# taz.de -- Karlspreis der Sudetendeutschen: Verführer und Versöhner | |
> Milan Horacek war Grüner der ersten Stunde. Jetzt bekommt er den | |
> Karlspreis der Sudetendeutschen. Das klingt irrer, als es ist. | |
Bild: Horacek engagierte sich im Bundestag für die deutsche Einheit und die de… | |
Als „verkommenen Parlamentarier“ hat ihn Joschka Fischer Anfang der 80er | |
Jahre einmal bezeichnet: Milan Horacek, Alt-68er, Grüner der ersten Stunde, | |
war damals in den Frankfurter Stadtrat eingezogen. Fischer gab noch den | |
außerparlamentarischen Sponti, der sich hartnäckig weigerte, Horaceks | |
Aufnahmeanträge für die Ökopartei zu unterschreiben: „Fass ihn, der will | |
mich verführen“, will Fischer aus Spaß zu seinem Hund gesagt haben. Bald | |
darauf zogen Horacek und Fischer gemeinsam in den Bonner Bundestag ein. | |
Horacek stand meist im Schatten des späteren Außenministers. Aber die | |
Ehrung, die Horacek am Wochenende zuteil wird, mutet auf den ersten Blick | |
fast so verrückt an wie die Karriere des Taxifahrers Fischer: Am Samstag | |
erhält er den Karlspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Ein Grüner | |
als Preisträger der Vertriebenen! | |
Horacek wurde 1946 in Velké Losiny geboren, einem Ort im Altvatergebirge. | |
Die Mutter war Deutsche, blieb von den Vertreibungen aber verschont. Erst | |
als die sowjetischen Panzer den Prager Frühling niederwalzten, floh Horacek | |
nach Deutschland. Der Grenzer, der ihn empfing, war Sudetendeutscher – und | |
brachte Horacek Kaffee und den Playboy, während er auf sein Verhör wartete. | |
Endlich im Westen! | |
Horacek engagierte sich im Bundestag für die deutsche Einheit und die | |
deutsch-tschechische Aussöhnung, wurde 1991 Büroleiter der Böll-Stiftung in | |
Prag, danach Abgeordneter in Brüssel. Aber im Grunde haben sich die | |
Sudetendeutschen mehr auf Horacek zubewegt als umgekehrt. Noch den | |
EU-Beitritt der Tschechen versuchte die Landsmannschaft zu blockieren, weil | |
die Prager Regierung die Beneš-Dekrete, die die Vertreibung legalisierten, | |
nicht aufhob. | |
Erst seitdem der tschechische Premier Petr Nečas die Vertreibung bedauerte, | |
setzen die Sudetendeutschen deutlich auf Versöhnung. „Überall, wo es im | |
deutsch-tschechischen und sudetendeutsch-tschechischen Dialog Fortschritte | |
gab, war Horacek als Vermittler, gegen nationalistische Scheuklappen | |
kämpfend, mittendrin“, schreibt der Sprecher der Sudetendeutschen und | |
Noch-CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt zur Verleihung des Karlspreises. | |
5 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
## TAGS | |
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