Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Die Münchner „Abendzeitung“
> Schick, schick, Schickeria: Die Boulevardzeitung muss Insolvenz anmelden.
> Nicht nur für Münchnen ist das ein herber Verlust.
Bild: Pfiati: Franz Xaver Kroetz und Senta Berger in „Kir Royal“.
Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an, sang Udo Jürgens, der alte
Troubadour. Nicht so für dich, geliebte Abendzeitung. Dein Leben endet nun
– just 66 Jahre nach deiner Gründung.
Am Aschermittwoch, dem Tag, an dem die Feierwilden daheim im Bett den
Faschingskater kurieren, beantragte die Geschäftsführung dein
Insolvenzverfahren. Welch ein Katzenjammer! Zu viele Millionen hatte deine
Produktion in den letzten Jahren verschlungen – und seit Jahrzehnten schon
immer weniger eingebracht. Keine Schlankheitskur hat etwas genützt. Es
schien, als schlüge in den Herzen der MünchnerInnen keine Liebe mehr für
dich und das, wofür du einst mit so viel Verve eingetreten warst.
Klugen Boulevard wolltest du machen. Klatsch und Tratsch und
Stadtgeschichten links des Establishments erzählen. Münchens Glamour und
Lässigkeit in Wort und Bild für die Ewigkeit bannen und dem kleinen Mann –
und der kleinen Frau – am Frühstückstisch servieren.
Wie schön waren die Zeiten, als dir und deinen Mannen das in Saus und Braus
gelang. Einem von ihnen, Michael Graeter, dem Klatschreporter, der sie alle
hatte und kannte, schrieb Helmut Dietl mit Baby Schimmerlos und der
80er-Jahre-Serie „Kir Royal“ sogar eine Rolle auf den Leib. Damals war die
Leopoldstraße noch eine echte Flaniermeile, in deren Lokalen der Champagner
in Strömen floss. Freddie Mercury zog nachts durch die Discos, und Giorgio
Moroder nahm gemeinsam mit den Rolling Stones und Queen in seinem Studio im
Arabellahotel die Platten auf. Schick, schick, Schickeria!
Am Ende nun hat dich sogar Anneliese Friedmann im Stich gelassen. Deine
Verlegerin, sie konnte, sie wollte dich nicht länger mit ihrem
Privatvermögen retten. Ach Spatzl, das soll es nun gewesen sein? Ja mei,
kann man nichts machen. Servus, pfiati, Bussi, tschau.
7 Mar 2014
## AUTOREN
Marlene Halser
## TAGS
München
Abendzeitung
Schwerpunkt Zeitungskrise
Abendzeitung
Abendzeitung
Abendzeitung
Schwerpunkt Zeitungskrise
Abendzeitung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Münchener „Abendzeitung“: Nur noch eine Zeitung
Seit einer Woche erscheint die neue „Abendzeitung“: Von außen sieht sie
fast aus wie immer. Dabei hat sich drinnen viel verändert.
Übernahme der „Abendzeitung“: Rückenschule statt Champagner
Der konservative Verleger Martin Balle kauft die insolvente „Abendzeitung“.
Er will sie zu einem Boulevard-Heimatblatt umbauen. Der Chefredakteur geht.
„Straubinger Tagblatt“ übernimmt „AZ“: Die Abendzeitung wird geviertelt
Das „Straubinger Tagblatt“ übernimmt die „Abendzeitung“. Nur 25 der 100
Redakteure sollen bleiben. Der Inhalt wird zum Großteil von der
Schwesterzeitung geliefert.
Pleite der „Münchner Abendzeitung“: Men in Black
Die „Münchner Abendzeitung“ hat Insolvenz angemeldet. Doch die Mitarbeiter
wollen nicht aufgeben. Jetzt wird ein Investor gesucht.
Münchner Boulevardzeitung ist pleite: „Abendzeitung“ sucht Investor
Die Münchner „Abendzeitung“ hat seit 2001 mehr als 70 Millionen Euro an
Verlusten angehäuft. Nun hat die Boulevardzeitung Insolvenz angemeldet.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.