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# taz.de -- Saubere Luft: Theoretisch klimaneutral
> Forscher legen Machbarkeitsstudie vor, wie Berlin seine CO2-Emissionen
> senken kann. Kritiker fordern Senat zum Handeln auf.
Bild: Das ist die Berliner Luft: freie Sicht bis zum Horizont
Berlin weiß jetzt, wie es zu einer klimaneutralen Stadt werden kann: Am
Montag hat Umweltsenator Michael Müller (SPD) die „Machbarkeitsstudie
Klimaneutrales Berlin 2050“ von deren Verfassern unter Leitung des
Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) entgegengenommen. „Ohne
die größte Stadt Deutschlands wird der Umstieg von der fossil-nuklearen auf
die effizient-erneuerbare Wirtschaftsweise nicht gelingen“, sagte
PIK-Direktor Hans-Joachim Schellnhuber.
Auf 300 Seiten beschreiben die Forscher, was die Stadt in den Bereichen
Verkehr, Gebäude, Energieversorgung, Wirtschaft und Konsum unternehmen
muss, um seine Kohlendioxid-Emissionen so massiv zu senken, dass damit das
globale Klimaneutralitätsziel erreicht werden kann – das Weltklima sich bis
2050 also um nicht mehr als 2 Grad erhöht. Berlin ist heute für den Ausstoß
von 21,3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich. Wäre die Stadt 2050
tatsächlich klimaneutral, dann hätte sie ihre Emissionen bis dahin auf 4,5
Millionen Tonnen gesenkt. Berlins Bewohner müssten ihren Pro-Kopf-Verbrauch
also von aktuell 6,2 Tonnen pro Jahr auf 1,7 Tonnen reduzieren.
Möglich ist das allemal – laut der Studie. Doch keiner der entscheidenden
Sektoren dürfte dann vernachlässigt werden. Berlins Gebäude, gegenwärtig
für satte 47 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich, müssen in deutlich
höherem Tempo energetisch saniert werden: Die jährliche Sanierungsrate muss
von aktuell 0,8 Prozent auf 1,5 bis 2 Prozent steigen, damit es weniger
Energie vor allem für die Beheizung braucht. Bevölkerungszuwachs und
Neubauaktivitäten machen eine entschiedene Nachverdichtung der Wohnbebauung
unumgänglich. Gleichzeitig müssen Grün- und Freiflächen erhalten bleiben.
Autos dürfen den Forschern zufolge in Zukunft entweder nur noch ohne
fossile Antriebe oder kaum mehr für die Fortbewegung Einzelner dienen,
stattdessen werden Ausbau und Pflege der Rad- und Nahverkehrsinfrastruktur
immer wichtiger. Beim Verkehr wie insgesamt beim Konsum der Privathaushalte
sind Teil-, Tausch- und Reparaturnetzwerke in den Kiezen wichtige Bausteine
zur Klimaneutralität. Der Wirtschaft schlägt die Studie
Null-Emissionen-Gewerbeparks und den Ausbau bestehender
Klimaschutzpartnerschaften vor.
Klimaneutralität hätte laut der Studie auch positive wirtschaftliche
Effekte: 67 bis 138 Millionen Euro pro Jahr könnte der Umbau der Stadt an
kommunalen Steuereinnahmen, Einkommen für Beschäftigte und
Unternehmensgewinnen bringen.
In Sachen Energieversorgung verabschieden die Forscher die bisher
dominierende Sichtweise, eine Stadt wie Berlin könne sich niemals
vollständig selbst mit Strom versorgen: Ein massiver Ausbau der
Solarenergie und eine Fokussierung auf Umwandlungstechniken, die Strom zu
Gas oder Methanol machen, könnten Berlin mittelfristig sogar zum
Stromexporteur werden lassen. Ein eigenes Stadtwerk und die
Rekommunalisierung der Energienetze könnten dabei eine wichtige Rolle
spielen.
Was aus all den schönen Szenarien aber tatsächlich konkret wird, ist offen.
Denn die Studie stellt den Mittelpunkt eines Dreischritts dar, den sich
Umweltsenator Müller für die Klimapolitik vorgenommen hat: Vor zwei Wochen
hatte er einen Entwurf für ein Berliner Energiewendegesetz vorgelegt.
Dessen maßgeblicher Inhalt ist es, den Entwurf eines weiteren Konzepts
festzuschreiben – in diesem sollen dann konkrete Klimaschutzmaßnahmen
stehen, die wiederum auf den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie fußen.
„Zeit wird’s“, sagt Grünen-Energieexperte Michael Schäfer. Statt Studie…
in denen stehe, was eh schon jeder wisse, brauche es endlich konkrete
Handlungsschritte. Kritik übten auch BUND und Handwerkskammer, die einen
5-Punkte-Plan für sofort umzusetzende Energiewende-Maßnahmen vorlegten.
17 Mar 2014
## AUTOREN
Sebastian Puschner
## TAGS
Ökostrom
China
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