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# taz.de -- Bremer Schaffermahl-Traditionen: Kapitäne machen Kehrtwende - Lob …
> Zum Schaffermahl dürfen nach über 400 Jahren nun auch weibliche
> Führungspersönlichkeiten eingeladen werden – nach jahrelangem Streit um
> die Frauenfrage.
Bild: Frauen nur draußen: Gäste des diesjährigen Stiftungsfestes der "Bremer…
BREMEN taz | „Kein Wunder also, dass die alten Kapitäne des Hauses Seefahrt
etwas grantig werden, wenn man sie darauf anspricht, dass Frauen bei der
Schaffermahlzeit nicht dabei sind“: So steht es auf der Internetseite des
Bremer Schaffermahls. „Die Kapitäne verstehen die Frage gar nicht. ’Nicht
dabei?‘ fragen sie. ,Die sind doch dabei – nur eben nicht bei der Mahlzeit,
sondern nebenan, wo sie in aller Ruhe klönen können.‘“ Und der „Damenre…
gehalten von einem der Herren, dürfen sie ja auch zuhören, per
Video-Übertragung.
Im Internet ist auch zu lesen, mit welchen offenbar selbst gedichteten
Zeilen die „alten Kapitäne“ ihr Frauenbild besingen: „Und was die Sonne …
Erde ist,/ Das ist uns, wenn uns das Weibchen küsst,/ Drum ehrt die Frauen
im deutschen Haus,/ Die uns zur Freude blüh’n.“ Das alles ist immer noch
abzurufen, dabei haben die „Kapitäne“ des Hauses Seefahrt, das die Bremer
Schaffermahlzeit ausrichtet, mitgeteilt, dass sie Frauen in Zukunft als
gleichberechtigt anerkennen wollen – wenn sie „Führungspersönlichkeiten“
sind. Kein Wort auf dieser Internetseite von der brisanten Erklärung, die
nach dem langen Streit um den Ausschluss der Frauen von dem Bremer
Traditionsmahl dann doch überrascht hat. Offensichtlich ist es für „alte
Kapitäne“ nicht leicht, eine Internetseite zu aktualisieren.
## Immerhin – die Kanzlerin
Das Schaffermahl ist längst nicht mehr das Abschiedsessen, das Kaufleute
und Reeder vor 400 Jahren für ihre Kapitäne gaben, sondern ein Stelldichein
von Unternehmern und Politikern – nur eben ohne Frauen.
„Die Stiftung Haus Seefahrt hat beschlossen, für die 471. Schaffermahlzeit
2015 die Teilnahme von weiblichen Persönlichkeiten aus Wirtschaft,
Verwaltung und Politik zu unterstützen“, heißt es in der Pressemitteilung
vom 14. Juli. „Der Beschluss sieht vor, verstärkt weibliche
Führungspersönlichkeiten als Gäste einzuladen.“ Warum? Warum jetzt? Auf
diese nicht gestellte Frage kommt der Hinweis, dass das ja fast immer schon
so war: „Bereits im Jahr 2007 hat mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel ein
weiblicher Gast an der Schaffermahlzeit teilgenommen. Aus dem Kreis der
seemännischen Mitglieder nehmen bereits seit längerem weibliche Kapitäne
teil.“ Das einzige Problem, was das Haus Seefahrt hat, ist die
Kleiderordnung: Was solle die Frauen tragen, wenn die Männer in
Kapitäns-Uniform oder Frack kommen? „Schwarzes Abendkleid oder einen
schwarzen Abendanzug“ verordnete das Haus Seefahrt.
Das war nicht immer so einfach. Immerhin war 2007 „mit der Bundeskanzlerin
Angela Merkel ein weiblicher Gast“ dabei, heißt es in einer
Pressemitteilung von Mitte Juli. Zudem nähmen „seit längerem weibliche
Kapitäne teil“. Als Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) im Jahr 2011
weibliche Führungspersönlichkeiten einladen wollte, winkte das Haus
Seefahrt noch ab. „Wir vertun eine große Chance“, erklärte Böhrnsen spä…
in der Bürgerschaft. Um bewahrt zu werden, philosophierte er, müssten sich
Traditionen verändern, „sonst fallen sie aus der Zeit“. Einhellig
appellierte das Parlament, man möge das Festmahl öffnen.
2013 bildeten Frauen ein Spalier zwischen dem Haus Schütting der
Handelskammer und dem Rathaus – diese 200 Meter stolzieren alljährlich die
Schaffer über den Marktplatz. Zum 470. Schaffermahl im Februar 2014 aber
änderte sich trotzdem nichts. Das Haus Seefahrt mache sich „lächerlich“,
erklärte Bremens Gleichstellungsbeauftragte Ulrike Hauffe im Februar.
Dann, im Juli, die überraschende Kehrtwende – für Hauffe ein großer Erfolg
: „Auch wenn es wahrscheinlich nicht nur der Glaube an Gleichberechtigung,
sondern vor allem wirtschaftliche Gründe waren“, begrüßte Hauffe den
Beschluss als Signal: „Auch in Kreisen von Macht und Geld sind Frauen nicht
mehr wegzudenken.“
Über das andere Bremer Traditionsmahl, das „Eiswett-Essen“, war immer
mitdiskutiert worden. Das Präsidium der Eiswette tagt im Herbst – ob dann
auch die leidige Frauenfrage beraten wird, teilte der Präsident der
Eiswette, Patrick Wendisch, auf Nachfrage mit. Mehr könne er nicht sagen.
Es gibt keine Satzung bei der Eiswette, keine Tagesordnung.
23 Jul 2014
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
Tradition
Männer
Schaffermahl
Handelskammer
Tradition
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