# taz.de -- Akustik-Pop: Die Nordlichter | |
> Das Hamburger Duo Clickclickdecker erzählt unaufgeregte Geschichten | |
> zwischen nordischer Klarheit und kryptischer Poesie. Nun gehen Kevin | |
> Hamann und Oliver Stangl mit ihrer neuen Platte auf Tour | |
Bild: Clickclickdecker alias Kevin Hamann (links) und Oliver Stangl sehen eher … | |
HAMBURG taz | Mit einem freundlichen, aber verhaltenem Lächeln setzt sich | |
Kevin Hamann an den Tisch in einem schwedischen Café in Hamburg. Der | |
Vollbart, den er auf den Fotos im Booklet seines neuen Albums trägt, ist | |
wieder weg. Nur der Schnurrbart steht noch. Die Produktionsphase des Albums | |
ist vorbei, nun geht Hamann damit auf Tour. | |
Kevin Hamann ist der Mann hinter Clickclickdecker. Wenigstens war das mal | |
so. Das einstige Solo-Projekt mit Songs aus dem Heimstudio ist gewachsen. | |
Die aktuelle Platte heißt „Ich glaub Dir gar nichts und irgendwie doch | |
alles“ und ist das Werk des Duos Kevin Hamann und Oliver Stangl. Es klingt | |
anders als die alten Click-Alben: Viele analoge Instrumente machen es | |
folkiger, aufgeräumter und auch ruhiger als seine Vorgänger. | |
Anders als viele ihrer deutschen Kollegen schaffen es Clickclickdecker, | |
weder kitschig noch moralisierend zu wirken, wenn sie über Liebe und | |
Resignation singen. Das liegt wohl weniger an der Musik, als an den Texten. | |
Die sind oft kryptisch und absurd. Aber manchmal eben auch klar und | |
deutlich. Denn „kein Satz wird dadurch besser / dass du ihn ständig nur | |
wiederholst“. | |
Kevin Hamann redet unheimlich schnell, in kurzen Sätzen, scheinbar ohne | |
Luft zu holen. Als müsse er sich beeilen, alle Gedanken auch wirklich | |
loszuwerden, bevor sie von neuen verschluckt werden. Bruchstücke, Sprünge, | |
ein bisschen wie in seinen Texten: „Die Arme geöffnet, den Eingang weit | |
versperrt, sicher keine Absicht.“ | |
Die Melodien sind allerdings nicht so. Kein Spur von Atonalität, keine | |
Brüche. Ein Arrangement aus Gitarre, sanften Stimmen und vielen kleinen | |
klangliche Überraschungen. Kevin Hamann kann keine Noten lesen. Alle | |
Instrumente spielt der Künstler selber ein. Gelernt hat er keines davon. | |
## Chaos im Kopf | |
Der Wahl-Hamburger hasst Proben und ist ein Freund von „first takes“. | |
Warten mag er nicht, Rumfeilen auch nicht. Er hakt gerne ab: „Was weg ist, | |
ist weg und brummt nicht mehr.“ | |
Der Autodidakt mag es, wenn die Dinge unter seiner Regie ablaufen. Lieder, | |
Grafik, Merchandise, Booking – alles geht über seinen Tisch. Sein | |
Ex-Bandkollege und Chef des Hamburger Audiolith-Labels Lars Lewerenz | |
behauptet allerdings, Hamann habe Chaos im Kopf. Dabei wirkt der Musiker | |
eigentlich völlig aufgeräumt: Der Hemdkragen lugt sauber unter dem | |
eigenwilligen Pulli hervor, die Arme sind auf den Tisch verschränkt, auf | |
jede gestellte Frage folgt zügig eine Antwort. Auch im Film „Emmelsbüll und | |
die letzten 12“, den Sophie Krische zum Album gedreht hat, erlebt man | |
Hamann gelassen und hochkonzentriert. | |
Trotzdem stimmt der Künstler der Aussage, er habe Chaos im Kopf, zu. „Ich | |
brauche ganz klare Strukturen, um mit meinem Chaos zurechtzukommen.“ Da | |
scheint es zu helfen, dass Hamann sich auch in einigen anderen Projekten | |
musikalisch ausleben kann. Zum Beispiel mit dem Elektropunk-Duo Bratze. | |
Laut wird es bei Clickclickdecker nie. „Ich glaub Dir gar nichts und | |
irgendwie doch alles“ ist deshalb aber noch lange keine unauffällige | |
Platte. Sie hat Ecken und Kanten, so wie Hamann. „Ich würde dir ab und zu | |
aufs Maul hauen / schlecht gelaunt und abgebrannt“, singt er in einem Song. | |
„Es ist ja nie so gewesen / dass ich dich nicht mag“, im anderen. | |
Desillusioniert und ehrlich erzählt er Geschichten in Teilsätzen. Was sie | |
im Endeffekt bedeuten, das überlässt er gerne jedem selbst. Auch darin | |
unterscheidet sich Hamann von seinen deutschen Pop-Kollegen. Während Max | |
Herre predigt und sich die Songs von Kettcar grundsätzlich reimen, freut | |
sich Hamann, wenn seine Texte anders interpretiert werden, als er sie | |
gemeint hat. | |
Einige der Click-Texte machen wirklich erst beim wiederholten Male Hinhören | |
Sinn. Andere vielleicht nie. Aber manchmal fallen auch Sätze mit | |
Grußkartenqualität: „Wenn man immer nur zurückschaut / ist irgendwann | |
nichts mehr da.“ | |
Biografisch gesehen ist Kevin Hamann ein Nordlicht. Geboren 1980 in | |
Hohenschönhausen, ging es über Husum nach Kiel, dann nach Flensburg und | |
schließlich nach Hamburg. Köln, München oder Berlin-Mitte haben ihn nie | |
interessiert. Fragen beantwortet er höflich und distanziert. Die | |
Single-Auskopplung aus dem Album erzählt von einem Tag im Tierpark | |
Neumünster. | |
Mit Leidenschaft spricht er von seiner Arbeit mit seinem Freund Stangl, von | |
Wind und Meer und von den Aufnahmen im Nordfriesischen Watt’n Sound-Studio. | |
Der Deich, der Sturm, das Wasser, die spielen eine große Rolle in den | |
Texten und den Melodien der Songs. Auf den Fotos aus der Studiozeit sehen | |
Hamann und Stangl aus wie zwei friesische Seebären in Mütze und | |
Strickpulli. Auch diese Bilder stammen von Sophie Krische. In Schwarz-Weiß | |
natürlich und mit harten Kontrasten in norddeutscher Landschaft. | |
11 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Kristina Appel | |
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