# taz.de -- Flugzeugabschuss in der Ukraine: Kiew wirft Rebellen Manipulation v… | |
> Ukrainische Separatisten vernichteten Beweismaterial, behauptet die | |
> Regierung. Die Union schlägt indes einen Einsatz von Blauhelmen in der | |
> Region vor. | |
Bild: Wer steckt hinter dem Abschuss der Boeing? | |
WASHINGTON/MOSKAU dpa/reuters | Prorussische Separatisten versuchen nach | |
Angaben der ukrainischen Regierung, die Absturzstelle der malaysischen | |
Passagiermaschine zu manipulieren. Die Rebellen wollten mit Hilfe Russlands | |
Beweise für „internationale Verbrechen“ vernichten, erklärte die Regierung | |
in Kiew am Samstag. So hätten die Rebellen etwa 38 Leichen nach Donezk | |
geschafft, offenbar um selbst Autopsien vorzunehmen. | |
Das Flugzeug war am Donnerstag mutmaßlich abgeschossen worden. Alle 298 | |
Insassen kamen ums Leben. Die genauen Hintergründe sind unklar. | |
Internationale Experten sollen die Absturzstelle unweit der | |
ukrainisch-russischen Grenze unabhängig untersuchen. Dazu soll eine 20 | |
Quadratkilometer große Sicherheitszone eingerichtet werden, doch Gespräche | |
darüber haben nach Angaben der Rebellen bislang keine Einigung gebracht. | |
„Es gibt keine Sicherheitszone“, sagte Sergej Kawtaradse, ein hochrangiger | |
Vertreter der prorussischen Separatisten in Donezk. „Das ist ein Gebiet in | |
der Nähe der Front. Dort gibt es militärische Aktivität.“ | |
In der ostukrainischen Rebellenhochburg Luhansk tobten derweil nach Angaben | |
von Anwohnern heftige Kämpfe. Prorussische Separatisten schossen demnach im | |
südöstlichen Teil der Stadt am Samstag im Minutentakt wild um sich. Am | |
Freitag hatte Verteidigungsminister Waleri Heletej erklärt, die Armee habe | |
in diesen Vierteln die Kontrolle übernommen. Die Regierung in Kiew hat ihre | |
Militäroffensive gegen die Rebellen in den vergangenen Wochen verschärft. | |
US-Präsident Barack Obama hat nach dem mutmaßlichen Abschuss mit | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert. Obama sprach am Freitag | |
auch mit dem britischen Premierminister David Cameron, Polens | |
Premierminister Donald Tusk und Australiens Premierminister Tony Abbott, | |
teilte das Weiße Haus mit. | |
Alle fünf Politiker sprachen sich in den Telefonaten demnach für eine | |
schnelle internationale Untersuchung aus, um die Hintergründe des Absturzes | |
der malaysischen Maschine mit 298 Toten zu klären. Mit Merkel sprach Obama | |
auch über die neuen Sanktionen der USA und der EU gegen Russland. | |
US-Vizepräsident Joe Biden und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko | |
verlangten ebenfalls eine schnelle internationale Untersuchung mit | |
ungehindertem Zugang zur Absturzstelle, wie das Weiße Haus am Freitag | |
mitteilte. Beide Politiker hätten übereingestimmt, dass Russland als die | |
Seite, die für die Bewaffnung der Separatisten verantwortlich sei, die | |
Aufständischen öffentlich aufrufen müsse, ihre Waffen niederzulegen und | |
internationalen und ukrainischen Experten sofortigen Zugang zu gewähren. | |
Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens, Frank-Walter | |
Steinmeier, Laurent Fabius und Radoslaw Sikorski, riefen zu einer | |
gründlichen Untersuchung der Ursache und Umstände des Flugzeugabsturzes | |
auf. | |
Die internationalen Beobachter durften sich auf Geheiß der prorussischen | |
Separatisten, die in der Gegend das Sagen haben, nicht gänzlich frei an der | |
Absturzstelle bewegen. Am Samstag wollen sie erneut versuchen, das | |
Trümmerfeld zu inspizieren. Nach US-Erkenntnissen ist es sehr | |
wahrscheinlich, dass moskautreue Kräfte die Maschine abgeschossen haben. | |
## Gepäck säuberlich aufgereiht | |
Eine Sprecherin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in | |
Europa (OSZE) sagte, die Beobachter seien am Freitag zwar nahe an die | |
Absturzstelle herangekommen und hätten auch Wrackteile gesehen. Frei | |
bewegen können hätten sie sich aber nicht. Bewaffnete hielten sie demnach | |
auf, ein den Beobachtern angekündigter Anführer sei nicht erschienen. Der | |
OSZE-Forderung, nichts an der Absturzstelle zu verändern, wurde der | |
Sprecherin zufolge nicht gänzlich nachgekommen. Gepäckstücke seien fein | |
säuberlich aufgereiht worden. | |
Die Boeing 777-200 kann nach Ansicht von US-Experten nur von einer hoch | |
komplexen Waffe getroffen worden sein. Wie die Zeitung Wall Street Journal | |
schrieb, reichten tragbare Raketen, die von der Schulter abgefeuert werden, | |
nicht aus, ein Verkehrsflugzeug in 10.000 Metern Höhe zu treffen. | |
Das in den 1980er-Jahren entwickelte Lenkwaffen-System „Buk“ (Buche) kann | |
Ziele in Höhen bis zu 25.000 Metern treffen. In Medienberichten hieß es, | |
die Separatisten seien im Besitz der Waffe. Die prowestliche Führung der | |
Ukraine wies dies zurück. Aus Sicht Kiews führt die Spur deshalb nach | |
Russland. Aus Moskau kam umgehend das Dementi. Russland habe weder das | |
Flugabwehrsystem noch sonstiges Kriegsgerät in das Nachbarland geschafft, | |
sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. | |
Deutschland beteiligt sich an einem Einsatz zur Bergung und Identifizierung | |
der Opfer. Das Bundeskriminalamt wird dazu zunächst zwei Experten | |
entsenden. Auch die internationale Polizeiorganisation Interpol schickt | |
nach eigenen Angaben ein Spezialteam. | |
## Union schlägt Blauhelm-Einsatz vor | |
Unterdessen hat die Union einen UN-Blauhelmeinsatz für die Region | |
vorgeschlagen. „Wir brauchen jetzt schnellstmöglich einen international | |
überwachten Waffenstillstand“, sagte Unionsfraktionsvize Andreas | |
Schockenhoff der Rheinischen Post. „Wir sind jetzt in einer Phase, in der | |
wir über einen Blauhelmeinsatz unter dem Dach der Vereinten Nationen mit | |
einem entsprechenden Mandat nachdenken müssen.“ Eine Beteiligung der | |
Bundeswehr in der Ukraine schloss der CDU-Außenexperte nicht aus. „Wenn | |
eine solche Mission zustande kommen sollte, würde auch Deutschland gefragt | |
sein“, sagte er. | |
Ein Blauhelmeinsatz setze eine einstimmige Resolution des | |
UN-Sicherheitsrates hervor, ergänzte Schockenhoff in der Passauer Neuen | |
Presse. Dabei dürfe nicht mit Veto-Drohungen auf Zeit gespielt werden. Zu | |
den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates gehört auch Russland. | |
Dieser Artikel wurde aktualisiert um 12.13 Uhr. | |
19 Jul 2014 | |
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