Arbeiterbewegung | |
ähnlich volontaristisch-heroische Züge wie sein Referenzmodell. Aber | |
immerhin, ein Vorschlag. Es finden sich im Buch selbst davon noch einige | |
ganz lohnenswerte. | |
12 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Brigitte Werneburg | |
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Schaubühne | |
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