# taz.de -- Kommentar Trümmerfrauen: Unsere Mütter, eure Opfer | |
> Mit ihrer Verhüllungsaktion in München haben die Grünen Schulze und Dürr | |
> dezent einen deutschen Mythos kritisiert. Das mag der Mob gar nicht. | |
Bild: Der Stein des Anstoßes und seine Verhüller. | |
Zu den beliebtesten Mythen der Deutschen gehört es, die eigenen Opfer des | |
II. Weltkriegs – die ursprünglichen Täter und ihr Anhang also – hätten | |
nicht betrauert werden dürfen. Dabei ging es von den späten 1940er bis weit | |
in die 1980er Jahre hinein vom Gewerkschaftskaffeekränzchen bis zum | |
Waffen-SS-Veteranentreffen ausschließlich darum, die arischen Verluste zu | |
bewältigen. | |
Eine kollektive Trauer der Deutschen um die Opfer des von ihnen | |
mehrheitlich und bis zum eigenen bitteren Ende unterstützten Nazifaschismus | |
hat es nie gegeben. Das, was die Mehrheitsdeutschen meinten, wenn sie ihr | |
Recht zu trauern einforderten, war etwas anderes. | |
Die Überlebenden und die Nachkommen der Opfer sollten anerkennen, dass | |
alles eins sei: Der in Stalingrad gefallene Wehrmachtssoldat, die beim | |
alliierten Bombardement verbrannte BDM-Funktionärin, der im Warschauer | |
Ghetto von Aufständischen erschossene SS-Mann - und die ermordeten Juden | |
Europas: Alle Opfer von "Krieg und Gewaltherrschaft". | |
Es war eben das, was es immer ist, wenn einer Verbrechen begangen hat und | |
sich partout nicht schämen und nicht entschuldigen will: Eine andere Zeit. | |
Zu den deutschen Mythen gehört es auch, München sei eine wahnsinnig | |
konservative Stadt. Nur dort könne ein Gedenkstein für die sogenannten | |
[1][//www.taz.de/Streit-um-Truemmerfrauen-Denkmal/!129141/:Trümmerfrauen] | |
aufgestellt werden. | |
Das immerhin stimmt, genauso wie es stimmt, dass wohl nur in München eine | |
offizielle politische Kraft, die Grünen nämlich, den Mut aufbringt, dieses | |
Denkmal ganz dezent mit einem braunen Tuch zu verhüllen. In Berlin | |
übernähmen hier das Subproletariat und seine Köter beziehungsweise die | |
Autonomen mit der Farbspraydose. | |
Nach den über die Grünen Abgeordneten Katharina Schulze und Sepp Dürr in | |
den asozialen Medien und in den Kommentarspalten der Zeitungen | |
hereingebrochenen Sturmtruppenergüssen, hat sich inzwischen auch jemand | |
gefunden, der [2][Anzeige] wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener | |
gestellt hat – ein Immobilienmakler aus Miesbach: Da kommt mal wieder | |
zusammen, was zusammen gehört. | |
Katharina Schulze und Sepp Dürr haben es genau richtig gemacht. Sie haben | |
mit einer symbolischen, friedlichen und preiswerten Aktion darauf | |
hingewiesen, dass in der Hauptstadt der Bewegung vor allem diejenigen den | |
Schutt weggeräumt haben, die ihn zu verantworten hatten: | |
Zwangsverpflichtete Altnazis, die der biblischen Devise folgen mussten: Wer | |
nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen. | |
13 Dec 2013 | |
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## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
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