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# taz.de -- Film über die „Königin der Herzen“: Mit Perücke in den Jazzc…
> Der Wunsch nach Romantik und das Protokoll politischer Daten vertragen
> sich schlecht in „Diana“ von Oliver Hirschbiegel.
Bild: Diana nimmt ein Bad in der Menge.
Unvermeidlich – dieses Wort beschreibt ein Biopic zu Diana, unserer aller
Königin der Herzen, so zutreffend wie sonst nur den Wechsel der
Jahreszeiten. Wer damals nach dem tragischen Unfall im Pariser Tunnel am
31. August 1997 die Hartherzigkeit besessen hätte, darauf zu wetten, wessen
Leben zuerst für die große Leinwand adaptiert würde, Diana Spencers oder
etwa Nelson Mandelas, der hätte garantiert auf Lady Di gesetzt.
Aber die Antwort auf „Warum erst jetzt?“ hat wohl mit dem Phänomen zu tun,
dass beim Thema „Lady Di“ selbst hartherzige Zeitzeugen plötzlich
sentimentale Seiten zeigen. Doch aus Sentimentalität ist noch nie ein gutes
Drehbuch geschweige denn ein guter Film entstanden.
Denn wie kritisch man den medialen Kult um die europäischen
Restadelbestände auch sehen mag, bleibt anzuerkennen, dass Diana eine Figur
war, die die Menschen weltweit emotional berührte.
Um aus diesem Stoff mehr zu machen als Fernsehkitsch, bräuchte es zumindest
den Hauch einer kritischen Distanz – oder noch besser – eine Art
Erkenntnisinteresse: Gibt es einen Aspekt dieser ihr privates Drama in
voller Öffentlichkeit lebenden Person, den man noch entdecken könnte?
## Wie es sich gehört, geht es um Liebe
Der Film „Diana“ nun, für den Oliver Hirschbiegel („Der Untergang“) die
Regie übernahm, versucht es damit, sich auf die letzten zwei Lebensjahre
der einstigen Prinzessin von Wales und darin auf einen tatsächlich weniger
bekannten Aspekt zu beschränken. Wie es sich für die „Königin der Herzen“
gehört, geht es um Liebe.
Diana besuchte offenbar Mitte der 90er Jahre ein Krankenhaus in London und
traf dort auf den Herzchirurgen Hasnat Khan. Es soll der Anfang einer
großen, aber stets geheim gehaltenen Liebesaffäre gewesen sein. Wie die
Öffentlichkeit trotzdem davon erfahren hat? Nun, aus „intimen Kreisen“, wie
es immer so heißt. Herzchirurg Khan jedenfalls gab keine Interviews,
bekannt ist nur, dass er sich gegenüber den diversen
Untersuchungskommissionen zu einer Beziehung zu Diana geäußert hat, die
wenige Wochen vor ihrem Unfalltod beendet wurde.
## Wenn die Prinzessin kocht
Hirschbiegel inszeniert die Affäre größtenteils als intimes Personendrama:
Da gibt es das zufällige Treffen im Krankenhaus, das die hier von Naomi
Watts verkörperte Diana schon gleich in teenagerhaftes Augenrollen und
Kichern versetzt. Der von Naveen Andrews (seriensüchtigen Zuschauern aus
„Lost“ bekannt) gespielte Hasnat zeigt sich zunächst denkbar unbeeindruckt
von der royalen Bekanntschaft.
Doch die bereits von Charles getrennt Lebende verfolgt ihr amouröses Ziel
mit einiger Hartnäckigkeit. Schließlich hat sie den vielbeschäftigten Arzt
soweit, dass er einer Einladung in ihren Kensington-Palast folgt. Das
selbstgekochte Dinner, mit dem sie ihn beeindrucken will, geht jedoch
gründlich schief. Aber Gott sei dank kann sich auch eine Prinzessin
Fastfood ins Haus liefern lassen.
## Das erzählerische Fleisch
Es sind solche „banalen“ Szenen, die das erzählerische Fleisch des Films
bilden: Hasnat, der im Kofferraum des Autos in den Palast geschmuggelt wird
und im Palast hilflos nach einem Aschenbecher Ausschau hält, Diana, die mit
Perücke verkleidet zum ersten Mal nächtens in einem Jazz-Club sitzt und
später als brave Hausfrau die Pizzakartons aus Hasnats Einzimmerapartment
wegräumt.
Wenn die Wächter des Kensingtonpalasts darüber scherzen, woher wohl die
zusätzlichen 80 Kilo in Dianas Audi kommen, glaubt man sich für einen
Moment in einer leichten Liebeskomödie und denkt sich, wie schön es doch
wäre, wenn der Film mehr Ähnlichkeiten zu „Ein Herz und eine Krone“ (mit
Audrey Hepburn und Gregory Peck, 1953) hätte.
Denn gerade, wenn man sich von der puren Romantik dieser Geschichte
einlullen lassen will – er bewohnt ein mieses Apartment und sie einen
Palast! Sie schenkt ihm ihr ganzes Herz, aber er hat Angst davor, in der
Öffentlichkeit zu stehen! – scheint der Film sich daran zu erinnern, dass
es sich hier um ein Biopic handelt. Da muss dann irgendwie Dianas Einsatz
gegen die Landminen abgehandelt werden, oder ein skandalträchtiges
BBC-Interview, und immer wieder ihr Status als „berühmteste Frau der Welt“.
Für diesen Stoff aber findet der Film nie den richtigen Ton. So sehr sich
die Schauspieler auch abmühen – Naomi Watts etwa kann perfekt die
dauergesenkte Kopfhaltung Dianas imitieren – wird aus dem Ganzen selten
mehr als seifiges Reenactment.
9 Jan 2014
## AUTOREN
Barbara Schweizerhof
## TAGS
Film
Steven Spielberg
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