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# taz.de -- Die Wahrheit: Schildkröten-OP auf Fabergé-Niveau
> Tagebuch einer treuen Seele: Was einem so zustößt, wenn es endlich mit
> einer Verabredung geklappt hat.
Bild: Soll man ein Bühnenstück das „Die Neger“ heißt, in „Die Weißen�…
Wer in der modernen Welt Freundschaften pflegen will, der weiß, wie schwer
es ist, sich spontan oder gar überhaupt zu verabreden. Das Leben ist
vollgestopft mit Arbeitsterminen, kulturellen Erbauungen und
Yoga-Wochenenden; bevor man also endgültig vergisst, wie der Andere
aussieht, bleibt oft nur, sich nach einem „Dann komm doch einfach mit“ an
seine Agenda dranzuhängen.
So kommt es, dass gemeinsame Quality Time in einer Kneipe im Berliner
Stadtteil Wedding verbracht wird, wohin die Tochter einer Freundin einer
Freundin geladen hat. Über den Anlass des Events – irgendwas mit Benefiz –
gab es nur undeutliche Informationen. Das Unterstützeraufkommen ist
beeindruckend, ein Pferdeschwanz tragender Wirt zapft Bier im Akkord.
Auftritt der Tochter – wie sich herausstellt, klassische Gesangsstudentin –
mit ebenfalls bezopftem Begleitgitarristen. Der Männerzopf wird nie
sterben! Wer einmal im Grunewald an der „Spinner-Brücke“ zwischen
Motorradfahrern gefrühstückt hat, der weiß, wovon die Rede ist. Aber dazu
ein andermal.
Es folgt die Ankündigung, man werde jetzt ein Benefizkonzert geben; Ziel
sei, einem die Sängerin seit ihrer Kindheit begleitenden, geliebten
Haustier eine fürs Studentenbudget unerschwingliche Operation zu
ermöglichen. Nun ist ja bekannt, dass Menschen, die in künstlerischen
Berufen arbeiten, hochsensibel sind. Häufig bedürfen sie nach ihren
Auftritten des Trosts, und wer spendet diesen zuverlässiger als des
Menschen bester Freund? Gleich kommt einem pelzig Kuscheliges in den Sinn,
beispielweise ein freundlich sabbernder Labrador oder eine anschmiegsame
Katze, weshalb die Mitteilung, bei dem Patienten handele es sich um Katie,
die Schildkröte, eine gewisse Überraschung auslöst.
Während des ungewöhnlich warmen letzten Sommers haben sich nach
ausgedehnten Balkon-Sonnenbädern in Katies Innenleben Eier gebildet, und
obwohl sie mit erst 20 Jahren gemessen an „Harriett“, welche 256-jährig
2006 im Zoo von Kalkutta verstarb, blutjung ist, kann das im Hormonrausch
überhitzte Mädel jetzt den potenziellen Nachwuchs nicht verarbeiten.
Weshalb die Eier, sagt der Doktor, für schlappe 500 Euro rausmüssen. So
eine Schildkröte produziert 3 bis 5 Eier, wir bewegen uns auf
Fabergé-Niveau! Ein wirtschaftlicher Totalschaden, erwägt man, dass eine
Neuanschaffung … aber pfui, wer denkt so etwas! An dieser Stelle erfährt
der erschütterte Zuhörer, dass schon Katies Schwester vor Jahren einen
Umzug nach Holland klimatisch nicht verkraftete und dort einer
Lungenentzündung erlag. Touché!
In Gedanken bereits bei der Verabredung des folgenden Tages – einer
Schulaufführung – lauscht man fortan ergeben zwei Stunden opernhaft
vorgetragenenen Country Songs und irischen Balladen, konsumiert eine
angemessene Menge Alkohol, greift am Ende in die Brieftasche und rettet
Leben.
PS: Am 23. Mai ist „Welt-Schildkrötentag“. Bis dahin rockst du wieder,
Katie! Zum Feiern empfiehlt sich das Album „Turtle Crossing“ von Terra
Ferma.
16 Apr 2014
## AUTOREN
Pia Frankenberg
## TAGS
Klopapier
Schwerpunkt Rassismus
Uli Hoeneß
Tierwelt
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