| # taz.de -- Filme machen fast ohne Kohle: Geld ist nicht alles | |
| > Der Regisseur Klaus Lemke hat in Hamburg eine Szene von Filmemachern | |
| > geprägt. Einer davon ist Torsten Stegmann, dessen Film „Krasser Move“ nun | |
| > Premiere hat. | |
| Bild: Holt die Kohle zurück: Metin Baydak in der Rolle des Dealers in Torsten … | |
| HAMBURG taz | Mit Torsten Stegmann kann man gut über Geld reden. „Ich habe | |
| 3.000 Euro für den Film ausgegeben. Die kamen von einem Sponsoren. Bei der | |
| Filmförderung habe ich 30.000 Euro beantragt. Aber von denen habe ich | |
| nichts bekommen.“ Mehr gibt es nicht zu sagen zur Finanzierung seines neuen | |
| Films „[1][Krasser Move]“. Vielleicht das noch: Die 3.000 Euro gingen drauf | |
| für Essen, Trinken, Spritgeld und sonstige Kosten, die entstehen, wenn eine | |
| Filmcrew 15 Tage dreht. Eine Gage hat niemand bekommen. Nur draufzahlen | |
| sollten die Beteiligten nicht. | |
| „Krasser Move“ ist der zweite Langfilm des 52-jährigen Hamburgers. Der | |
| erste hieß „[2][Harry’s Comeback – Letzter Puff vor Helgoland]“ und | |
| funktionierte nach dem selben Prinzip: Laien, Profis und | |
| Semi-Professionelle machen mit fast keinem Geld einen Film, der niemals im | |
| Fernsehen und nur vereinzelt im Kino laufen wird. | |
| Statt einer ausgefeilten Geschichte transportiert der Film ein | |
| Lebensgefühl, statt vorgefertigter Dialoge gibt es Improvisation vor der | |
| Kamera. Neben ein paar ausgebildeten Schauspielern agieren mindestens | |
| gleichberechtigt Typen aus dem wirklichen Leben, die sich selbst spielen. | |
| „Ich lasse die reden, wie sie sind“, sagt Stegmann. „Ich will da nichts | |
| drüberpfropfen.“ | |
| Im Fall von „Krasser Move“ sieht das folgendermaßen aus: René Chambalu, | |
| Rentner und Gitarrist der Band Rockhaus, spielt eine halbseidene Kiezgröße, | |
| der Geld geklaut wird. Den Dieb gibt Timo Jacobs, der seit seiner | |
| Entdeckung durch den Regisseur Klaus Lemke in Berlin als Schauspieler | |
| arbeitet. Gejagt wird der Dieb von einem Dealer, den der Hamburger DJ, | |
| Eventmanager und Boxer Metin Baydak spielt. | |
| Hinzukommen ein Rechtsanwalt (gespielt von dem Musiker Christian Dabeler), | |
| dessen Frau (gespielt von der vergangenes Jahr gestorbenen Musikerin Almut | |
| Klotz) und die Managerin der Kiezgröße (gespielt von der Schauspielerin | |
| Marion Gretchen Schmitz). Ständig wird gekokst und am Ende stellt sich | |
| heraus, wer in Wirklichkeit hinter dem Diebstahl des Geldes steckt. Der | |
| Film dauert gut 60 Minuten – für mehr reicht die dürre Geschichte beim | |
| besten Willen nicht. | |
| „Krasser Move“ ist zunächst eine Parodie auf die B-Movies des Genres | |
| „Gangsterfilm“. Vor allem aber ist „Krasser Move“ ein Heimatfilm. Es ge… | |
| um trockenen norddeutschen Humor und um eine Halbwelt, wie sie nur in | |
| Hamburg vorstellbar ist. Den ironischen Beweis, dass es diese Halbwelt | |
| gibt, tritt der Film durch seine quasi authentischen Darsteller an. | |
| Die bepöbeln sich in breitem norddeutschen Dialekt. Und dazwischen gibt es | |
| immer wieder Einstellungen, die der Stadt als solcher huldigen – in | |
| Postkarten-Manier feiert die Kamera die Landungsbrücken, zeigt Hafenfähren | |
| auf der Elbe und Verladekräne in der Dämmerung. | |
| Dem Film merkt man seine limitierten Mittel durchaus an, besonders beim Ton | |
| hapert es oft. Das macht es schwierig, den Dialogen immer folgen zu können. | |
| Andererseits sind diese Brüche Teil einer Ästhetik, die auf eine gewisse | |
| Tradition zurückblicken kann. Torsten Stegmann ist ziemlich stolz, dass der | |
| mittlerweile in München lebende „[3][Rocker“-Regisseur Klaus Lemke] ihn und | |
| Stegmanns Freund und Kollegen Henna Peschel als „seine Ziehsöhne“ | |
| bezeichnet. Lemke ist Stegmanns erklärtes Vorbild, von ihm hat er sich viel | |
| abgeschaut und hält mit ihm Kontakt, so gut es geht. | |
| Das Fass, das sich hier nun aufmachen ließe, ist sehr groß und tief. | |
| Etliche Namen zum Teil befreundeter Filmemacher spielen eine Rolle, mit | |
| dabei sind beispielsweise Hark Bohm („Nordsee ist Mordsee“), May Spils und | |
| Werner Enke ([4][„Zur Sache Schätzchen“]). Ein Gründungsmythos der | |
| Hamburger No-Budget-Szene sind die beiden „Rollo Aller“-Filme, die Henna | |
| Peschel 1990 und 1992 gedreht hat. Rocko Schamoni und Christian Dabeler | |
| spielten damals die Hauptrollen. | |
| Für Torsten Stegmanns neues Werk sind diese Referenzen künstlerisch | |
| wichtig, aber wirtschaftlich hilfreich sind sie nicht. Von den | |
| Fleischtöpfen der Filmförderung ist Stegmann weit entfernt. „Die mögen | |
| meine Geschichten nicht“, sagt er. „Weil wir improvisieren und wegen der | |
| Leute, die da mitspielen.“ Auch einen Verleih wird Stegmann nicht finden: | |
| „Die Verleihe haben Angst, dass so ein Film floppt und sie draufzahlen | |
| müssen.“ | |
| Stegmann bleibt nur, Kinobetreiber gezielt anzusprechen und so zu | |
| Vorführungen zu kommen. Konzentrieren will er sich auf Kinos in | |
| Norddeutschland – wegen des trockenen Humors. Auch München könnte klappen, | |
| meint Stegmann, „weil die dort Lemke haben“. | |
| Abgesehen von der Premiere im Metropolis gibt es derzeit noch keine | |
| Termine. Auch ist noch unklar, ob es eine DVD des Films geben wird. | |
| Am Ende von „Krasser Move“ gehen übrigens alle Beteiligten leer aus. „Ge… | |
| ist nicht alles“, sagt Stegmann. „Das ist die Message des Films.“ | |
| Premiere „Krasser Move“: 18. Januar, 21.15 Uhr, Metropolis, Hamburg | |
| Internet: [5][krassermove.wordpress.com] | |
| 8 Jan 2014 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://youtu.be/_EdLxcTQuFQ | |
| [2] http://www.myvideo.de/watch/9328017/Harrys_Comeback_Letzter_Puff_vor_Helgol… | |
| [3] http://www.machdichgrade.de/ | |
| [4] http://www.spiegel.de/kultur/kino/kino-auf-spiegel-tv-zur-sache-schaetzchen… | |
| [5] http://krassermove.wordpress.com/ | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Irler | |
| ## TAGS | |
| Filmförderung | |
| Rocko Schamoni | |
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