# taz.de -- Entführte israelische Teenager: Schüler tot aufgefunden | |
> Die drei verschleppten Jungen sind ermordet worden. Sie wurden südlich | |
> von Bethlehem gefunden. Israel fliegt Angriffe auf Ziele im Gazastreifen. | |
Bild: Das Haus von einem der Hauptverdächtigen, Amer Abu Aisheh, steht in Hebr… | |
JERUSALEM taz | Die drei entführten israelischen Teenager sind tot. 18 Tage | |
nach dem Verschwinden des 19-jährigen Eyal Ifrach und der beiden | |
16-jährigen Talmudschülern Naftali Frenkel und Gilad Schaer fanden Soldaten | |
ihre Leichname nicht weit vom Ort der Entführung nur wenige Kilometer | |
südlich von Bethlehem. | |
Bereits am Montag gegen Mittag wurde ein Sicherheitsbeamter auf den | |
frischen Sandberg aurmerksam, unter dem die drei Israelis, die offenbar | |
schon kurz nach ihrem Verschwinden ermordet wurden, vergraben waren. Ein | |
Hubschrauber evakuierte die toten Körper, die zur Autopsie nach Tel Aviv | |
gebracht wurden. An der Identität der drei bestand aufgrund ihrer | |
Kleidungsstücke kein Zweifel. Trotzdem wurde der Fund erst am Abend zur | |
Veröffentlichung freigegeben. Die Suche nach den Tätern dauert an. | |
Regierungschef Benjamin Netanjahu berief noch in der Nacht das | |
Sicherheitskabinett ein, um über mögliche Maßnahmen gegen die Hamas zu | |
entscheiden, die er von Beginn an für die Entführung verantwortlich hielt. | |
„Die Hamas ist verantwortlich und die Hamas wird bezahlen“, erklärte | |
Netanjahu. Die Jugendlichen seien von „wilden Bestien entführt und | |
kaltblütig ermordet“ worden, teilte er mit. Zunächst fasste das Kabinett | |
aber keine Beschlüsse. Erst am Dienstag nach der Beerdigung solll über | |
Maßnahmen entschieden werden. | |
Die Hamas hatte zwar jedes Zutun zu dem Gewaltakt abgestritten, die | |
Entführung aber auch nicht verurteilt. Im Rahmen der massiven militärischen | |
Suche mit dem Namen „Kommt zurück, Brüder" verhafteten Soldaten 600 | |
Palästinenser, die zur überwiegenden Mehrheit mit der Hamas in Verbindung | |
stehen, darunter auch führende politische Köpfe, wie den ehemaligen | |
Parlamentspräsident Abd-el Asis Dweik. | |
## Schlichtungsvertrag mit Hamas lösen? | |
Fünf Palästinenser starben bei gewaltvollen Zwischenfällen mit den | |
israelischen Sicherheitskräften, und rund Zweitausend Häuser wurden | |
durchsucht. Die Armee beschlagnahmte Bargeld und Gold, Computer und sogar | |
Flaggen der Hamas. | |
Netanjahu forderte von Palästinenserpräsident Machmud Abbas, den | |
Schlichtungsvertrag mit der Hamas zu lösen. Erst Anfang Juni hatten sich | |
die seit 2007 zerstrittenen Fraktionen der Fatach und der Hamas auf die | |
Gründung einer Einheitsregierung von Technokraten geeinigt, die bis zu | |
Neuwahlen innerhalb von sechs Monaten die Regierungsgeschäfte verwalten | |
sollte. Zu Zwischenfällen kam es in den vergangenen zweieinhalb Wochen auch | |
innerhalb Ramallahs, als eine aufgebrachte Gruppe von palästinensischen | |
Demonstranten das eigene Polizeihauptquartier in der Stadt angriff, um | |
gegen die Sicherheitskooperation der Autonomiebehörde mit Israel zu | |
protestieren. | |
Laut bisheriger Friedensverträge ist die palästinensische Polizei für die | |
Sicherheit in den Städten und größeren Ortschaften zuständig. Während der | |
Operation „Kommt zurück, Brüder“ räumten die uniformierten Palästinenser | |
das Feld für die israelischen Soldaten für die Razzien in Hebron, Ramallah | |
und in Jenin. Der palästinensische Politiker und Menschenrechtsaktivist | |
Mustafa Barghouti vermutet, dass „die nächste Intifada“, die sich zunächst | |
gegen die eigene Führung richten werde, unmittelbar bevorstehe. | |
Die Familien der Entführten hofften bis zum Schluss auf ein gutes Ende. Die | |
drei Teenager, die in der Siedlung Kfar Etzion ein Internat besuchten, | |
waren per Anhalter auf dem Weg nach Hause, als sie in die Hände ihrer | |
Mörder fielen. Einem der Jungen gelang es noch, die Polizei zu | |
benachrichtigen. Trotzdem vergingen über fünf Stunden, bevor die Suche nach | |
den Vermissten begann, und auch das erst, nachdem sich die Eltern eines der | |
Jungen bei der Polizei meldeten. | |
Die Soldaten gingen auf die Suche. Die Hoffnung war, dass die Geiselnehmer | |
versuchen würden, die drei am Leben zu halten, um sie gegen | |
palästinensische Häftlinge austauschen zu können. Vor drei Jahren gelang es | |
der Hamas, über Eintausend ihrer Aktivisten im Gegenzug für den entführten | |
israelischen Soldaten Gilad Schalit freizupressen. | |
## Abbas unter Druck | |
Rachel Frenkel, Mutter des entführten Naftali, wandte sich letzte Woche | |
gemeinsam mit den anderen Müttern in einem bewegenden Appel an die | |
Vereinten Nationen. Noch am Sonntagabend kamen Tausende Israelis zum | |
gemeinsamen Gebet auf den Tel Aviver Rabin-Platz zusammen, um ihre | |
Solidarität mit den Familien der Entführten zu demonstrieren. | |
Dennoch teilte die Entführung die Bevölkerung in die Gruppe der | |
bedingungslos solidarischen Israelis und die Gruppe, die die Familien dafür | |
kritisierten, dass sie ihre Kinder zum Unterricht in das besetzte | |
Westjordanland schicken und damit unnötigen Gefahren aussetzen. Die | |
Entführung führte zu einer Zuspitzung der politischen Unterschiede im Land. | |
Noch tiefgreifender dürften die Folgen auf palästinensischer Seite sein. | |
Abbas wird unter israelischem und internationalem Druck gezwungen sein, das | |
Bündnis mit der Hamas zu überdenken. Die Popularität des moderaten | |
Palästinenserführers sinkt im eigenen Volk, das es leid ist, die Schikanen | |
der Besatzungsmacht nicht nur stillschweigend auszuhalten, sondern durch | |
die Sicherheitskooperation letztendlich mit zu ermöglichen. Jüngste | |
Umfragen im Westjordanland zeigen, dass nur noch eine Minderheit die | |
Zweistaatenlösung mit Israel befürwortet. Die Gruppe derer, die für den | |
Kampf um das gesamte Land vom Mittelmeer bis zum Jordan eintreten, wird | |
größer. | |
Im Gazastreifen macht sich unterdessen zunehmend die Sorge vor einer | |
erneuten Großoffensive der israelischen Armee breit. Zum ersten Mal | |
feuerten am Sonntag Hamas-Aktivisten Raketen auf Israel ab. Die israelische | |
Luftwaffe flog am frühen Dienstag Vergeltungsangriffe auf Ziele im | |
Gazastreifen. Ein Militärsprecher erklärte, insgesamt seien 34 Ziele in dem | |
von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Region beschossen worden. | |
Die Angriffe seien eine Antwort auf den Abschuss von insgesamt 18 Raketen | |
seit Sonntag. (mit Material von ap/dpa) | |
1 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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