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# taz.de -- Männerfußball-Profiteam kriegt Trainerin: Kein Werbegag
> Helena Costa trainiert mit Clermont Foot als erste Frau einen
> französischen Männerfußball-Zweitligisten. Die Reaktionen darauf sind
> positiv.
Bild: Hier noch als Nationaltrainerin Katars an der Seitenlinie: Helena Costa
PARIS taz | Erstmals wird in Frankreich eine Frau männliche Berufsfußballer
trainieren. Clermont Foot, ein Zweitligaverein aus Clermont-Ferrand, hat
für die kommende Saison die 36-jährige Portugiesin Helena Costa als
Trainerin angestellt.
Das Communiqué von Klubpräsident Claude Michy hat über Frankreich hinaus
für Schlagzeilen gesorgt und wird in der männlich dominierten Sportwelt
ausgiebig kommentiert. Doch Michy versichert den Skeptikern, es handle sich
„nicht um einen Werbegag“. Er hat den bisherigen Trainer entlassen,
Clermont liegt auf dem 14. Rang und braucht dringend neue Impulse und
Ideen. Die soll und will jetzt Costa bringen.
Costa ist 1978 in Alhandra zur Welt gekommen, in einer Familie, in der
sich, wie sie sagt, niemand für Fußball interessiert. Doch ihr bedeutet
dieser Sport alles: „Ich will mein Leben dem Fußball widmen. Ob dies bei
einer weiblichen oder männlichen Mannschaft ist, spielt keine Rolle.“
An Diplomen und praktischer Erfahrung mangelt es ihr nicht. Sie schloss ihr
Studium in Sportmethodik an der Universität von Lissabon als Beste ihres
Jahrgangs ab und war zwölf Jahre lang Trainerin der Junioren von Benfica
Lissabon, assistierte ihrem Vorbild José Mourinho bei Chelsea, sichtete und
rekrutierte portugiesische Spieler für Celtic Glasgow und wurde schließlich
Trainerin des weiblichen Nationalteams von Katar und von Iran. Für den
großen Auftritt vor den Medien aber muss sie sich noch wappnen; vor die
internationale Presse will sie darum erst Mitte Juni treten.
## Gezwitscher von Blatter
Vorerst aber wird sie mit Vorschusslorbeeren und Glückwünschen
überschüttet. Als gute Nachricht bezeichnet Sepp Blatter Costas
Nominierung. Der Fifa-Präsident gratulierte ihr per Twitter, und da er auch
die unfairen Seiten des Sportmilieus kennt, wünscht er ihr „viel Glück mit
Clermont Foot“.
Sportministerin Najat Vallaud-Belkacem, die in der Regierung zugleich auch
für Frauenrechte und die Jugend zuständig ist, beglückwünschte die
Verantwortlichen von Clermont. Die heutzutage noch mutige Anstellung von
Costa belege, dass sie dort verstanden hätten, in Zukunft den Frauen im
Berufsfußball mehr Platz einzuräumen. Die Französisch sprechende
Portugiesin Costa ist vorerst eine Pionierin. Die Zeitung Libération
erinnert daran, dass 1999 Carolina Morace den italienischen Drittligaklub
Viterbe trainiert hatte, dort aber nach drei Spielen das Handtuch geworfen
hatte.
In Frankreich halten sich die Kritiker vorerst bedeckt. Niemand zweifelt,
dass es viele gibt, die nur darauf warten, bei der ersten Gelegenheit mit
hämischen Macho-Sprüchen über Costa herzufallen. „Der französische Fußba…
war immer sehr sexistisch und frauenfeindlich“, warnt Maxime Marchon vom
Magazin SoFoot. Er erinnert daran, dass noch kürzlich ein Berater des
Klubpräsidenten von Olympique Lyonnais im Rundfunk zum Thema Frauen und
Fußball meinte: „Ich diskutiere nicht mit Frauen über Fußball. Die sollen
sich um die Pfannen kümmern, dann geht alles besser …“
Solche Machos will Costa in die Abseitsfalle laufen lassen. Das ist
natürlich eine Frage des Erfolgs. „Wenn sie mangels Resultaten nach sechs
Monaten kapituliert, werden die Sexisten triumphieren.“
## Die Sache mit der Dusche
Jacques Salze, Abwehrspieler im Team von Clermont, sagt, er habe keine
Vorurteile: „Der Trainer ist der Boss, ob das nun ein Mann oder eine Frau
ist. Wir akzeptieren ihre Autorität. Wenn sie kompetent ist, was wir
glauben, wird es keine Probleme geben.“ Sein Teamkollege Emmanuel Imorou
ahnt, dass es für seine Trainerin nicht einfach sein wird, er befürchtet
mehr Probleme seitens der Medien und des Publikums: „Sie wird der Kritik
enorm ausgesetzt sein, sie muss sich sofort durchsetzen.“
Helena Costa kommt mit einem anderen Stil und der „akademischen“ Methode
Portugals, wo Fußball als Wissenschaft an der Universität gelehrt wird.
Emmanuel Imorou aber plagen derzeit andere Sorgen: „Was geschieht, wenn sie
in die Umkleideräume kommt, und wir sind unter den Dusche?“
Nun ja, Helena Costa ist immerhin 36 und hat in ihrem Leben wahrscheinlich
schon Schrecklicheres gesehen als eine Horde verschwitzter nackter
Fußballer. Konkret wird sie sich einfach an dieselbe Regel halten wie
umgekehrt männliche Trainer von Frauenteams und nicht unangemeldet
hereinplatzen.
9 May 2014
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
Fußball
Tennis
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