# taz.de -- Disput um Notunterkünfte: Keine Wohnung, kein Kind | |
> Der Hamburger Senat nahm einem obdachlosen lettischen Paar zeitweise sein | |
> Baby weg – wegen Kindeswohlgefährdung. Kritik weisen die Behörden zurück | |
Bild: Taugt nicht als Unterkunft für Babys: Schlafsaal des Winternotprogramms … | |
Darf man Eltern ihr Neugeborenes wegnehmen, weil sie keine Wohnung finden? | |
Dass dies Praxis Hamburger Behörden sein kann, hat im Februar ein junges | |
Paar aus Lettland erfahren. Die Wanderarbeiter übernachteten im städtischen | |
Winternotprogramm in der Spaldingstraße und zeitweise im Hotel. Weil sie | |
wohnungslos sind, nahm das Jugendamt ihnen ihre Tochter Miranda wenige Tage | |
nach der Geburt am 13. Februar weg. | |
Der Grund: Kindeswohlgefährdung. Der Mutter wurde gesagt, dass sie das Kind | |
bis zu ihrer Ausreise nur zweimal am Tag sehen dürfe. Inzwischen sind | |
Eltern und Baby wieder vereint, weil das Rote Kreuz ihnen für einen Monat | |
eine Unterkunft besorgt hat. | |
Nun hat der Hamburger Senat in einer Antwort auf eine Anfrage der | |
Linken-Politikerin Cansu Özdemir zu dem Fall Stellung genommen. Darin wird | |
der Vorwurf zurückgewiesen, die Mutter sei zur Ausreise gedrängt worden. | |
Sie sei vielmehr darauf hingewiesen worden, dass sie im Fall einer Ausreise | |
das Kind zurückbekäme. Vor der Geburt gemachte Vorschläge seien außerdem | |
von den Eltern nicht angenommen worden. | |
## Nur Erfrierungsschutz | |
Standpunkt der Hamburger Sozialbehörde ist, dass Menschen aus Osteuropa, | |
die hier keine Arbeit haben, auch keinen rechtlichen Anspruch auf | |
Sozialleistungen haben. Dazu zählt auch der Anspruch auf öffentliche | |
Unterbringung. Lediglich der Erfrierungsschutz in Massenunterkünften des | |
Winternotprogramms wird ihnen gewährt. Dort gibt es aber keine Plätze für | |
Familien. Eine angemessene Betreuung für Neugeborene sei „im Rahmen des | |
Winternotprogramms nicht möglich“, schreibt der Senat nun in seiner | |
Antwort. | |
## Kinder und Schwangere | |
Trotzdem kommen immer wieder Wanderarbeiter mit ihren Kindern oder | |
Schwangere in die Stadt, die hier keine Wohnung finden. „Wir versuchen | |
dann, gemeinsam mit Wohlfahrtseinrichtungen und Kirchen individuelle | |
Lösungen zu finden“, sagt Sozialbehördensprecher Marcel Schweitzer. | |
„Bislang haben wir das auch immer geschafft.“ | |
Vor den Sozialgerichten wird derzeit darum gestritten, ob es tatsächlich | |
keinen Leistungsanspruch für die arbeitslosen Osteuropäer gibt. | |
Möglicherweise verstößt das deutsche Sozialgesetz hier gegen EU-Recht. | |
Diese Auffassung vertritt die Diakonie: „Wir gehen davon aus, dass bei | |
korrekter Rechtsanwendung die meisten Osteuropäer durchaus einen | |
Sozialrechtsanspruch haben“, sagt der Fachbereichsleiter Migration beim | |
Diakonischen Werk, Dirk Hauer. | |
Eine endgültige Entscheidung in dieser Frage wird im Sommer vom | |
Europäischen Gerichtshof erwartet. Unabhängig von einem Anspruch auf | |
Sozialleistungen müssten obdachlose Familien nach dem Ordnungsrecht aber | |
ohnehin gemeinsam im Winternotprogramm untergebracht werden, sagt Hauer. | |
5 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Benjamin Laufer | |
## TAGS | |
Obdachlosigkeit | |
Todesurteil | |
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