# taz.de -- Der sonntaz-Streit: Ist Gott zu laut? | |
> Ein Mann will, dass der Ruf des Muezzin überall erklingen kann. Aber | |
> lärmen all die Kirchenglocken hierzulande nicht schon laut genug? | |
Bild: Wenn der Krach machen darf, warum dann nicht der Muezzin? | |
Man kann die eigenen Augen schließen, seine Ohren jedoch nicht. Dass das | |
Gehör eines der wichtigsten Sinnesorgane ist, hat evolutionäre Ursachen: | |
Die Erkennung von Gefahr. Heute prägen jedoch keine wilden Tiere, sondern | |
Alltagsklänge unsere Umwelt. Ob das sonore Rasenmäher-Dröhnen des Nachbarn | |
oder das sonntägliche Glockenläuten der Kirchen, überall Dauerbeschallung. | |
Doch was für den einen beruhigend ist, wirkt auf andere womöglich | |
nervtötend. | |
Gerade Religionsgeräusche sind seit jeher umstritten, auch und gerade die | |
Deutschland allgegenwärtigen Kirchenglocken. Alexander Neß aus Hamburg | |
möchte das ändern. [1][In einer Onlinepetition] fordert er, der Gebetsruf | |
des Muezzin solle in Zukunft in allen Gemeinden zur Pflicht werden. | |
Der zum Islam konvertierte Hamburger ist überzeugt: Der an die fünf | |
täglichen Gebete erinnernde Ruf sei der beste Weg zu einer gelungenen | |
kulturellen Integration. Immerhin gebe es auch in islamisch geprägten | |
Ländern Kirchen, die mit Glockenläuten zur Messe rufen. Die Petition haben | |
zum Ablauf der Frist 11.570 Menschen aus der ganzen Republik | |
unterschrieben. Zu wenig, als dass sich der Petitionsausschuss des | |
Bundestages damit befassen müsste. Doch Neß sieht sich nicht als | |
gescheitert, er versteht seine Unterstützer als Boten einer zunehmenden | |
Tolerierung des islamischen Glaubens. | |
Dass die Liebe für laute Glaubensentäußerungen nicht unbedingt auf | |
Gegenliebe stößt, zeigen immer wieder Konflikte aus der Provinz. Im | |
schleswig-holsteinischen Rendsburg erklingt der Muezzinruf mit einer | |
Lautstärke von 65 Dezibel. Dreimal täglich, morgens, mittags, abends. 70 | |
Dezibel hat der Motor eines Motorrads, mit 80 Dezibel rauschen Züge vorbei. | |
In St. Gallen geht es ebenfalls laut zu. Wenn Anwohner ihr Fenster | |
aufmachen, schallen ihnen 65 Dezibel entgegen. Die kommen nicht vom | |
Muezzin, sondern von Glocken. Stündlich achtmal. Ursprünglich sollte der | |
Glockenschlag die Mönche zum Gebet rufen. Doch Mönche gibt es in der | |
Kathedrale in St. Gallen schon lange nicht mehr. | |
Es geht übrigens auch sozial verträglicher. Der im Buddhistischen Haus in | |
Berlin-Frohnau lebende Mönch Bhante Samtharakkhitha benötigt für seine | |
Meditation ausschließlich Stille. Nur so könne sich der 32-Jährige richtig | |
auf seinen Körper konzentrieren, den eigenen Atem kontrollieren und die | |
Umwelt ausblenden. So lässt sich zwar nicht das Gehör, wohl aber der Geist | |
verschließen. | |
Die Frage, ob Gott heute in einem weitgehend säkularisierten Land zu laut | |
ist, beschäftigt viele und die taz.am wochenende in [2][ihrer aktuellen | |
Ausgabe.] Was meinen Sie? Macht Glaube zu laute Geräusche? Wie | |
ohrenbetäubend darf Religion sein? Schreiben Sie uns hier oder [3][auf | |
Facebook.] | |
5 Jul 2014 | |
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[1] http://www.islamkonvertierung.de/ | |
[2] /Ausgabe-vom-5/6-Juli-2014/!141631/ | |
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## AUTOREN | |
Philipp Rhensius | |
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