# taz.de -- SchwimmerInnen auf dem Trockenen: Baden gehen | |
> Laut UN-Menschenrechtskonvention gibt es ein Recht auf Erholung – auch an | |
> Stränden. Doch vor allem an Niedersachsens Küsten müssen Besucher für | |
> dieses Recht Geld geben. | |
Bild: Fast überall in der Weser ist Schwimmen wieder erlaubt - Bremerhaven all… | |
HAMBURG taz | Der Cluvenhagener Baggersee ist eigentlich kein Badesee. Es | |
gibt keine Mülleimer, Klos oder Rettungsschwimmer und die Wasserqualität | |
prüft auch niemand. Badende gibt es aber sehr wohl. Man erzählt sich, dass | |
der Besitzer des Seegrundstücks früher mit seinem Trecker angerauscht kam, | |
grimmig guckte und die ungebetenen Badegäste vertrieb. Man erzählt sich | |
aber auch, dass auf dem Grund des Sees eine unglücklich verliebte Frau | |
liegt oder wahlweise eine tote Kuh. | |
Der kleine See gehört zu einem der letzten Binnendünengebiete zwischen | |
Bremen und Verden und liegt zwischen dem sanft hügeligen Daverdener Holz | |
auf der einen und platter Marsch auf der anderen Seite. Kommt man vom Wald | |
her, muss man sich durchs Unterholz schieben, bis der Wald sich lichtet, wo | |
die weiße Düne sanft zum Ufer abfällt. Im Sommer riecht es nach | |
Tannenzapfen. Hartnäckig hält sich das Gerücht, es sei verboten, hier zu | |
baden. | |
Kostenlos und erholsam ist es in jeden Fall, und genau darauf gibt es sogar | |
einen Anspruch. Es gibt laut UN-Menschenrechtskonvention das Recht auf | |
Erholung – auch umsonst und draußen. Doch die einen können es sich leisten, | |
für einen Tag am Strand zu bezahlen und dort auszuspannen, die anderen | |
möchten sich am See oder Meer erholen, ohne Geld zu geben. An | |
Niedersachsens Küsten ist das allerdings schwierig, denn wer baden will, | |
muss Eintritt bezahlen. | |
Grundsätzlich gilt: Baden erlaubt | |
Grundsätzlich gilt, dass das Baden nicht extra erlaubt werden muss. Passend | |
zum Bundesnaturschutzgesetz, das allen Menschen erlaubt, die „freie | |
Landschaft“zu betreten, darf man also in jeden Baggersee oder auch in die | |
Nordsee springen. Es sei denn, es handelt sich um Hafenbereiche, | |
Naturschutzgebiete oder Privatbesitz. So schreiben es auch die | |
Badegewässerverordnungen der Länder fest. Diese grundsätzliche | |
Bade-Erlaubnis gilt nicht nur für die rund 280 offiziellen EU-Badegewässer, | |
die es in diesem Jahr allein in Niedersachsen gibt, sondern für jeden noch | |
so kleinen Tümpel. | |
An Niedersachsens Nordseeküste ist das allerdings oft ein eher | |
theoretisches Recht. Denn im Gegensatz zum Harz, wo nur Kurtaxe zahlen | |
muss, wer über Nacht bleibt, wird an der Küste auch jeder Tagesausflügler | |
zur Kasse gebeten. Cuxhaven an der niedersächsischen Nordseeküste etwa hat | |
seine Strände samt der vorgelagerten Deiche eingezäunt. Wer hier an den | |
Strand will, muss am Zaun entlangwandern bis zur nächsten Öffnung, wo von | |
Mai bis Oktober abkassiert wird. Auch wer seine Füße nur kurz ins Watt | |
stecken will, muss drei Euro Eintritt pro Person bezahlen. | |
Wie im Schwimmbad | |
Einer der unschönen Nebeneffekte dieser Praxis ist die schlechte Stimmung. | |
In Cuxhaven Duhnen verkauft die Kassiererin die Eintrittskarten aus einem | |
hellblauen Strandkorb heraus. „Hamses nicht kleiner?“, fragt sie, als das | |
Pärchen ihr einen 50-Euro-Schein reicht. Nee, haben sie nicht. Grummelig | |
rollt die Kassiererin zwei Karten ab, grummelig geht das Paar an den | |
Strand. Ein Tag am Meer fühlt sich so weniger nach Wind und Freiheit an, | |
sondern eher wie ein Schwimmbadbesuch mit Schlangestehen. | |
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20 Jun 2014 | |
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## AUTOREN | |
Ilka Kreutzträger | |
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Bremen | |
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