Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kulturpolitik der SPD: Zukunftskonzepte Mangelware
> Nachdem in Berlin André Schmitz als Kulturstaatssekretär gehen musste,
> macht sich die Ratlosigkeit der SPD-Kulturpolitik bemerkbar.
Bild: André Schmitz und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit 2013.
BERLIN taz | „Für eine neue Kulturpolitik“. Pünktlich zum letzten
Bundestagswahlkampf entdeckten die Genossen ein unterschätztes Politikfeld.
Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sammelte mehr oder weniger kreative Geister
um sich: den Musikmanager Tim Renner, den Schriftsteller Michael
Kumpfmüller und die Designprofessorin Gesche Joost.
Und er legte eine schicke Broschüre mit dem Untertitel „Kultur, Kunst und
Kreatives Schaffen stärken“ in Kreativviolett auf. Darin fanden sich so
wunderbare Formulierungen wie die von der „Kunst als schönsten Form der
Freiheit“ oder die Forderung nach Mindesthonoraren für KünstlerInnen. Nach
der Wahl wanderte das Programm ins Altpapier.
Vom Urheberrecht bis zur Künstersozialkasse gelangte zwar manches in den
rot-schwarzen Koalitionsvertrag. Doch die Kulturstaatsministerin stellt die
Union, die SPD zieht sich aufs Soziale zurück. Gerade da, wo die Partei
ihre „neue Kulturpolitik“ pur umsetzen könnte, passt sie. In
Nordrhein-Westfalen hat die Kümmerfrau Hannelore Kraft das Politikfeld der
Zukunft in einem Gemischtwarenministerium zwischen Jugend, Familie und
Sport gut versteckt.
Am eklatantesten fällt die kulturpolitische Fehlanzeige SPD in Deutschlands
Kulturhotspot Nummer eins auf. Berlin sonnt sich gern im Ruf der
beliebtesten Kulturmetropole der Welt. Die Politik kann dafür wenig.
Künstler und Kreative kommen nämlich trotz der örtlichen Kulturpolitik nach
Berlin. Und es sieht nicht danach aus, als ob sich an dem perspektivlosen
Herumgewurschtle etwas ändern würde, wenn Klaus Wowereit zu Beginn dieser
Woche einen Nachfolger des über seine Steuerhinterziehung gestolperten
Kulturstaatssekretärs André Schmitz benennen wird.
## Paradigmatisch unfähig
Wir wollen nicht ungerecht sein: Schmitz hat gute Leute in die Berliner
Theater geholt. Er hat den Kulturetat gesteigert. Und seinem Chef Klaus
Wowereit – der Regierende ist in Berlin zugleich selbst Kultursenator – den
Rücken frei gehalten.
Doch sowohl beim Desaster der Kunstausstellung „Based in Berlin“ (2011) wie
auch beim Unwillen, den Exportschlager Sasha Waltz in der Stadt zu halten,
zeigte sich beider paradigmatische Unfähigkeit, mit den neuen hybriden
Kulturformen und den subkulturellen Szenen, die für das Berlin der
Nachwende charakteristisch sind, anders als instrumentalistisch umzugehen.
Aus den knapp acht Jahren des Duos ist vor allem ein nachhaltiges
programmatisches Vakuum in Erinnerung.
In Berlin bündeln sich alle Kulturprobleme wie im Brennglas: freie Szene
versus Hochkultur. Wie kann Kultur mit Migration und Globalisierung
umgehen? Wie entgeht sie dem Prekariat? Ist die Kreativwirtschaft der
Freund oder der Feind der Kunst? Oder: Wann wird aus Architektur wirklich
Urbanität?
In Frankfurt am Main erfand Hilmar Hoffmann einst das sozialdemokratische
Gütesiegel „Kultur für alle“. Berlin wäre der paradigmatische Ort, die
„kulturelle Demokratie“, die Hoffmann vorschwebte, auf das 21. Jahrhundert
auszulegen. Doch dazu hatten weder Wowereit noch Schmitz Grundsätzliches
beizutragen.
Wissenschaftsstaatssekretär Nevermann, Kulturprojekte-Chef van Dülmen,
Senatskanzlei-Chef Böhning, Philharmoniker-Chef Hoffmann – keiner der
Namen, die an der Berliner Gerüchtebörse als Schmitz-Nachfolger gehandelt
werden, überzeugt. Schon gar nicht der von Berlinale-Chef-Dieter Kosslick.
Für sein spannendstes Politikfeld braucht Berlin keinen Frühstücksdirektor,
Administrator oder Blitzableiter seines Herrn, sondern einen
Programmatiker. Und zwar einen, der eigenständig Senator ist. Alles andere
wäre ganz alte Kulturpolitik.
19 Feb 2014
## AUTOREN
Ingo Arend
## TAGS
André Schmitz
Berlin
Kulturstaatssekretär
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.