| # taz.de -- Konsumgut 3-D-Drucker: Vom Copyshop zur Minifabrik | |
| > 3-D-Drucker sind gerade dabei, den Massenmarkt zu erobern. Damit haben | |
| > sie das Potenzial, die Produktion von Waren komplett umzukrempeln. | |
| Bild: Da war er noch ein unbekanntes Druckobjekt: 3-D-Drucker auf der Computerm… | |
| BERLIN taz | Kein Rattern und Klappern wie das der Nadeldrucker damals, | |
| kein rhythmisches Surren wie von heutigen Laser- oder Tintenstrahldruckern. | |
| 3-D-Drucker verrichten ihre Arbeit diskret. Leises Klacken, ab und an ein | |
| Piepen, dazu blaues Licht, das den Druckkopf, der den Kunststofffaden | |
| Schicht um Schicht zu einer Skulptur aufbaut, in eine Kunstwelt taucht. | |
| „Das blaue Licht ist nur zum Schönaussehen“, sagt Manfred Ostermeier, | |
| Geschäftsführer des 3-D-Druckladens Botspot, und klopft auf das | |
| mikrowellengroße Gerät. Ein bisschen farbliche Atmo für alle, denen es zu | |
| profan ist, dass aus dem geschmolzenen Kunststofffaden aus Maislaktat hier | |
| ein Ersatzteil für die Kaffeemaschine entsteht. Oder ein Bär in | |
| Miniaturformat. Oder ein Brillengestell. | |
| 3-D-Drucker sind dabei, vom spezialisierten Industrieprodukt zu einem für | |
| den Massenmarkt zu werden. Auch wenn der Preis nach oben offen ist – | |
| günstigere Drucker sind mittlerweile für um die 600 Euro zu haben und | |
| liegen damit im selben Preissegment wie ein iPhone der aktuellen | |
| Generation. Die Geräte werden die Produktion im gleichen Maße verändern, | |
| wie der E-Commerce den Einkauf von Waren verändert hat, prognostiziert etwa | |
| das Marktforschungsinstitut Gartner. | |
| Bei Ostermeier beginnt einer der Drucker gerade damit, ein von einem Kunden | |
| entworfenes Teil auszudrucken. Undefinierbare Form, gerade mal daumengroß, | |
| rot. Der Drucker zieht das Rohmaterial von einer Spule ein wie eine | |
| überdimensionierte Nähmaschine. Leitet es durch einen Kanal hin zum | |
| Druckkopf, wo der Kunststoff erhitzt wird, auf 165 Grad. Und schichtet dann | |
| die flüssigen Fäden aufeinander. So entsteht die charakteristische | |
| Oberfläche des fertigen Produkts: aus der Nähe betrachtet nicht ganz glatt, | |
| sondern mit haarfeinen Rillen. Diese Rillen und die Einfarbigkeit – denn | |
| außer bei spezialisierten Druckern ist das Mischen von Farben und | |
| Materialien noch nicht möglich – sind es wahrscheinlich, anhand deren man | |
| in 10 Jahren die heute hergestellten Dinge eindeutig als Objekte aus der | |
| Anfangsphase des Massen-3-D-Drucks wird identifizieren können. | |
| ## Egal ob Tasse oder Turnschuhe | |
| Bis 2016, so schätzen die Marktforscher von Gartner, werden auch | |
| 3-D-Drucker, die mit ihrer Leistung und ihrem Funktionsumfang für | |
| Unternehmen gedacht sind, für weniger als 2.000 US-Dollar auf dem Markt | |
| sein. Das ermögliche neue Unternehmensformen und eine Verlagerung der | |
| Produktion. „Wir werden selbst zu kleinen Fabriken“, prognostiziert | |
| Ostermeier. Ist die Vorlage eines Gegenstands – sei es eine Tasse oder ein | |
| Turnschuh – erst einmal entworfen, kann jeder mit Zugang zu einem Drucker | |
| das Objekt selbst erzeugen. | |
| „Es ist gut möglich, dass sich die Produktion nach Hause oder in Copyshops | |
| verlagert und nur noch Baupläne verkauft werden“, sagt Hauke Prüß, der an | |
| der TU Braunschweig zu 3-D-Druckern forscht. Erfolgt die Produktion genau | |
| dann, wenn ein Objekt gebraucht wird, macht das einen weiteren Schritt der | |
| Logistik überflüssig: Vorräte. „Wir werden eher auf Bestellung arbeiten und | |
| wenig Lagerhaltung haben“, sagt Ostermeier. Und schließlich: Langlebigkeit. | |
| Ostermeier erzählt von einer Kundin, die ihre Kaffeemaschine aus den 1960er | |
| Jahren nicht mehr nutzen konnte – defekt, Ersatzteil nicht mehr erhältlich. | |
| Nach 25 Minuten und 96 Schichten war das etwa kugelschreibergroße Teil | |
| gedruckt, die Maschine lief wieder. 3-D-Druck bietet so das Potenzial für | |
| eine längere Nutzung von Objekten. | |
| Werden wir also in Zukunft nicht mehr in einen Laden, ob online oder in der | |
| Fußgängerzone, gehen, sondern die Tasse oder den Turnschuh direkt zu Hause | |
| ausdrucken? Ostermeier überlegt. „In die Zukunft gedacht ist das möglich.“ | |
| Er erwartet eine Mischung, ähnlich wie bei den zweidimensionalen Druckern: | |
| Günstigere Geräte für kleinere Aufträge zu Hause, spezialisierte | |
| Dienstleister mit teureren Maschinen für komplexere Objekte. | |
| ## „Waffen sind auf dem Schwarzmarkt billiger zu haben“ | |
| Die Schattenseite des neuen Werkzeugs machte vor einem Jahr Schlagzeilen: | |
| die Veröffentlichung eines Bauplans, mit dem man sich selbst eine | |
| Schusswaffe ausdrucken kann. Tests zeigten zwar schnell, dass solch eine | |
| Waffe aus Plastik eine Gefahr vor allem für den Schützen ist, weil sich das | |
| Material sofort verzieht. Doch Ende des Jahres druckte ein texanisches | |
| Unternehmen eine Waffe aus Metall – Drucker, die das können, kosten derzeit | |
| rund eine halbe Million Euro. „Da sind Waffen auf dem Schwarzmarkt billiger | |
| zu haben“, sagt Ostermeier. Offen bleibt, ob Metalldrucker irgendwann | |
| einmal so erschwinglich werden wie die heutigen Kunststoffdrucker. | |
| Prüß vergleicht die Entwicklung mit der von zweidimensionalen Druckern: | |
| „Wir befinden uns gerade in der Phase, in der die ersten Nadeldrucker | |
| Einzug in die Haushalte fanden.“ Und wie das immer so ist in der | |
| Anfangsphase, geht es erst einmal darum, auszuprobieren. Was ist überhaupt | |
| möglich, was sinnvoll, und was geht vielleicht nun mit einem 3-D-Drucker, | |
| das vorher überhaupt nicht möglich war? | |
| Leichtere Schuhsohlen zum Beispiel, daran experimentiert die | |
| Bekleidungsindustrie. Teile, die nach dem Matroschka-Prinzip | |
| zusammengesetzt sind, ohne dass es bei der jeweils äußeren Hülle Öffnungen | |
| oder Nahtstellen gibt. Oder neue Strukturen von Materialien, von denen | |
| heute noch völlig unklar ist, ob und in welchen Bereichen der 3-D-Druck | |
| nicht nur die Produktion, sondern auch das Produkt von Grund auf verändern | |
| könnte. | |
| 9 Mar 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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