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# taz.de -- Landesweiter Protest in Schweden: „Von Neonazi-Banditen tyrannisi…
> Nach dem brutalem Angriff auf eine Demonstration gibt es in Schweden eine
> Protestwelle. Forscher warnen vor Neonaziterror wie in den 90er Jahren.
Bild: Für Neonazis wie eine Kriegserklärung: Antirassistische Demo im Stockho…
STOCKHOLM taz | Das Jahresende in Schweden ist in diesem Jahr geprägt von
einer landesweiten Protestwelle gegen Rassismus und Neonaziaktivitäten. In
mehr als zwei Dutzend Städten versammelten sich in den Tagen vor
Weihnachten Menschen zu friedlichen Protesten.
Bis zum Jahreswechsel sind weitere Kundgebungen geplant. Auch aus dem
Ausland kommt Solidarität mit diesen Aktionen. So demonstrierten in
Finnlands Hauptstadt Helsinki mehrere hundert Einwohner unter dem Motto
„Keine Rassisten auf skandinavischen Straßen“.
Ausgangspunkt der Demonstrationen ist der Stockholmer Vorort Kärrtorp. Hier
hatten sich nach einem Aufruf von „Linie 17“ – einem der Stockholmer
Vorortnetzwerke – am vorangegangenen Wochenende Hunderte von EinwohnerInnen
zu einer Kundgebung gegen Hakenkreuzschmierereien getroffen. Diese
friedliche Veranstaltung war dann von einer Gruppe von etwa 30
schwarzgekleideten Neonazis mit Steinen, Knüppeln, Flaschen und
Feuerwerkskörpern gewaltsam gesprengt worden.
Der Überfall, bei dem es zahlreiche Verletzte gab, löste Empörung aus. Um
so mehr, als sich herausstellte, dass Polizei und Verfassungsschutz
offenbar vorab Kenntnis von möglichen Neonaziaktionen hatten, die
antirassistische Demonstration aber mit Ausnahme einer Handvoll völlig
überforderter Streifenbeamter ohne Polizeischutz geblieben war. Angeblich
waren die Vorabwarnungen „irgendwo im System hängengeblieben“.
## Hakenkreuze und Wehrsportübungen
Am vergangenen Sonntag demonstrierten in Kärrtorp rund 20.000 Menschen
gegen Rassismus. Darunter die Parteivorsitzenden von Sozialdemokraten,
Linkspartei und Grünen, der Parlamentspräsident, mehrere MinisterInnen und
Reichstagsabgeordnete sowie zahlreiche KünstlerInnen. „Den ganzen Herbst
über haben uns diese nazistischen Banditen tyrannisiert“, begründete eine
84-Jährige vor den TV-Kameras ihre Teilnahme an der Demo in Kärrtorp.
Hinter dem dortigen Überfall hatte die Svensk Motståndsrörelse (Schwedische
Widerstandsbewegung, SMR) gestanden, die derzeit gewaltbereiteste
schwedische Neonazigruppe. Nahe Kärrtorp hatten sich deren Mitglieder in
den letzten Monaten wiederholt zu „Wehrsportübungen“ getroffen und immer
wieder Hauswände rund um das Zentrum mit Hakenkreuzen, rassistischen und
antisemitischen Parolen beschmiert.
Ihre Gewalt gegen eine Demonstration mit Rentnern, Schülern und Familien
mit Kinderwagen feiern sie in ihrem Internetauftritt, in dem sie die
Bluttaten der SS rühmen und Hitlers „Lösung der Judenfrage“ als „ration…
und vollkommen verständlich“ charakterisieren, als „Konfrontation unserer
Widerstandsmänner mit Schwedenhassern“. Einer ihrer Sprecher sprach
gegenüber der Tageszeitung Dagens Nyheter von einer „Provokation“, dass man
gegen ihre Anwesenheit in Kärrtorp demonstriert habe. Das sei „mehr oder
weniger eine Kriegserklärung“.
Die SMR behauptet, mit griechischen und ukrainischen Faschisten
zusammenzuarbeiten und „realistische Nahkampfübungen“ mit russischen
Nationalsozialisten abgehalten zu haben, um Erfahrung für Straßenkämpfe und
den Kampf gegen „die schwarzen Banditen“ zu sammeln. Nach dem Überfall in
Kärrtorp hatte die Polizei 26 SMR-Mitglieder verhaftet, mehrere sind wegen
Gewalttaten und Volksverhetzung vorbestraft, ein Großteil ist unter 20
Jahre alt.
## Mehrere Morde in den 90er-Jahren
„Die SMR versucht sich als die radikalste Alternative im nazistischen
Milieu zu profilieren und die militantesten Leute anzulocken“, sagt Anders
Dalbro von der antirassistischen Organisation Expo, die schon länger vor
dieser Gruppe warnt. Man solle deren Rhetorik und Gewaltbereitschaft nicht
unterschätzen, meint auch der Historiker Mats Deland von der Universität
Uppsala. Es handle sich um eine neue Generation Neonazis, die ihre Wurzeln
im „Weißen arischen Widerstand“ hätten.
Die Gruppe ist für mehrere Morde in den 1990er Jahre verantwortlich sind,
als Schweden zuletzt von einer Terrorwelle der Neonazis heimgesucht worden
war. Allein 1995 hatte es damals sieben Morde mit rassistischem und
neonazistischem Hintergrund gegeben. Deland hofft, dass Öffentlichkeit und
Polizei diesmal wach werden, bevor es Tote gibt.
26 Dec 2013
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Schwerpunkt Neonazis
Anti-Rassismus
Überfall
Schwerpunkt Rechter Terror
Fasching
Schwerpunkt Rassismus
Minderheiten
Schwerpunkt Rassismus
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