# taz.de -- Verrückter Schuss: Naldos Tor ist nicht normal | |
> Aus 34 Metern Entfernung trifft "Knalldo" in der 89. Minute ins | |
> Frankfurter Tor. Mit dem 2:1 rückt beim VfL Wolfsburg tatsächlich die | |
> Champions League in den Bereich des Möglichen. | |
Bild: Jubelnder Held: Wolfsburgs Naldo (l.) feiert seinen Ausnahme-Treffer zum … | |
Es gibt keinen Fußballgott im Universum. Es gibt nur den menschlichen | |
Versuch, über die Vorstellung eines Fußballgottes einen Sinn zu finden. | |
Oder einen Verantwortlichen. Physikalisch war es einfach so, dass der | |
Wolfsburger Naldo eine Minute vor Schluss den Ball aus 34 Metern | |
reindonnerte. Es war jenseits jeder Spielstrategie, aber es führte zu einem | |
2:1-Sieg des VfL Wolfsburg, was für dieses Team und seine Anhänger | |
selbstverständlich einen Sinn ergibt. | |
Die von Naldos Blitz getroffenen Frankfurter dagegen verstehen die Welt | |
nicht mehr. „Stinksauer“ war Trainer Armin Veh, weil der Eintracht bei | |
1:0-Führung (Stefan Aigner, 11.) nach einer Stunde ein zweiter Treffer von | |
Joselu fälschlicherweise von Peter Gagelmann zurückgepfiffen worden war. | |
Der VfL Wolfsburg hat jedenfalls nach einer durchwachsenen Rückrunde | |
ernsthafte Chancen auf die Champions League. Das liegt daran, dass sich | |
beim Kampf um Platz 4 um ein „Schneckenrennen“ (Wolfsburger Zeitung) | |
handelt, da die Konkurrenten Leverkusen und Mönchengladbach noch seltener | |
gewinnen. | |
## Projekt de Bruyne | |
Der VfL spielte auch gegen Frankfurt einen ordentlichen, aufwendigen und | |
arbeitsethisch einwandfreien Ballbesitzfußball. Er war aber wie zuletzt | |
gegen Augsburg selten in der Lage, einen sauber verteidigenden Gegner durch | |
individuelle Kreativität oder Tempo-Kurzpassspiel zu destabilisieren. Weil | |
man ja zu Helden-oder-Versager-Epen neigt, gibt es derzeit eine Tendenz, | |
diese Stagnation als Problem von Kevin de Bruyne, 22, zu beschreiben, den | |
Sportdirektor Klaus Allofs im Winter für viel Geld vom FC Chelsea geholt | |
hat. | |
Die Idee ist, mit ihm statt dem vermeintlichen Spielverzögerer Diego mehr | |
Speed und Dynamik ins Angriffsspiel zu bekommen. Das Projekt ist aber noch | |
nicht sichtbar vorangekommen. | |
Aber de Bruyne ist nicht der einzige Kreativspieler mit | |
Steigerungspotenzial. Flügelstürmer Ivan Perišić ist nach einem Jahr immer | |
noch nicht stabil. Und der aus der eigenen Fußballschule kommende | |
Maximilian Arnold hing mehrere Spiele durch, ehe er Mitte letzter Woche in | |
Bremen mal wieder zum Matchwinner wurde. | |
## 13 Chancen | |
Da erspielte sich der VfL insgesamt ungewöhnlich viele Chancen, nämlich 13. | |
Und da fehlte de Bruyne, weshalb sich manche Beobachter die Frage stellen, | |
ob sich die Qualitäten der beiden möglicherweise nicht optimal ergänzen. Es | |
kann aber auch sein, dass das Problem weiter hinten beginnt, beim soliden, | |
aber meist komplett erwartbaren Spielaufbau des VfL, der weder de Bruyne | |
noch Arnold in interessante Situationen bringt. | |
Damit ist nicht gesagt, dass de Bruyne keine Probleme hätte. Man spürt, | |
dass er es selbst spürt. Seine fehlerhafte Vorstellung schien dann auch in | |
einen negativen Höhepunkt zu münden, als er nach 68 Minuten einen | |
Flankenfreistoß statt auf Naldos Kopf meterhoch über das Tor schaufelte. | |
Doch während die VW-Arena schon fatalistisch stöhnte, brachte sich der | |
Belgier auf Rechtsaußen mit einem Streichelübersteiger in die ideale | |
Flankenposition, wodurch Stürmer Ivica Olić das 1:1 gelang (69.) Man wolle | |
einen de Bruyne, „der mit Risiko spielt“, sagte Trainer Dieter Hecking | |
hinterher. Die Ballverluste sind auch ihm zu viele, aber er nehme sie in | |
Kauf, „wenn dann die entscheidenden Aktionen dabei sind“. | |
Was Olić angeht, so war es mittlerweile bereits sein zehntes Saisontor, | |
nicht schlecht für einen, der eine Neuneinhalb ist und kein Stoßstürmer wie | |
der wiedererstarkte, aber derzeit verletzte Konkurrent Bas Dost. Bei allem | |
Respekt vor beiden kann man wohl davon ausgehen, dass Allofs auf dieser | |
Position aktiv wird, wenn der Abstand zu Platz 2 oder 3 in der nächsten | |
Saison verringert werden soll. | |
## „Nicht schießen!“ | |
Bis auf Weiteres bleibt es dabei, dass der VfL in dieser Saison einen Plan | |
hat. Aber keinen zweiten, falls Plan A nicht funktioniert. Dennoch hat man | |
eine ganze Reihe von Spielen gedreht, eine „Riesenqualität“, wie Hecking | |
sagt. Auch weil man zäh ist und den Gegner müde spielt, sicher. Das allein | |
hätte ein weiteres solides 1:1 ergeben. | |
Doch dann kam der Ball zu Ronaldo Aparecido Rodrigues, den die Fachwelt | |
Naldo, aber eben auch „Knalldo“ nennt. Obwohl er das Tor aus der Entfernung | |
kaum sehen kann, legt er sich die Kugel zurecht. Hecking denkt auf der | |
Bank: „Was macht er jetzt?“ Und Allofs neben ihm ruft besorgt: „Nicht | |
schießen, nicht schießen!“ Aber Naldo trifft den Ball, wie er ihn nach | |
Selbsteinschätzung „noch nie getroffen hat“. Das Teil zischt ab und voll in | |
den Winkel. Und Frankfurts Trainer Veh zischt hinterher: „So ein Tor ist | |
nicht normal.“ Sicher nicht. Aber es ist physikalisch möglich. | |
30 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Peter Unfried | |
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