# taz.de -- Prozess vor dem Landgericht: Was nicht zu beweisen war | |
> Mehrere Rocker der „Mongols“ sind des bandenmäßigen Drogenhandels | |
> angeklagt. Doch die Staatsanwaltschaft erlitt schon im Vorfeld eine | |
> Niederlage. | |
Bild: Das Medieninteresse ist groß bei diesem Prozess, das Polizeiaufgebot auc… | |
BREMEN taz | Dass sie mit illegalen Drogen gehandelt haben, ist | |
einigermaßen unstrittig. Es geht um die Menge. Vor allem aber: Es geht um | |
die „Bande“, die Rocker – in diesem Falle: die „Mongols“. | |
Vier Männer müssen sich seit Freitag vor dem Bremer Landgericht | |
verantworten, weil sie „bandenmäßig“ mit Betäubungsmitteln „in nicht | |
geringer Menge“ gehandelt haben sollen. Einer von ihnen ist Ibrahim M., der | |
einem stadtbekannten mhallami-libanesischen Clan angehört. | |
Zusammen mit dem ebenfalls angeklagten und ebenfalls vorbestraften Dirk R. | |
bildete er die Führungsriege des örtlichen Ablegers des Motorradclubs | |
„Mongols MC“. Inzwischen ist der Verein in Bremen verboten. Seine Leute | |
lieferten sich wiederholt öffentliche Auseinandersetzungen mit den | |
konkurrierenden Rockern der Hells Angels. | |
Die Staatsanwaltschaft hätte die Männer gern wegen insgesamt 28 Taten | |
angeklagt, bei denen es um 30 Kilogramm Marihuana und 20 Kilo Amphetamine | |
gehen soll. Vor Gericht verantworten müssen sie sich aber nur wegen eines | |
Vorfalls – und zweieinhalb Kilo Marihuana. | |
Warum? Das Bremer Landgericht sah die Beweislage in den anderen 27 Fällen | |
als „nicht ausreichend“ an, um damit einen „hinreichenden Tatverdacht“ … | |
begründen. Also wurde kein Verfahren eröffnet. | |
Polizei und Staatsanwaltschaft sind nun frustriert, wie Innensenator Ulrich | |
Mäurer (SPD) jüngst auch dem Weser-Kurier offenbarte. Zumal hinter dem | |
Verfahren sehr lange und aufwendige Ermittlungen stecken. Alles mit dem | |
Ziel, den Rockern nachzuweisen, was stets vermutet wird: dass sie unter dem | |
Deckmantel des „Mongols MC“ organisierte Kriminalität betreiben. Doch das | |
ist juristisch ziemlich schwierig. | |
Vor Gericht geht es jetzt um einen Deal aus dem vergangenen Jahr, an dem | |
auch die nun angeklagten Igor R. und Tobias H. beteiligt gewesen sein | |
sollen. Letzterer wird den „Garingas“ zugerechnet, einer | |
Vorfeldorganisation der „Mongols“. | |
H. hatte zudem eine Vorderschaftrepetierflinte – etwas cooler: Pumpgun | |
genannt – und die Munition dazu. Als Käufer der Drogen kamen befreundete | |
Rocker aus Neubrandenburg angereist, die sich jetzt dort vor Gericht | |
verantworten müssen. Der Deal platzte, als die Polizei zugriff. | |
Hernach präsentierte sie die Ergebnisse dieser Aktion stolz der Presse; | |
beschlagnahmt worden waren auch Kutten der „Mongols“, mehrere Hundert | |
Cannabis-Pflanzen oder ein als Taschenlampe getarnter Elektroschocker. Die | |
Kriminalpolizei sprach von einem Schlag gegen die Rocker, von einem großen | |
Erfolg, „der bundesweit Auswirkungen auf MCs“ haben werde. | |
Die vier Männer, so die Anklage, sollen sich „in bewusstem und gewollten | |
Zusammenwirken“ als Bande verbunden haben – um damit illegale Aktivitäten | |
der „Mongols“ zu finanzieren. Das wird nun zu beweisen sein. Die | |
Beschuldigten selbst schweigen zu alledem. Der Prozess begann am Freitag | |
unter großem Medieninteresse und allerlei Sicherheitsvorkehrungen, auch | |
Sympathisanten der beiden Hauptangeklagten saßen im Publikum. | |
Die Verteidigung hält einen der Schöffen für befangen – weil er im | |
Führungsstab der Polizei in Bremerhaven arbeitet; er ist dort für die | |
Kommunikationstechnik zuständig. Die Verteidiger misstrauen ihm allesamt – | |
als Polizist sei er „nicht unparteiisch“, sein Einsatz als Schöffe deshalb | |
„höchst bedenklich“. Ob er weiter über die Angeklagten zu Gericht sitzen | |
darf, ist aber noch nicht entschieden. | |
Albert Timmer, einer der Anwälte von Herrn M., misstraut dem Prozess aber | |
auch noch aus einem anderen Grund: Es gebe Versuche von politischer Seite, | |
„das Verfahren zu beeinflussen“, sagt er, unter anderem mit dem Verweis auf | |
Mäurers Interview mit dem Weser-Kurier. Auch den – abgelehnten – Wunsch der | |
Innenbehörde, einen „privilegierten Platz“ im Gerichtssaal zu bekommen, | |
interpretiert Timmer entsprechend. Die Staatsanwaltschaft wies das als | |
„völlig unbegründet“ zurück. | |
Den Angeklagten drohen Haftstrafen von mindestens fünf Jahren. Aber nur, | |
wenn am Ende als erwiesen gilt, dass der Drogenhandel wirklich ein | |
„bandenmäßiger“ war. | |
21 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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