# taz.de -- Spielfilm über Mobbing: „Bilder sind mächtiger“ | |
> Autorin Jana Simon schrieb eine Reportage über einen gequälten Schüler. | |
> Daraus entstand das Drehbuch zum Film „Neufeld, mitkommen!“ | |
Bild: Die Schauspieler Christina Große und Ludwig Skuras mit Journalistin Jana… | |
taz: Frau Simon, Sie haben die Geschichte zu dem Film „Neufeld, mitkommen!“ | |
bereits 2002 für eine Zeitungsreportage aufgeschrieben. Wie wurde daraus | |
ein Drehbuch? | |
Jana Simon: Die Autorin Kathi Liers hatte 2004 meine Geschichte in dem | |
Reportageband „Alltägliche Abgründe“ gelesen. Sie rief mich an und fragte, | |
ob wir mal einen Kaffee trinken gehen könnten. Als wir uns dann trafen, | |
schlug sie vor, ein gemeinsames Drehbuch zu schreiben. Ehrlich gesagt, habe | |
ich damals nicht daran geglaubt, dass daraus wirklich einmal ein Film | |
werden würde. | |
Hätten Sie die Geschichte in andere Hände geben können? | |
Ja, aber ich glaube, für Journalisten ist es immer spannend, irgendwann | |
auch einmal fiktional zu schreiben, zu erleben, was passiert, wenn man | |
nicht mehr an Fakten gebunden ist, wenn man sich selbst ausdenken kann, wie | |
es weitergehen könnte. Da öffnet sich eine ganz andere Dimension. Das hat | |
mich gereizt. | |
Konnten Sie denn einfach Ihre journalistische Brille ablegen? | |
Nein, natürlich nicht. Ich war diejenige, die ständig fragte: Kann das | |
wirklich so sein, ist das stimmig? Ich neige dazu, immer wieder zur | |
Wirklichkeit zurückzukehren und zum Beispiel die Fakten noch mal zu | |
recherchieren. Aber vielleicht ist genau das für die filmische Arbeit auch | |
ein Vorteil. In meinem Hauptberuf bin ich nun mal Reporterin, Reportagen | |
sind meine Leidenschaft. In sofern war die Zusammenarbeit mit Kathi Liers | |
ganz wichtig, weil sie keine Journalistin ist, sondern vom Film kommt. Sie | |
hat meine Realitätssucht ab und an gebremst, um die Geschichte dramatischer | |
zu machen oder ihr eine andere Wendung zu geben. | |
In Ihrer Reportage beschreiben die Täter sehr genau, wie sie ihren | |
Mitschüler gequält haben. Warum fehlen diese Szenen im Film? | |
Sie sind leider rausgeflogen. Wir hatten die Szenen geschrieben und lange | |
daran gearbeitet. Am Ende war es eine Regieentscheidung, sie rauszunehmen, | |
weil sie einfach nicht gut genug geworden sind. Für Kinderdarsteller ist so | |
etwas auch sehr schwer zu spielen. Als Autorin kann man da nichts machen. | |
Beim Film ist man viel mehr Handwerker als im Journalismus: Man schreibt | |
etwas, liefert es ab, und ein anderer macht weiter. Film ist eben eine | |
Teamarbeit. | |
Wie war es, den Film zum ersten Mal zu sehen? | |
Für Autoren ist das ja nie einfach. Ich habe den Film das erste Mal | |
zusammen mit Kathi Liers bei mir zu Hause gesehen. Das war hart und schön | |
zugleich. Auf der einen Seite finde ich, dass es ein wirklich gelungener | |
Film ist. Andererseits gibt es Stellen, an denen ich schlucken musste. | |
Welche? | |
Ich vermisse die Tätersequenzen, weil dem Film dadurch eine Komponente | |
fehlt: die Täterperspektive. Gerade wenn man aus dem Journalismus kommt, | |
ist man ja davon überzeugt, dass immer alle Seiten zu Wort kommen müssen. | |
Im Film funktioniert das eben nicht immer. | |
Sind die Filmbilder nicht trotzdem einem Text überlegen? | |
Ich glaube, dass Bilder mächtiger sind als Worte. Aber Menschen tatsächlich | |
berühren, sie in einen anderen emotionalen Zustand versetzen können meiner | |
Meinung nach Texte stärker. Die Wirkung eines Textes ist direkter, | |
unmittelbarer und in gewisser Weise intimer. Als Autor ist man dabei mit | |
dem Leser allein. | |
2 Apr 2014 | |
## AUTOREN | |
Lan-Na Grosse | |
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