# taz.de -- Prozess-Verschleppung: Der Richter soll schuld sein | |
> Der Rechtsausschuss der Bürgerschaft hat sich in einer Sondersitzung mit | |
> der schleppenden Aufklärung des 14 Jahre zurückliegenden „Bunkermordes“ | |
> beschäftigt. | |
Bild: Vor dem U-Boot-Bunker in Farge wurden 1999 Ayse Dizim (24) und Serif Alps… | |
Ein einziger überlasteter Richter: Laut Karin Goldmann, Präsidentin des | |
Landgerichts Bremen, war das der Hauptgrund dafür, warum vier mutmaßliche | |
Tathelfer beim „Bunkermord“ bis heute nicht vor Gericht mussten – 14 Jahre | |
nach der Tat. Die Linksfraktion hatte eine Sondersitzung des | |
Rechtsausschusses beantragt, nachdem durch [1][Recherchen von „Buten un | |
Binnen“] bekannt geworden war, dass die Entscheidung über die Eröffnung des | |
Hauptverfahrens noch immer aussteht. | |
Den Namen „Bunkermord“ erhielt die Tat, weil sie sich am Bunker Valentin in | |
Farge zugetragen hat: 1999 wurde dort das kurdischstämmige Ehepaar Ayse | |
Dizim und Serif Alpsozman umgebracht. Beide waren AktivistInnen der | |
verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Alpsozman war nach einer | |
Verletzung, die ihm eine Artilleriegranate in der Türkei zugefügt hatte, | |
querschnittsgelähmt. Er lebte in Bremen bei Familie Dizim, die ihn jedoch | |
nicht als potenziellen Ehemann von Ayse akzeptieren wollte. Trotzdem | |
verlobte sich das Paar im Frühjahr 1999 und heiratete kurz darauf. | |
Funktionäre der PKK verlangten aus Gründen der „Parteidisziplin“ die | |
Trennung des Paares. Weil es sich weigerte und zusammen blieb, | |
verschleppten es PKK-Mitglieder in der Nacht zum 24. August zum Bunker | |
Valentin. Dizim wurde dort im Schlick am Weserstrand erstickt, Alpsozman | |
mehrfach von einem Auto überfahren und dann mit einem Schraubenschlüssel | |
erschlagen. | |
Die Täter wurden 2001 vor dem Landgericht Bremen zu 13 und 15 Jahren Haft | |
wegen Totschlags verurteilt. Da das Schwurgericht die Tat nicht als Mord | |
wertete, wurde das Urteil vom Bundesgerichtshof aufgehoben, aber auch das | |
zweite Urteil lautete Totschlag und wurde 2003 rechtskräftig. | |
Das Verfahren gegen vier Tathelfer, die maßgeblich an der Vorbereitung und | |
am nachträglichen Vertuschungsversuch der Tat beteiligt gewesen sein | |
sollen, sollte erst nach dem Prozess gegen die Hauptangeklagten eröffnet | |
werden: „Wir gehen also gutmütig davon aus, dass die Anklageschrift erst | |
seit elf Jahren unbearbeitet ist“, sagte Peter Erlanson, Abgeordneter der | |
Linksfraktion. Aber auch durch eine Verzögerung von „nur“ elf Jahren könne | |
das Rechtsempfinden der Bürger beschädigt werden. Außerdem seien | |
Tatbestände wie Nötigung oder Freiheitsberaubung inzwischen verjährt. „Ein | |
Skandal“ sei das, sagte auch Maike Schaefer (Die Grünen): „Wenn jetzt die | |
mutmaßlichen Tathelfer womöglich nicht mehr verurteilt werden können, dann | |
ist das eine schreiende Ungerechtigkeit. Die hohe Arbeitsbelastung des | |
zuständigen Gerichtes kann keine Ausrede für Untätigkeit sein.“ Im Übrigen | |
bedauere sie, dass statt des Justizsenators nur Staatsrat Matthias Stauch | |
(SPD) an der Sondersitzung teilnehme. | |
Genau diese Begründung nannte aber Landgerichts-Präsidentin Karin Goldmann: | |
Nur ein einziger Richter habe als ehemaliger Beisitzer der Hauptverhandlung | |
über gründliche Kenntnisse des Falles verfügt. Regelmäßig habe er „Lück… | |
für die Bearbeitung des Falles eingeplant, die sich aber immer wieder durch | |
neu eingehende Haftsachen verschlossen haben“. Er habe „die beste Absicht | |
gehabt, diese Sache selbst zu erledigen und wollte das Präsidium nicht um | |
Entlastung bitten“. Das bereue er heute. Aber: Auch sie selbst bedauere, | |
den Richter nicht entlastet zu haben. Nun habe er für diesen Sommer die | |
Bearbeitung des Falles geplant, „und das Präsidium wird neue Fälle auf | |
andere Kammern verteilen“, so Goldmann. | |
Stauch erklärte, dass durch personelle Aufstockung seit 2008 die meisten | |
Altfälle vor Gericht abgearbeitet werden konnten und verwies auf eine | |
„Allgemeine Verfügung“ (AV), nach der mittlerweile alle Fälle, die älter | |
als drei Jahre sind, dem Präsidium und dann auch dem Justizressort gemeldet | |
werden müssen. „Nicht die AV hat diesen Fall ins Rollen gebracht, sondern | |
Buten un Binnen“, sagte dazu Peter Erlanson. | |
6 Aug 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.radiobremen.de/politik/themen/beihilfe-bunkermord100.html | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
## TAGS | |
PKK | |
Rechtsausschuss | |
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